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08:59 Uhr, 14.05.2012

Bund Future: Ausnahmezustand mit optimalem CRV?

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Der deutsche Bund Future scheint nicht mehr zu bremsen und strotzt dabei auch noch unverschämt vor Stärke. Der Bund erreichte kürzlich nicht nur ein neues Allzeithoch, sondern marschiert auch noch in Richtung des absoluten Allzeithochs eines 10-jähirgen Staatsanleihenfutures. Für die einen bedeutet die Stärke „Finger weg“, mutige Anleger sehen hier ein optimales Chance Risiko Verhältnis. Für beide Meinungen gibt es gute Argumente.

Die Stärke des Bund Futures kommt nicht von ungefähr. Die Schuldenkrise zwingt den Bundesanleihen geradezu historisch niedrige Renditen auf. Dabei geht es nicht so sehr darum, dass deutsche Anleihen absolut gesehen so großartig sind, sondern eher um den Mangel an Alternativen. Deutsche Staatsanleihen sind in der Eurozone einfach die am wenigsten unsicheren. Banken, Unternehmen und vor allem Versicherungen und Pensionskassen sitzen auf riesigen Mengen an Cash, welches irgendwo hin muss. Eine anständige Rendite ist nebensächlich. Wichtig sind Sicherheit und eine geringe Volatilität der Investments. Anleihen der Peripherieländer sind durch die Volatilität und niedrigeren Ratings kein Fokus, sondern vielmehr eine spekulativere Beimischung. Mit den Kriterien Sicherheit, geringe Volatilität und kein Währungsrisiko bleiben nicht viele Möglichkeiten in der Eurozone. Während Geld tendenziell aus Anleihen der Krisenstaaten abfließt, drängt immer mehr Geld in deutsche Anlagen.

Die historisch niedrigen Renditen von 1,6% für 10-jährige Bundesanleihen sind also durchaus gerechtfertigt, auch wenn Deutschland einem erheblichen Risiko ausgesetzt ist. Durch die Rettungspakete und Rettungsfonds sitzt Deutschland potentiell auf mehreren hundert Milliarden Euro Verbindlichkeiten. Die Verschuldung wächst weiter, das Wirtschaftswachstum verlangsamt sich und die Inflation verharrt auf einem vergleichsweise hohen Niveau von über 2%. Investoren verlieren derzeit also de facto Geld und das bei einem latenten Risiko von einer Explosion deutscher Staatsschulden, wenn sich die Krise in den kommenden Jahren verschärft. Trotzdem: derzeit fehlt es einfach an Alternativen.

Diese Alternativlosigkeit führt zu den absurd niedrigen Renditen. Wie absurd die sind, zeigt der internationale Vergleich. Amerikanische 10-jährige Staatsanleihen rentieren bei knapp 2%. Dabei sind die T-Notes mit Abstand die sichersten der Welt (trotz der nur zweitbesten Bonitätsbewertung durch S&P), weil die Fed notfalls einfach Geld drucken kann. Der Zinssatz liegt nahe 0%, QE3 ist immer noch nicht ganz vom Tisch und der Markt wurde bereits mit Kaufprogrammen der Fed gestützt. Die Rendite deutscher Papiere ist um 0,3 Prozentpunkte niedriger bei einem höheren Leitzins von einem Prozent und keiner Notenbank im Rücken, die notfalls eingreift. Niedriger als deutsche Anleihen rentieren derzeit die japanischen. Hier bekommen Investoren momentan 0,9%. Auch hier liegt der Leitzins so gut wie bei 0%. Die Verschuldung des Landes ist zwar enorm und liegt bei ca. 200% des BIP, allerdings gilt auch hier eine Sondersituation. Die Schulden werden vor allem von Japanern selbst absorbiert, die ja bekanntlich Sparweltmeister sind. Was oft vergessen wird, sind die deflationären Tendenzen im Land. In den letzten 12 Jahren war die Inflation lediglich drei Jahre lang positiv. Berücksichtigt man die Deflation, liegt die Rendite der Anleihen deutlich höher. Ende 2009 lag die nominelle Rendite bei 1,2%, die Inflation jedoch bei -2%. Die reale Rendite betrug demnach mehr als 3%. Der Rekord der niedrigsten Rendite wird dennoch von Japan gehalten. Ende 2003 sackte die nominelle Rendite auf 0,4% ab. Real betrug sie ca. 0,65%. Das Äquivalent zum Bund Future, der JGB, stand damals bei 145,28.

Das sind freilich alles keine Argumente, weshalb der Bund Future massiv überbewertet ist. Fundamental richtig zu liegen ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einer guten Performance des Depots. Kurz- bis mittelfristig ist nicht von einer Flucht aus deutschen Anleihen zu rechnen. Den Traum von einem Einbruch des Bund Future um 10% und der gehebelten Partizipation daran lässt noch auf sich warten. Bestimmend für den Bund Future ist der Verlauf der Schuldenkrise. Solange diese nicht gelöst ist, wird der Bund keine Trendwende einleiten. Die Frage ist also eher, ob der Bund noch steigen kann. Bei jeder Zuspitzung der Krise erreichte der Bund ein neues Hoch. Der Jagd nach immer neuen Rekordständen sind allerdings natürliche und charttechnische Grenzen gesetzt. Zum einen sinkt die Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen bei derzeitigem Renditeniveau erheblich. Bei einigen Auktionen wurde das Zielvolumen bereits nicht mehr erreicht. Es deutet sich so langsam eine Schmerzgrenze bei Investoren ab. Diese liegt momentan bei ca. 1,5% Rendite. Diese Grenze ist aber nicht in Stein gemeißelt. Eine weitere Zuspitzung der Krise kann diesen Wert durchaus nach unten revidieren. Hauptrisiko dürfte jedoch der Leitzins sein. Entschließt sich die EZB den Leitzins zu senken, werden die Renditen ebenfalls sinken.

Charttechnisch liegt die nächste, entscheidende Hürde bei 143. Dort verläuft die Begrenzung des langfristigen Aufwärtstrendkanals. Spätestens dort solle eine Korrekturbewegung beginnen. Die Zeichen dafür stehen sehr günstig. Zum einen, weil sich eine solche Trendlinie als Ausgangspunkt für eine Korrektur hervorragend eignet. Zum anderen, weil unter den momentan gegebenen Umständen die Renditeschmerzgrenze erreicht ist. Die noch laufende Korrektur an den Aktienmärkten hat kurzfristig die Risikoaversion gesteigert und zu einem Hoch an schlechter Stimmung geführt. Bereits eine moderate Entspannung sollte die Risikobereitschaft steigen lassen und den Bund unter Druck bringen.

Eine Korrektur kann erwartet werden, eine Trendwende jedoch nicht. Die Korrektur zieht sich idealerweise bis in den Bereich von 138 Punkten. Danach könnte der Kurs bis maximal 144,6 Punkte ansteigen. Selbst bei angespannter Lage ist dieses Niveau kaum zu übertreffen. An der bevorstehenden Korrektur können Anleger leider nur mit klassischen KO Scheinen partizipieren (oder direkt über den Future, Mini-Future und CFDs). Es gibt zwar auch Faktor Tracker Zertifikate, allerdings ist deren Einsatz in diesem Fall nicht wirklich sinnvoll. Bei längeren Haltedauern verlieren die momentan angebotenen Faktor Tracker Zertifikate bei stagnierenden Kursen erheblich an Wert, sodass eine später als geplant einsetzende Korrektur gerade einmal die Verluste des Scheins wieder ausgleicht. Unter den klassischen KO Produkten bietet sich momentan der Schein DE000TB3E9P4 mit einer Laufzeit bis 4.9.12, Hebel 16 und KO bei 150 an. Konservativer ist der open-end Schein DE000SG22125 mit KO 158,3 und Hebel 8,5. Renditeziel liegt beim ersten Schein bei 30% und beim zweiten bei 17%. Bewegt sich der Bund in die erwartete Richtung sollten Sie Stops regelmäßig nachziehen, um Gewinne zu sichern. Als Stop Loss dient die Begrenzung des Aufwärtstrends bei 143. Eine minimale Toleranz bis 143,5 sollte dem Basiswert allerdings gegeben werden.

Unabhängig davon, wie weit der Bund jetzt korrigiert, lohnt es sich, den Wert auf der Watchlist zu haben. Früher oder später wird der Bund eine Trendwende einleiten, die Anlegern dann hohe Gewinne verspricht. Auf absehbare Zeit ist jedoch mit einer leicht aufwärts gerichteten Seitwärtsbewegung zu rechnen.

Viel Erfolg!

Clemens Schmale

Technischer Analyst bei GodmodeTrader.de

"Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten derzeit investiert."

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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