Kommentar
09:10 Uhr, 05.08.2021

Chinas Feldzug gegen börsennotierte Unternehmen: Kommt es noch schlimmer?

China zieht nicht nur gegen Big Tech ins Feld. Im Gegensatz zu anderen Sektoren stehen die Technologiekonzerne sogar noch gut da. Lässt das vermuten, dass es auch für Big Tech noch schlimmer kommt?

Erwähnte Instrumente

  • TAL Education Group Reg. Shares Cl.A(ADRs)/1/3o.N. - WKN: A1C7VE - ISIN: US8740801043 - Kurs: 5,700 $ (NYSE)

In China möchte man derzeit alles sein, nur kein Bildungsunternehmen. So mancher Aktienkurs verlor innerhalb eines Tages mehr als 50 %. So erging es etwa der TAL Education Group. Am 22. Juli stand der Kurs noch bei 20,52 Dollar. Am 23. Juli waren es nur noch 6 Dollar.

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Das war ein spektakulärer Verlust. Es täuscht jedoch darüber hinweg, dass der Sektor bereits seit längerem nicht mehr rund läuft. TAL Education erreichte im Februar 2020 einen Höchstkurs bei mehr als 90 Dollar. Selbst vor dem jüngsten Kurssturz hatte die Aktie über 70 % an Wert verloren.

An den Aussichten lag es nicht. TAL Education konnte seinen Umsatz im vergangenen Jahr auf über 4,5 Mrd. Dollar von 3,3 Mrd. steigern. Die Gewinne folgten dem Umsatz allerdings nicht mehr. TAL Education erwirtschaftete bis einschließlich 2018 hohe Gewinne. Seither werden Verluste geschrieben (Grafik 1).


Die Probleme waren zum Teil hausgemacht. Bildung, genauer gesagt Privat- und Nachhilfeunterricht, war ein lukratives Geschäft. Das Bildungssystem ist kompetitiv. Eltern geben für Nachhilfe so viel aus wie in kaum einem anderen Land. Im vergangenen Jahr sollen es insgesamt 120 Mrd. Dollar gewesen sein. Fast 1 % der Wirtschaftsleistung für Nachhilfe auszugeben, ist schon exzessiv…

Weil das Geschäft boomte, wurden immer mehr Unternehmen gegründet. Es wurde viel in Marketing investiert. Diese Ausgaben führten in den vergangenen Jahren zu Verlusten. Billiger wurde der Unterricht für Eltern deswegen nicht.

Die Politik greift deswegen ein. Lernen soll kein Luxus sein. Genau das ist es allerdings geworden. Die enormen Kosten für privaten Zusatzunterricht sind ein Grund, weshalb sich viele Eltern kein zweites Kind leisten können. Die Kosten sind nicht das einzige Problem, weshalb Familien wenige Kinder haben bzw. sich freiwillig noch immer an die Ein-Kind-Politik halten, doch sie sind ein Faktor.

Im Vergleich zum Gesamtkonsum sind die Kosten sehr viel schneller gestiegen (Grafik 2). Geschieht das ausnahmsweise in einem einzelnen Jahr, kann man darüber hinwegsehen. Nach einem Jahrzehnt ist es ein systemisches Problem.


Die Politik bekämpft das Problem, indem reguliert wird. Unternehmen des Sektors dürfen nicht mehr an die Börse. Sie dürfen auch nicht mehr gewinnorientiert sein. So soll Bildung und Lernen wieder zum öffentlichen Gut werden.

Dagegen ist wenig einzuwenden. Für die Aktionäre von TAL Education oder Gaotu Techedu ist das ein geringer Trost. Für Anleger, die sich für chinesische Unternehmen interessieren, ist es ein wichtiges Signal. China verfolgt derzeit mit der Regulierung zwei Ziele. Einerseits sollen Unternehmen nicht vom ausländischen (insbesondere USA) Kapitalmärkten abhängig sein. Daher geht China gegen Big Tech vor, die gerne in den USA an die Börse gehen.

Andererseits verfolgt China soziale Ziele. Das gilt für Bildung und kann in Zukunft auch für andere Bereiche gelten, z.B. Glücksspiel. Das ist übrigens kein rein chinesisches Problem, dass Aktien ein politisches Risiko haben. In den USA sollen private Gefängnisse abgeschafft werden. Die Aktien entsprechender Unternehmen haben 80 % verloren. Aktien von Unternehmen, die an staatliche Aufgaben teilhaben (wie Bildung, Gefängnisse) oder einen geringen bzw. negativen sozialen Nutzen haben (z.B. Glücksspiel), sind in jedem Land einem politischen Risiko ausgesetzt.

Dieses Risiko ist erheblich. Man muss aber nicht befürchten, dass es auch auf die großen Technologiekonzerne zutrifft. Hier stehen andere Interessen im Vordergrund. China will Technologieführerschaft und kann das ohne Big Tech nicht erreichen. Chinas Big Tech wird daher nicht in Grund und Boden reguliert.

Clemens Schmale


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  • P_44
    P_44

    Es wird HÖCHSTE ZEIT, dass man in den USA keinen Gewinn mehr damit machen kann, Leute einzusperren! ... Dort landet man u.U. sogar für einen Joint mehrere JAHRE im Gefängnis!

    16:59 Uhr, 07.08. 2021
  • Juancor
    Juancor

    Dieser Punkt ist m.E. sehr interessant: "nicht mehr von ausländischen Kapitalmärkten abhängig sein"

    (Übrigens genauso wie der Punkt, dass der Handel zunehmend in der eigenen Währung abgewickelt werden soll)

    11:02 Uhr, 05.08. 2021

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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