Chance/Risiko Profil im Detail - Darüber bestimme ich den eigentlichen Hebel einer Position

Das Chance-Risiko-Verhältnis (CRV) ist eine mathematische Größe, in der die Gewinne einfach zum eingegangenen Risiko ins Verhältnis gesetzt werden.

Angenommen Sie haben die Aktie A zu 100,00 Euro gekauft und bei 110,00 Euro verkauft. Ihr Gewinn pro Aktie beträgt folglich 10,00 Euro. Dieses Geschäft hatten Sie mit einem Stopploss bei 95,00 Euro abgesichert, so dass Sie pro Aktie 5,00 Euro riskierten. Damit ergibt sich für dieses Geschäft ein CRV von

CRV = 10,00 : 5,00 = 2

Sie haben also zwei mal so viel verdient, wie Sie riskiert haben.

Die Anwendung des CRV´s erfolgt in der Praxis aber meist nicht auf die tatsächlich gemachten Gewinne, sondern bereits im Vorfeld des Trades wird das Gewinnpotential ermittelt. Angenommen Sie hätten aufgrund einer Analyse in der Aktie A vor diesem Trade folgendes Fazit ziehen können:

Wenn die Aktie A über 100,00 Euro steigt, dann wären weitere Kursgewinne bis auf 120,00 Euro möglich. Sollten diese 100,00 Euro nach oben durchbrochen werden, dann sollte die Aktie im Anschluss nicht mehr unter 95,00 Euro zurückfallen.

Auf Basis dieser Analyse würden Sie folgenden Trade planen:

- Kauf zu 100,00 Euro, wenn dieses Niveau tatsächlich überschritten wird
- Gewinnpotential 120,00 Euro als Kursziel und damit 20,00 Euro pro gekaufter Aktie
- Risiko: Da die Aktie nicht mehr unter 95,00 Euro zurückfallen sollte, setzen Sie dort Ihren Stopploss. Sie riskieren also 5 Euro pro Aktie.

Daraus lässt sich nun für diesen geplanten Trade ein theoretisches CRV von

CRV = 20,00 Euro : 5,00 Euro = 4

berechnen, was nichts anderes bedeutet, als dass Sie pro riskiertem Euro einen Gewinn von 4 Euro erwarten können. Deshalb finden Sie hinsichtlich des CRV´s meist nicht nur eine Zahl, sondern das Verhältnis 4:1.

"Theoretische" Anwendung des CRV´s

Wenn Sie jetzt einmal die Tradingliteratur durchblättern, werden Sie feststellen, dass dort oft empfohlen wird, nur Trades einzugehen, die ein CRV von 3:1 haben. Sie sollten, sofern Sie dieser Regel folgen, also nur dann einen geplanten Trade auch in die Tat umsetzen, wenn das CRV mindestens drei beträgt. Der Hintergrund dieser Überlegung ist relativ simpel, denn wenn Sie nur solche Trades eingehen, dann wären Sie bereits mit einer Trefferquote von ganz leicht über 25% profitabel. Rechnen wir dies einmal nach.

Von vier Trades haben Sie einen Gewinner und drei Verlierer. Bei den Verlierern verlieren Sie immer einen Euro, der Gewinner bringt drei Euro Profit. Bei 25% Trefferquote sind Sie damit (Kosten außen vor) Plus/Minus Null. D.h., sobald Sie eine Trefferquote über 25% haben, wären Sie profitabel und die Annahme derer, die diese Regel empfehlen ist, dass solche Trefferquoten relativ wahrscheinlich sind.

Praktische Anwendung des CRV´s

Die theoretische Annahme des CRV´s und der häufig geäußerten 3:1 Regeln scheint durchaus Sinn zu machen, jedoch sehe ich diese durchaus kritisch - zumindest in dieser theoretischen Form.
So ermitteln Sie die Chance selbst und nichts ist leichter, als dass Sie diese einfach höher ansetzen, wenn das CRV zu klein wird. Aus

"der nächste Widerstand nach meinem Einstieg bei 100,00 Euro liegt bei 105,00 Euro und damit kann ich diesen Trade nicht nehmen, da dieser nur ein CRV von 1 hat",

kann schnell werden "

aber das ist ja doch nur ein kleiner Widerstand, da dürfte nicht viel passieren und deshalb nehme ich als Ziel den nächsten Widerstand bei 120,00 Euro. Dann passt das schon.".

Sie sehen also, die Gefahr subjektiver Entscheidungen ist sehr groß, womit ich es persönlich kritisch sehe, direkt mit solchen Kurszielen zu arbeiten und vor allem daran auch festzumachen, ob ich einen Trade nehme oder nicht. Vielmehr versuche ich dieses CRV praktisch zu beachten, indem ich versuche, Vielfache meines anfänglichen Risikos zu ertraden, während es bei der Frage, ob ich diesen Trade machen darf oder nicht, keine Rolle spielt.

Rene Berteit - Technischer Analyst und Coach bei GodmodeTrader.de

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