Kommentar
11:48 Uhr, 07.09.2015

Columbia Threadneedle nutzt Marktkorrektur zum Aufbau von Positionen

  • Angesichts der Turbulenzen an den Märkten stellt sich die Frage, was sich wirklich geändert hat - und damit, ob die Marktrückgänge geduldigen, langfristig orientierten Anlegern Chancen bieten oder eine Bedrohung für sie darstellen.
  • Unserer Meinung nach gibt es drei mittelschwere Herausforderungen, denen sich die Märkte schon seit längerer Zeit stellen müssen. Diese überschneiden sich mit der Abwertung der chinesischen Währung und wurden mit ihr in den Mittelpunkt gerückt.
  • Diese Herausforderungen stehen im Zusammenhang mit den Entwicklungen an den Rohstoffmärkten, der wirtschaftlichen Gesundheit der USA und den fortwährenden Bemühungen, die Wirtschaft Chinas wieder ins Gleichgewicht zu bringen, weg von seiner Abhängigkeit von Exporten sowie von Sachanlageinvestitionen.
  • Wir sind der Auffassung, dass die Marktkorrektur Anlegern einen besseren Einstiegspunkt für den Aufbau von Positionen in attraktiven, langfristigen Vermögenswerten bietet.

Der Markt verarbeitet noch immer die massive Zunahme des Energieangebots im Laufe der letzten 18 Monate. Die US-amerikanischen Ölschieferproduzenten überraschten den Markt immer wieder mit der zusätzlichen Angebotsmenge, die sie dem Markt zuführten. Und da die OPEC-Länder ihren im letzten Herbst geäußerten Wunsch, die Ölpreise hoch halten zu wollen, auf Eis legten, nahm auch hier die Produktion zu, was zu einem gewissen Überangebot führte. Dieses Überangebot übte einen Abwärtsdruck auf die Ölpreise aus. Die Bank of England und die New Yorker Fed glauben beide, dass der beobachtete Rückgang der Ölpreise überwiegend auf diesen positiven Angebotsschock zurückzuführen ist. Für US-Verbraucher war dies eine sehr erfreuliche Nachricht und für die ölimportierenden Wirtschaftsräume Europa und Japan wirklich eine große Stütze. Jedoch setzte dies auch die Konjunktur der rohstoffexportierenden Schwellenländer und deren Währungen sowie inländische Energieproduzenten unter Druck.

Inländische Energieproduzenten sind relativ kleine Arbeitgeber, die jedoch nicht unerhebliche Investitionsausgaben generieren. Die US-Konjunktur erhielt durch die Ölkrise zwar nur einen leichten Dämpfer, aber ein Großteil dieser Investitionsausgaben wurde über die US-amerikanischen Märkte für Hochzinsanleihen finanziert, sodass Energiewerte nun sogar ca. 15 % dieses Marktes ausmachen. Die Kombination aus finanzieller Schieflage und einem Ölpreis, der von USD 100 auf rund USD 40 sank, veranlassten uns dazu, unsere Prognose für die Ausfallquote für 2016 auf ca. 4,5 % anzuheben, da Energieanleihen massiv an Wert verloren haben und sich die Schwäche der Anleihekurse auf andere Bereiche des US-amerikanischen Marktes für Hochzinsanleihen ausbreitet. Auch in einigen Schwellenländern war eine vergleichbare wirtschaftliche Notlage zu spüren, die sich darüber hinaus zunehmend an den zugehörigen Kapitalmärkten bemerkbar macht. Trotz der positiven Konjunkturnachrichten aufgrund niedrigerer Energiepreise, steigen somit die den Anlegern gebotenen Risikoprämien an einer Vielzahl der weltweiten Aktienmärkte, während die Rentenmärkte zulegen. All dies lässt Aktien nur geringfügig günstiger erscheinen als sie es im Vergleich zu anderen Anlagen waren. Die Grafiken 1 und 2 zeigen die prognostizierte Gewinnrendite (der Kehrwert des KGV) jeweils für den MSCI ACWI und den S&P 500 Index.

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Zweitens stellen wir bei der Prüfung der Konjunkturdaten fest, dass es der US-Wirtschaft gut geht. Vor dem Hintergrund eines stabilen BIP-Zuwachses von +3,7 % im 2. Quartal wird das Jahr 2015 in einen Kontext gerückt, der durch starke, zukunftsweisende Stimmungsumfragen gekennzeichnet ist. Die Konjunkturflaute lässt weiter nach, und daher macht es für die US-Notenbank wirklich Sinn, die Zinsen zu erhöhen. Die Tatsache, dass bei US-Staatspapieren keine Rede von Laufzeitprämien ist, bedeutet für den Rentenmarkt keine besonders gute Nachricht. Und da die übrige Welt im Vergleich zu den USA nicht so gut dasteht, beobachteten wir zudem eine erhebliche Stärkung des Dollar im letzten Jahr.

Drittens flaut die chinesische Wirtschaft weiter ab und versucht wieder ins Gleichgewicht zu kommen, weg von ihrer Abhängigkeit von Schwerindustrie und Anlageinvestitionen. Dies übte einen zusätzlichen Druck auf die Rohstoffpreise aus - neben dem positiven Angebotsschock, der bereits für einen Abwärtsdruck gesorgt hatte. Chinas regulierte Währung war grundsätzlich an den Dollar gekoppelt. Angesichts der oben erwähnten Stärke des Dollar fand sich China im Laufe der letzten Quartale am falschen Ende einer massiven Währungsaufwertung wieder, wodurch das Land einen zusätzlichen Gegenwind bekam. Infolge eines Kurseinbruchs am chinesischen Aktienmarkt nahm die chinesische Führung eine leichte Abwertung vor, die unserer Auffassung nach als unmittelbarer Marktkatalysator diente.

Die Chinesen haben seit vielen Jahren in ihrer Währungspolitik einen schrittweisen Ansatz verfolgt. Die Abwertung betrug nur 3 %. Zum Vergleich: Der Euro hat sich im letzten Jahr innerhalb einer Bandbreite von 25 % zum US-Dollar entwickelt. Die eigentliche Änderung stellt nicht die Abwertung per se dar, sondern vielmehr die Bereitschaft, die Währung als Instrument einzusetzen. Im Unterschied zu den meisten Schwellenländern, denen die Schwäche ihrer Währung zu einer Verbesserung ihrer Wettbewerbsposition verholfen hat, bewegt sich Chinas realer effektiver Wechselkurs seit den letzten dreißig Jahren noch immer am oberen Ende seiner Bandbreite, und dies zu einem Zeitpunkt, an dem das Wirtschaftswachstum einen Gegenwind erfährt (Grafik 3). Die Währung war bisher nicht als Politikinstrument eingesetzt worden. Doch das Kalkül scheint sich geändert zu haben, was auf eine Kombination folgender Faktoren zurückzuführen ist: a) eine überdurchschnittlich wachsende US-Wirtschaft und geldpolitische Entscheidungsträger in den USA, die eine Zinserhöhung beabsichtigen, wodurch der US-Dollar, an den der Renminbi gekoppelt ist, gestärkt wurde; b) ein schwächeres globales Wachstum im Zusammenhang mit der Malaise der Schwellenländer, die durch den massiven, positiven Angebotsschock an den Rohstoffmärkten ausgelöst wurde; und c) das Bestreben und der damit verbundene gewundene Pfad in Richtung eines qualitativ hochwertigeren Wirtschaftswachstums, was gepaart mit einem Absturz des heimischen Aktienmarkts die chinesische Konjunktur zusätzlich bremst.

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An den Märkten bestand die Befürchtung, dass deflationäre Kräfte nicht nur auf die Preise, sondern auch auf die Gewinne in der ganzen Welt übergreifen könnten, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem die gute relative Bewertung von Aktien durch die Entwicklungen an den ausländischen Aktienmärkten, an den Rentenmärkten im Inland und Ausland sowie an den Rohstoffmärkten herabgesetzt wurde.

Bisher haben wir eine Korrektur an den Aktienmärkten beobachtet, und es waren erste Anzeichen einer Stabilisierung zu erkennen. Wir sind nicht in Panik verfallen und haben stattdessen die Chance der Marktkorrektur genutzt, um weitere Positionen in attraktiven Einzeltiteln aufzubauen. Wir reduzierten unser Engagement in Werten, die sich im Chaos erholten und ihr Bewertungspotenzial voll ausgeschöpft haben. Darüber hinaus bauten wir unsere Positionen in begünstigten Märkten aus, wie z.B. in Japan und in binnenwirtschaftlich orientierten, europäischen Aktien, bei denen die Erträge nicht bedroht zu sein scheinen, die Bewertungen sich jedoch bedeutend verbessert haben.

Wir haben unsere Sicht auf die US-Zentralbank nicht geändert; ungeachtet einer gewissen Schwäche im Energiesektor sieht es für die Realwirtschaft gut aus und wir rufen uns ins Gedächtnis, dass Janet Yellen und die Federal Reserve „Cheerleader“ der Wirtschaft sind und nicht des Aktienmarktes. Wir halten vorsichtig nach Anzeichen für eine Stabilisierung in drei Bereichen Ausschau, die im Zentrum des internationalen Finanzmarktgeschehens stehen: Rohstoffmärkte, Märkte für Unternehmensanleihen und die chinesische Währung. Nach dem Signal, dass eine Abwertung eine politische Option darstellt, bleibt die Währung jedoch noch sehr hoch bewertet. Demnach erwarten wir eher Kapitalflüsse aus China als Kapitalzuflüsse, sowohl von Seiten der in China ansässigen als auch von ausländischen Unternehmen, und mit diesen Kapitalflüssen zusammenhängende Verkäufe von Staatsanleihen durch die chinesische Notenbank. Die Chance auf eine umfassende Markterholung hängt unserer Meinung nach wesentlich von den Aussichten an diesen Märkten ab.

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