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10:27 Uhr, 06.07.2011

Bundestag: Anhörung zum Thema Agrar-Spekulation

Prädikat: Sehr sehenswert

Wirklich sehenswerte, wenn auch knapp drei Stunden lange Anhörung des Ausschusses zum Thema "Spekulation mit agrarischen Rohstoffen verhindern" im Bundestag. Auch Dirk Müller von cashkurs.com ist dort - seine Ausführungen sind im Detail hier zu finden.

Für mich gab es eine Reihe von Highlights aus der Anhörung:

  • Jedem Termingeschäft steht eine Gegenpartei gegenüber. Insofern führt ein Kauf eines Terminkontrakts nicht dazu, dass die Preise steigen. Wenn jemand einen Terminkontrakt kauft, wird es auch einen Hedger geben, der dagegen steht. Darüber lagen deutlich voneinander abweichsende Meinungen vor. Ein Vertreter der Welthungerhilfe zitierte Studien, wonach Spekulanten zu Preisaufschlägen zwischen 15-20% bei Agrarrohstoffen führten. Die Armut, in die fast zehn Millionen Menschen gedrängt wurden, sei direkt diesen durch Spekulanten hervorgerufenen Preissteigerungen geschuldet.
  • Finanzwetten sind ein Nullsummenspiel. Über alle Kontrakte betrachtet ist der Gewinn Null.
  • Eine stärkere Regulierung von Warenterminbörsen muss mit Vorsicht betrachtet werden, da sie dazu führt, dass die Geschäfte abseits der Börse, also over-the-counter, abgewickelt und dort hin verdrängt werden.
  • Das Handelsvolumen an deutschen und europäischen Warenterminbörsen muss gestärkt werden, um das Diktat internationaler Warenterminbörsen und der dort gebildeten Preise auf die deutschen und europäischen Verbraucher zu verringern. Deutschland und Europa sind, was die Nutzung von Warenterminbörsen als Preisabsicherungsinstrument anbelangt, noch in den Kinderschuhen relativ zu Amerika oder Asien.
  • Spekulation muss eingedämmt werden, da heute einem Produzenten mehr als zehn Spekulanten gegenüberstehen. Dies verzerre die Hedging-Möglichkeiten, da die Volatilität steige.

Wie gesagt, sehr interessanter Beitrag zu diesem Thema, da Experten unterschiedlicher Fachrichtungen ihre Meinung zum Thema kundtun und sich den Fragen der Parteien stellen. Interessant zu sehen, dass die Ansichten über die Spekulation teilweise kräftig voneinander abweichen, ja sogar komplett konträr zueinander stehen. Ich bin am meisten bei Prof. Dr. Dr. Schmitz...er sieht keinen Beweis dafür, dass Spekulation die Märkte verzerrt und warnt vor einer zu drastischen Regulierung der regulierten Börsen, ohne auf die OTC-Märkte zu schauen. Die Stellungnahme von Schmitz ist hier zu finden.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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