Kommentar
12:04 Uhr, 16.03.2006

CDV Software: Die Crux mit den Fortsetzungen

Der Spielepublisher CDV Software AG legte im Vorjahr einen beeindruckenden Turnaround hin. Der jetzige CEO Christoph Syring riss das Ruder mit einem Jahresgewinn von rund 2 Mio. EUR energisch herum, nachdem sein Vorgänger Wolfgang Gäbler das Unternehmen fast in den Ruin trieb. Doch der Motor ist jetzt ein wenig ins Stocken geraten.

CDV konzentriert sich fast ausschliesslich auf das Genre Strategiespiele und beackert mit einem Stakkato von Titeln den Zweiten Weltkrieg. Korrekterweise stellt Syring im Gespräch mit uns fest, das sich das Thema eigentlich nicht totläuft. Da hat er tatsächlich recht, wie man auch im Fernsehen feststellen kann: Mit zunehmender Entfernung vom Ereignis nimmt die Anzahl an Dokumentationen sogar immer weiter zu.

Was liegt da näher, als den Markt mit Fortsetzungen zu erfolgreichen Titeln zu bombardieren. So folgte auf das überaus erfolgreiche Codename Panzers – Phase 1 natürlich Phase 2 – und floppte nun. »Phase 2 liegt tatsächlich deutlich unter unseren Erwartungen«, räumt Syring ein. Deswegen sieht es jetzt auch so aus, als ob das ursprünglich geplante »Phase 3« gar nicht erst auf den Markt kommen wird.
Der Misserfolg von Phase 2 wird auch dazu führen, dass der Gewinn in diesem Jahr nicht so üppig ausfallen wird wie von einigen erhofft. »2 Mio. EUR schaffen wir trotzdem«, meint Syring selbstbewusst.
In zwei Wochen kommt eine weitere Fortsetzung auf den Markt – sie hört auf den martialischen Titel »Blitzkrieg 2«. Die nahe liegende Annahme, dass auch hier der Erfolg des Vorgängers nicht erreicht werden kann, wischt Syring beiseite: »Blitzkrieg 2 baut auf einer neuen Engine auf, das ist der wesentliche Unterschied.« Phase 2 hatte dagegen eher Addon-Charakter, wurde aber trotzdem als Vollpreis-Game verkauft.

Doch 2005 ist ja bald vorbei – was passiert nächstes Jahr? Ganz grosse Hoffnungen liegen auf einem einzigen Titel namens Warfront. Sie werden es nicht glauben: Thema ist der Zweite Weltkrieg, diesmal aber mit einem Schmankerl: Das Waffenarsenal wird aufgemöbelt mit allerlei Geheimwaffen des Dritten Reiches und der Alliierten und es spielt sich wie DAS Vorbild für Echtzeitstrategiespiele, Command and Conquer. Syring: »Die Fachpresse ist in der Vorberichterstattung absolut begeistert.«

Das muss sie aber auch sein, denn Syrings Jahrsplanung für 2006 baut doch zu einem grossen Teil auf diesem Titel auf. Bei einem Jahresumsatz von 17 bis 20 Mio. EUR sollen alleine 8 bis 10 Mio. EUR durch Warfront (kommt in Q2/2006) erlöst werden. Der Gewinn soll dabei höher ausfallen als in diesem Jahr. Weitere Blockbuster sind in 2006 nicht zu erwarten, statt dessen mehrere Addons und kleinere Titel, z.B. mit einem Ausflug ins Adventure-Genre. Auch das niedrigmargige Distributionsgeschäft soll ausgeweitet werden.
Perspektivisch gesehen will Syring stark wachsen: In den nächsten drei Jahren soll sich der Umsatz in etwa verdoppeln auf rund 40 Mio. EUR. Selbstredend dass dies organisch kaum gelingen kann. An einer passenden Akquisition wird bereits heftig gearbeitet – finanziert durch eine Mischung aus Fremd- und Eigenkapital. Genehmigtes Kapital steht seit der letzten Hauptversammlung wieder zur Verfügung.
Apropos Kapitalmassnahmen: Eine Kapitalerhöhung würde CDV gut zu Gesicht stehen. Denn 6 Mio. EUR Eigenkapital sind in diesem doch recht riskanten Business kein Rosenbett. Syring sagt aber ganz klar: »Nicht auf diesem Kursniveau. Vielleicht bei 15 EUR.«
Noch ein Wort zum Thema Konsolen: Aufgrund der Fokussierung auf Strategiespiele war und ist es ein Problem, den immer grösser werdenden Markt der stationären und portablen Spielemaschinen (XBOX, PS3, Nintendo DS, Sony PSP) zu bedienen. Wenn das Interface-Problem gelöst werden kann (also die Methode der Eingabe, sprich Ersatz der Computermaus), dann ist aber auch erst in rund drei Jahren mit ersten Spielen zu rechnen. Etwas früher könnte ein Projekt auf Nintendo DS marktreif werden wegen des dort zum Einsatz kommenden Touchscreens.

Fazit: 2005er-KGV von 7 ist sicherlich günstig. 2006 steht und fällt mit überwiegend einem einzigen Titel, der aber sehr aussichtsreich erscheint. An schwachen Tagen ein Kauf.

Auszug aus dem Betafaktor 11/2006. Weitere Analysen zu interessanten Nebenwerten finden Sie im Betafaktor-Börsenbrief. Informationen unter [Link "http://www.betafaktor.de/" auf www.betafaktor.de/... nicht mehr verfügbar]

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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