Kommentar
08:30 Uhr, 02.05.2012

CO2: Renditestarker „Rohstoff“ der Zukunft?

Jeder mittel- bis langfristig orientierte Anleger steckt momentan in einer Krise. Die Liquiditätsschwemme und der damit einhergehende Anlagenotstand hat viele Assetklassen auf ein Niveau gehoben, bei dem es guten Gewissens nicht mehr möglich ist ein langfristiges Investment zu tätigen. Trotz der Rallyes an den Aktien- und Anleihemärkten ist die Stimmung angespannt. Wohin also mit dem Geld? CO2 könnte hier die Antwort sein.

Um die Perspektiven von CO2 Emissionsrechten abschätzen zu können, muss man den Emissionshandel etwas beleuchten. Die Grundidee ist eigentlich denkbar einfach, die Umsetzung aber etwas kompliziert (klassisch bürokratisch eben). Der Handel mit Emissionsrechten macht es möglich einer Tonne CO2 einen Preis zu geben, der sich aus Angebot und Nachfrage ergibt. Die Erwartung an den Handel war eine Reduktion der Emissionen über hohe CO2 Preise. Um den Markt nicht gleich ins kalte Wasser zu schmeißen wurden drei Phasen des Handels vereinbart. In der ersten Phase von 2005-2007 wurden 95 % der Zertifikate an Unternehmen verschenkt. 5 % der Rechte konnten versteigert werden. Das ging schief. Im ersten Jahr des Handels wurde das Treibhausgas zwar um 50 % teurer und stieg von 20 auf knapp 30 Euro, brach darauf allerdings in kurzer Zeit um über 60 % ein. Der Grund dafür war eine Fehleinschätzung des Bedarfs an Zertifikaten. Die Politik konnte 2,15 Milliarden Tonnen pro Jahr allokieren. Gebraucht wurden in den drei Jahren der ersten Phase jedoch nur zwischen 2 und 2,05 Milliarden Tonnen. Im letzen Jahr der ersten Phase sank der Preis der Zertifikate auf beinahe 0, da die Rechte nicht in die zweite Phase mitgenommen werden konnten. In den Jahren 2008 bis 2012 können jährlich 2,08 Milliarden Tonnen zugewiesen werden. In den vergangenen Jahren waren die Preisschwankungen nicht mehr so extrem wie noch 2005-2007. Insgesamt blieb CO2 allerdings volatil. Der Preis konnte zunächst um 5 Euro oder 40 % steigen. Seit 2011 sinkt der Preis wieder kontinuierlich, von 17 Euro auf ein Tief bei 6 Euro. Insgesamt wurden in dieser Phase „nur“ noch 90 % der Rechte verschenkt und 10 % versteigert.

Bis jetzt klingt CO2 zugegebenermaßen nicht gerade wie ein Goldinvestment. Das kann sich demnächst allerdings ändern. Dafür gibt es mehrere Gründe, die in der Regelung der dritten Phase liegen. Von 2013 bis 2020 wird die Menge an zu vergebenden Zertifikaten regelmäßig gesenkt. Begonnen wird mit einer Menge von 1,97 Milliarden Tonnen. Diese Menge sinkt jährlich bis zum Jahr 2020 auf 1,79 Milliarden Tonnen. Die erste Grafik stellt die Zuteilung von Rechten und den tatsächlichen Verbrauch gegenüber. In den vergangenen 6 Jahren überstieg der Verbrauch lediglich 2 Mal die Zuteilung. Wie ein Plädoyer für höhere CO2 Preise klingt das immer noch nicht. Die Besonderheit der dritten Phase liegt allerdings in der Ausweitung des Rechtehandels. Bis 2020 werden immer mehr Industrien miteinbezogen. Bisher wurden über den Emissionshandel lediglich 30 % des Gesamtausstoßes der EU erfasst. Vor allem die Aufnahme der Luftfahrtindustrie dürfte Dynamik in den Markt bringen. Zusätzlich werden die Regelungen für einzelne Industrien verschärft. Die Menge an CO2, die bei einem bestimmten Produktionsprozess ausgestoßen werden darf, wird zukünftig begrenzt. Ein Unternehmen kann sich also nicht mehr selbst subventionieren, indem Teile der Produktion besonders wenig und andere dafür viel CO2 ausstoßen. Ebenso wird der Rahmen der handelbaren Rechte auf Treibhausgase erweitert. Zukünftig werden also auch Gase wie Lachgas in den Handel integriert. Durch diese Neuerungen wird die Verbrauchsbasis also ausgeweitet, während die Menge an Rechten sinkt.

Damit ist eine gute Basis geschaffen, um die Preise zumindest stabil zu halten. Besonders interessant wird es ab 2013. Mit dem ersten Jahr der dritten Phase werden die frei zuteilbaren Rechte auf 80 % reduziert. Konnten bisher über 90 % der Rechte verschenkt werden, müssen Unternehmen in Zukunft zunehmend für die Rechte zahlen. Das ist eine große Neuerung, die den Markt ziemlich in Schwung bringen dürfte. Etwas vereinfacht gesagt lag der Preis der Emissionsrechte für Unternehmen in der Vergangenheit nahe 0. Hat ein Unternehmen weniger verbraucht, als es an Ausstoß zugebilligt bekommen hat, konnte es den Überschuss an Rechten über den Handel veräußern. Bedankt man, dass die Rechte fast kostenfrei zugeteilt wurden und der Verbrauch unter den zur Verfügung stehenden Zertifikaten lag, ist ein Preis von CO2 je Tonne von 7 Euro oder mehr durchaus bemerkenswert. Schon ein Ausgleich von Angebot und Nachfrage sollte den Preis deutlich in die Höhe treiben. Bis 2020 wird sich diese Situation verschärfen. In den nächsten 8 Jahren soll der Anteil an frei zuteilbaren Zertifikaten auf 30 % sinken. Der Rest wird versteigert. Steigt also der Beschaffungspreis der Rechte von derzeit nahe 0 auf einen deutlich höheres Niveau wird sich das auch in den frei handelbaren Zertifikaten widerspiegeln. Sobald die Rechte nicht mehr kostenlos sind ist davon auszugehen, dass Unternehmen versuchen werden realistische Annahmen bezüglich ihres Verbrauchs zu machen. Damit werden zukünftig dann weniger Zertifikate zur Verfügung stehen als heute. Momentan entstehen ja keine Kosten, wenn ein Unternehmen das Maximum von Zertifikaten für sich beansprucht. In Zukunft muss mehr und mehr kalkuliert werden, wie hoch der Jahresverbrauch tatsächlich sein wird. Das Angebot auf dem Markt sinkt dadurch zwangsläufig, weil knapper kalkuliert wird, um Kosten zu sparen. Unternehmen, die zu wenig Rechte haben, müssen sich darauf einstellen in Zukunft mehr an der Börse für fehlende Rechte zahlen zu müssen. Es ist also gut möglich, dass nicht nur das Angebot sinkt, sondern auch die Nachfrage steigt.

Einen letzten Aspekt, der für höhere Preise spricht, möchte ich noch anführen. Bisher wurden die kostenfreien Zertifikate nach dem historischen Verbrauch vergeben. In Zukunft ändert sich diese Politik. Es wird in der dritten Phase relevant, wie niedrig der Verbrauch sein könnte. Dabei geht es um das technologisch mögliche und zumutbare. Ein Kohlekraftwerk wird nicht mehr nach seinem historischen Ausstoß beurteilt sondern daran, was ein modernes Kraftwerk gleicher Größenordnung ausstoßen würde. Unternehmen werden sich dann ausrechnen, ob es teurer ist das Werk zu modernisieren oder Zertifikate zu kaufen. Solange die Rechte vergleichsweise billig sind, werden diese gekauft und nicht in eine teurere Umrüstung investiert. Das sollte die Nachfrage nach überschüssigen Zertifikaten ebenfalls stützen.

All diese Argumente helfen natürlich nicht, wenn der Verbrauch trotzdem weit unter dem Angebot liegt. Maßgeblich wird die wirtschaftliche Entwicklung das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bestimmen. Die zwei Jahre, in denen die Nachfrage das Angebot überstieg, boomte die Wirtschaft. In allen anderen Jahren wuchs sie entweder moderat oder befand sich in einer Rezession. Das zeigt auch der aktuelle Preisverlauf. Bis August 2011 konnte der Preis von CO2 auf 19 Euro ansteigen. Die Rezessionsängste haben den Preis bis auf 6 Euro abstürzen lassen. Anfang 2012 hat der Konjunkturoptimismus den Kurs um satte 60 % ansteigen lassen. Mit wieder aufkeimender Angst um das Wachstum in der Eurozone kollabierte der Kurs dann erneut. Bei 6 Euro konnte CO2 jetzt einen Doppelboden bilden, der als gute Unterstützung dient. Von dort aus ist es möglich, dass mit stabilen Wachstumsaussichten der Preis wieder steigt. Das Ziel liegt im kurz- bis mittelfristigen Bereich bei 10 Euro oder ca. 40 % Zugewinn.

Anleger können entweder mit Indexzertifikaten oder Knock-Out Produkten an dieser Entwicklung partizipieren. Die Commerzbank bieten z.B. das open-end Zertifikat DE000DR1WBM0 an. Die Beteiligung an der Kursentwicklung des Basiswerts erfolgt 1:1. Wer es etwas spekulativer mag, kann auch zu dem Zertifikat DE000CK6NKZ9 greifen. Dieses Produkt hat seinen KO derzeit bei 2,28 Euro des Basiswerts bei einem Hebel von 2,8. Wie Sie dem Preischart entnehmen können ist der Preis von CO2 sehr volatil. Für eine anständige Rendite ist also ein Hebel nicht unbedingt erforderlich. Das Szenario ist abhängig von stabilen oder positiven Wirtschaftsdaten. Bleiben diese aus, kann die Unterstützung bei 6 Euro gebrochen werden. Dann sind 5 Euro schnell erreichbar. Dort bietet sich dann mit dem Indexzertifikat ein antizyklischer langfristiger Einstieg an.

Viel Erfolg

Clemens Schmale

"Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten derzeit investiert."

ISIN Limit Buy Anlagehorizont Risiko Stop Loss Anlageklasse Take Profit
DE000DR1WBM0 6,25 3-6 Monate Spekulativ 5,3 Indexzerti Kurs >7,5 bzw. ab 18 %
DE000CK6NKZ9 1,8 3-6 Monate Hochspekulativ 1,2 Open End - KO Kurs>2,6 bzw. ab 40 %

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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