Kommentar
14:54 Uhr, 21.01.2013

CFDs sind klassischen Optionsscheinen überlegen

In einem hoch frequentierten Blog wurde ich diese Woche in eine spannende Diskussion verwickelt. Fast alle Trader in dieser Community handelten auch im kurz- und mittelfristigen Zeitfenster mit klassischen Optionsscheinen. Die Frage, warum denn nicht CFDs verwendet werden, führte zu einigen interessanten Erkenntnissen. So scheinen die Vor- und Nachteile dieser beiden Instrumente sehr vielen immer noch nicht klar zu sein, daher widme ich mich heute noch einmal diesem Aspekt.

Transparenz

Ich fange mit den guten Nachrichten an: Die Transparenz ist meiner Meinung nach der größte Vorteil von CFDs. Man handelt im Prinzip 1:1 den zugrunde liegenden Basiswert, nur mit weniger Kapitalbedarf. Halte ich 10 CFDs im German30-Index, und der Dax macht 10 Punkte in meine Richtung, dann sind das 100€ Gewinn, basta. Ich brauche keinen Zeitwert zu berücksichtigen, keine implizite Vola oder Auf-/Abgeld. Was habe ich mich doch oft grün und blau geärgert wenn der Dax einen 20-Punkte Sprung machte, mein Zertifikat aber nur 15 Cent mitging.

Komplexe Auswahl

Dann brauche ich mir auch nie Gedanken über die richtige Auswahl meiner Scheine zu machen. Es gibt in meiner Plattform den GER30 mit 1€ pro Punkt, und das war’s. Bei den richtigen Brokern sind sogar die Aktien-CFDs mit börsenechten Spreads zu haben ohne dass der Broker daran rumpfuscht, und angebliche „Verbindungsfehler“ wie im Direkthandel mit Emittenten gibt es nicht. Gerade im Intradayhandel, wenn ich plötzlich eine Gelegenheit in einer Aktie erblicke mit der ich nicht gerechnet habe, verliere ich keine Zeit bei der komplexen Scheinauswahl.

Kosten

Ordergebühren gibt es in der Regel nur bei Aktien-CFDs, und das auch für Kleinstanleger ab 0,1% ohne Mindestgebühr.

Als Vergleichsbeispiel nehme ich einfach mal einen der Umsatzspitzenreiter beim Verfassen dieses Artikels, den Dax Put mit Basis 7700 von BNP (DE000BP49PL3) zum Kurs 1,56/1,57. Der hat wie der CFD 1 Cent (Punkt) Spread, also Kostengleichheit hier.

Dazu kommen bei Optionsscheinen nun aber noch die Handelsgebühren. Ich war damals bei Cortal Consors, und wenn ich auf deren Homepage sehe werden bei jeder Order mindestens 4,95€ fällig.
Ich shorte also zum aktuellen Dax-Kurs von 7.720 mit 10 CFDs bzw. 1.000 OS (=10€ pro Daxpunkt). Für den CFD-Trade brauche ich 772€ Kapital für die Margin (1%), für den Optionsschein brauche ich 1.560€. Nehmen wir an alles geht gut und ich stelle noch Intraday glatt zu 7.710. Wie sich der OS entwickelt hat kann ich nur raten, gehen wir im Idealfall von 10 Cent aus. Der CFD- Trade hat uns glatte 100€ Gewinn gebracht. Der Optionsschein 100 – 4,95x2 = 90,1€ (WENN der OS tatsächlich 10 Cent gemacht hat, das ist ja im Vorhinein nie so genau zu sagen).

CFDs sind aber keinesfalls perfekt! Ich oute mich zwar gerne als Fan, einen gewichtigen Nachteil gibt es aber:

Nachschusspflicht

Es ist zwar toll wenn man wegen geringer Marginanforderung beim CFD-Trading sein Kapital diversifizieren oder hohe Stückzahlen wählen kann. Aber es sollte immer genug Cash am Konto sein, damit es nicht zum Margin Call oder gar einer Nachforderung von Seiten des Brokers kommt! Optionsscheine haben dieses Problem nicht, da kann maximal der Einsatz verloren gehen (bzw. bleibt meist auch dann ein Restwert).

Vom Verriss der CFDs als Selbstmörderinstrumente, wie mir aus einem Forum mal entgegenschallte, ist aber nichts zu halten, wieder ein Beispiel:

Angenommen ich habe 10.000€ am Konto, gehandelt werden 10 CFDs auf den GER30. Margin brauche ich dafür nur 772€, es würde also erst zum Margin Call bzw. einer Nachschusspflicht kommen, wenn ich den Trade 922 Punkte ins Minus laufen lassen würde! Nehmen wir nun aber die gleiche Stückzahl für ein 2.000€-Konto an, oder wenn man auch andere Positionen im Depot hat, und es sind nur noch 2.000€ Cash übrig: dann kann der Trade nur noch 122 Punkte ins Minus laufen, bevor der Margin Call kommt und die Position und/oder weitere zwangsweise aufgelöst werden vom Broker. Das ist dann in der Tat zu knapp, man denke nur an so manche Gaps über Nacht oder an drastische News.

Da ich aber nie ohne Stops handle, und bei einem so kleinen Konto auch nie derartige Stückzahlen eingehen würde, unterscheidet sich das einzelne Traderisiko zwischen CFDs und OS nicht für mich. Speziell in dem erwähnten Blog wird aber eine Strategie ohne Stopps und dafür mit Hedges gefahren. Und hier sind CFDs dann in der Tat unterlegen bei längeren Haltedauern, da die Positionen dann oft schon massiv im Buchminus sind und es zu dem ein oder anderen Margin-Call käme.

Zinsen

In der Regel würde ich nun auch die Finanzierungskosten als Nachteil von CFDs anführen. Nicht aber so bei Optionsscheinen, siehe am Beispiel im übernächsten Absatz.

Bei Halten von Longpositionen über Nacht fallen Zinsen an (der Broker stellt einem schließlich den Großteil des Handelsvolumens als Kredit zur Verfügung, selbst muss man nur 1-10% an Margin hinterlegen). Langfristig sind die praktisch untragbar. In der Regel werden für Longs über Nacht Leitzins + 2% fällig. Bin ich mit 10 CFDs (=10€ pro Punkt) im Dax Long zu 7.700, dann sind das ca. 6€ pro Nacht oder 0,6 Punkte. Die OS verlieren zwar auch an Zeitwert, aber ich denke nicht ganz so viel.

Auch beim echten Aktienhandel fehlt dieser Kostenfaktor, Aktien haben damit bei langfristigen Investments die Nase vorne. Ein mit Optionsscheinen geführtes Depot hat mir aber auf einen Blick wieder aufgezeigt, dass die Finanzierungskosten bzw. der Zeitwert nur einen ganz kleinen Teil des Risikos ausmachen. So wurde dort vor vier Monaten auf einen steigenden Aktienkurs eines Unternehmens spekuliert, welches zum Kurs von 12€ notierte. Im Depot wurde ein Call gekauft, und am besagten Tag der Betrachtung sah die Aktie zufällig wieder exakt den Einstiegskurs. Der Call dagegen hatte sage und schreibe 37% Buchverlust aufzuweisen! Wie das kommt? Das liegt zwar auch am Zeitwertverlust, dem Gegenstück der OS zu den Finanzierungskosten der CFDs. Aber weitaus größeren negativen Einfluss hatte hier die implizite Vola. Die Aktie hat sich im Kursverlauf nach dem Einstieg beruhigt und lief seitwärts, was einen kapitalen Kursverlust im Optionsschein bewirkt.

Natürlich kann man auch auf steigende Vola spekulieren und damit seinen Gewinn stark steigern. Das ist dann etwas für die OS-Spezialisten, hier kommt wieder der beschriebene Punkt „Transparenz“ zum Tragen. Und mir ist einfach nicht wohl dabei meinen Basiswert nicht 1:1 abbilden zu können.

Um die Daten zu vervollständigen: hätte ich diesen Trade mit CFDs abgebildet, wären nach 130 Nächten Zinsen von 0,12€ pro Aktie angefallen, also ein Finanzierungsverlust von gerade einmal 1%.

Abschließend zu sagen ist, dass aus dieser Gegenüberstellung für mich CFDs als Sieger hervorgehen. Optionsscheine sind für sehr spezielle Strategien geeignet, dafür bedarf es aber eines Händchens und/oder eines langen Atems und guten Nerven.

Wer überhaupt erst noch Einsteigerinformationen zum Thema CFDs sucht, findet die etwa unter http://www.candletrading.de/866-Wissenswertes.html.

Weiterhin viel Erfolg beim Trading
Michael Hinterleitner
www.brokerdeal.de

Sie haben Fragen? Sie erreichen uns unter der Telefonnummer +49 (0) 89-44455506 oder unter info@brokerdeal.de

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Über den Experten

Michael Hinterleitner
Michael Hinterleitner

Michael Hinterleitner ist seit 2006 Redakteur und Trader bei GodmodeTrader.

Bereits 1998 der Faszination Börse erlegen, wurde Trading neben dem Studium der Wirtschaftswissenschaften zu seiner Hauptbeschäftigung. Sein Fokus: Aktien. Neben der täglichen spannenden Jagd an den Börsen kam 2011 die Idee zu einem neuen Brokervergleich, der nicht nur einen detaillierten Blick hinter die Kulissen erlaubt, sondern auch handfeste Vorteile für Mitglieder bringt.

Als Mitbegründer der Vergleichsplattform BrokerDeal.de hat sich Michael Hinterleitner zum Ziel gesetzt, Licht in den Brokerdschungel zu bringen. Er erklärt, worauf es bei der Brokerwahl ankommt, welche Anbieter für welche Bedürfnisse Sinn macht und auf welche Unterschiede man bei den Produkten und der Ausführungsqualität achten sollte.

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