Bundesregierung erhöht Wachstumsprognose 2024 auf 0,3 Prozent
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Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones) - Die Bundesregierung erwartet eine allmähliche Erholung der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr und hat ihre Wachstumsprognose leicht angehoben. Allerdings zeigte sie sich wegen der strukturellen Probleme in Deutschland besorgt. Die Bundesregierung erwartet in ihrer neuen Prognose für 2024 einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 0,3 Prozent und damit etwas mehr als das im Februar erwartete Plus von 0,2 Prozent. Für das kommende Jahr geht die Bundesregierung weiterhin von einem Wachstum von 1,0 Prozent aus. Im vergangenen Jahr war das deutsche BIP um 0,3 Prozent geschrumpft. Laut Regierung dürften im weiteren Jahresverlauf vor allem vom privaten Verbrauch wesentliche Wachstumsimpulse für die deutsche Wirtschaft ausgehen.
Die Regierung geht in ihrer Frühjahrsprojektion davon aus, dass sich die deutsche Wirtschaft im Jahresverlauf 2024 aufgrund niedrigerer Inflationsraten, geldpolitischer Lockerungen, steigender Löhne und Einkommen, einer anhaltend stabilen Arbeitsmarktentwicklung sowie zunehmender Impulse von der Außenwirtschaft allmählich erholt und wieder an Dynamik gewinnt. So seien etwa die Preise für Strom und Gas nach den Energiepreisschocks schneller zurückgegangen als von vielen vorhergesagt.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) betonte, dass sich die Wirtschaft im Verlauf des Jahres langsam aus der Schwächephase herausbewegen werde. Dennoch zeigte er sich besorgt. "Trotz dieser Hoffnungssignale machen mir die strukturellen Probleme des Standorts weiterhin Sorge. Die Prognosen für das Produktivitäts- und Potentialwachstum fallen sehr niedrig aus. Wenn wir mittel- und langfristig wieder höheres Wachstum erreichen wollen, brauchen wir daher strukturelle Veränderungen", sagte er in einer Pressemitteilung.
Deutschland müsse neue wirtschaftliche Dynamik ermöglichen, Innovationen stärken, unnötige Bürokratie abbauen und den Arbeitskräftemangel entschlossen angehen. Dazu gehören dem Minister zufolge etwa Arbeitsanreize, damit mehr Menschen freiwillig mehr und länger arbeiten. Außerdem müssten Bemühungen fortgesetzt werden, bürokratische Hemmnisse zu beseitigen.
Anstieg beim privaten Konsum sowie Rückgänge bei Exporten und Importen
In ihrer Projektion geht die Regierung davon aus, dass der private Konsum in diesem Jahr real um 0,9 und im kommenden Jahr um 1,0% Prozent steigt. Die Inflationsrate wird laut Prognose von 5,9 Prozent im vergangenen Jahr auf 2,4 Prozent in 2024 und dann auf 1,8 Prozent in 2025 zurückgehen. Damit werde die Inflationsrate in Deutschland im kommenden Jahr wieder unter die Zielmarke der Europäischen Zentralbank von 2 Prozent liegen, so das Wirtschaftsministerium.
Der Arbeitsmarkt ist laut Regierung trotz der wirtschaftlichen Schwächephase von Engpässen an Fachkräften geprägt. Im Zuge der schrittweisen Belebung dürfte sich der Beschäftigungsaufbau wieder etwas deutlicher fortsetzen und auch die Arbeitslosigkeit allmählich zurückgehen.
Die Exporte werden der Prognose zufolge in diesem Jahr in der Exportnation Deutschland erneut zurückgehen. Nach einem Minus von 2,2 Prozent im vergangen Jahr werden die Export in 2024 real um 0,6 Prozent fallen, aber im kommenden Jahr um 3,1 Prozent zulegen. Importe werden den Erwartungen zufolge nach dem Minus von 3,4 Prozent in 2023 in diesem Jahr um 0,6 Prozent fallen und 2025 um 3,6 Prozent steigen.
IWF und Institute für 2024 etwas pessimistischer
Mit ihren Konjunkturerwartungen für dieses Jahr ist die Bundesregierung minimal optimistischer als der Internationale Währungsfonds (IWF). Dieser hatte Mitte April ein Wachstum des deutschen BIP um 0,2 Prozent für dieses Jahr vorhergesagt, das schwächste Wachstum der sieben führenden westlichen Industrienationen. Für 2025 erwartet der IWF aber ein deutsches Wachstum von 1,3 Prozent für 2025.
Die führenden Institute hatten Ende März für Deutschland ein mageres Wachstum von nur 0,1 Prozent für dieses Jahr, aber von 1,4 Prozent für 2025 vorhergesagt.
Die Konjunkturprognosen der Bundesregierung sind für die Steuerschätzungen wichtig, die Experten im Mai erstellen. Diese sind Grundlage für die anstehenden Haushaltsverhandlungen, die sich angesichts des Milliardenlochs in Höhe von 20 bis 30 Milliarden Euro als schwierig erweisen. Eine bessere Konjunktur resultiert üblicherweise in höhere Steuereinnahmen als zuvor geplant. Damit könnte sich ein etwas größerer finanzieller Spielraum für die Vorhaben der Ampel-Regierung ergeben.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/apo
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