Kommentar
11:31 Uhr, 14.01.2009

Bruttoinlandsprodukt 2008 - Jahr der (Ent-)Täuschungen

1. Heute wurde das vorläufige Bruttoinlandsproduktswachstum des Jahres 2008 veröffentlicht. Täuschend gut sieht die Bilanz des Jahres 2008 aus. Mit einem Wachstum von 1,3% wurde das durchschnittliche Wachstum (Potenzialwachstum) der deutschen Volkswirtschaft erreicht. Doch bei genauerem Hinsehen entpuppt sich diese gute Bilanz als das Werk eines starken ersten Quartals (1,4% qoq), das durch Sondereffekte wie dem ungewöhnlich milden Winter begünstigt war, und eines hohen statistischen Überhangs aus dem Jahr 2007: Das schwungvolle zweite Halbjahr 2007 gab dem deutschen Konjunkturdampfer nochmals Schwung in Höhe von 0,6 Prozentpunkten für 2008 mit. Das war es dann aber auch: Ab dem zweiten Quartal schrumpfte das deutsche Bruttoinlandsprodukt.

2. Der private Konsum war wohl die Enttäuschung des Jahres 2008. Mit großen Hoffnungen ging man in das Jahr 2008: In der Erwartung einer guten Arbeitsmarktentwicklung (eingetreten!), hoher Lohnabschlüsse (eingetreten!) und einer moderaten Inflation schienen bis zu 1,6 % Konsumwachstum möglich (Consensus- Erwartung vom Januar 2008). Doch die Inflation machte diese Hoffnungen zunichte. Explodierende Rohstoff- und Lebensmittelpreise ließen die amtliche Inflation in die Höhe schnellen und raubten den Haushalten Kaufkraft. Die gefühlte Inflation stieg sogar noch stärker an und verbreitete das Gefühl noch heftigerer Einkommensentzugseffekte. Kein Wunder, dass die Haushalte ihren Geldbeutel nicht aufmachten. Zwar brachte das zweite Halbjahr bei einer rückläufigen Inflation und einem stabilen Arbeitsmarkt etwas Konsumwachstum, das reichte jedoch nicht für eine positive Jahresbilanz aus (0,0%).

3. Die Investitionen in Ausrüstungen liefen 2008 noch erfreulich gut. Die Abschaffung der Möglichkeit zum 1.1.2008, Investitionen beschleunigt (degressiv) abzuschreiben, spülte nochmals kräftige Aufträge in die Bücher der Investitionsgüterproduzenten, die zum Teil erst im Jahre 2008 abgearbeitet wurden. Zu verlockend war es, sich diese günstigen Abschreibungsbedingungen zu sichern, zumal der Konjunkturausblick zu Beginn des Jahres durchaus nicht pessimistisch war. Die Unternehmen gingen von einer Konjunkturdelle aus, die sie mit ihren vermeintlich dicken Auftragspolstern abfedern zu können hofften. Dies beflügelte im Nachgang noch das erste Halbjahr des vergangenen Jahres. Ab Mitte des Jahres 2008 hatten sich die positiven Erwartungen als ein Trugschluss erwiesen, was den Absturz der Geschäftserwartungen und den etwas verzögerten Einbruch der Investitionstätigkeit erklärt. Dank des starken ersten Halbjahrs ist die Bilanz im Gesamtjahr mit einem Plus von 5,3% trügerisch gut.

4. Die Exportwirtschaft konnte 2008 ebenfalls noch mit einem Plus beenden. Doch der Anstieg der Exporte blieb mit 3,9% unterdurchschnittlich. Vor allem aber sind die Exporte seit dem zweiten Quartal rückläufig. Angekündigt hat sich die Exportmisere schon seit Längerem: Seit November 2007 sind die Auslandsbestellungen nahezu ununterbrochen gesunken und lagen im Oktober gut 23% unter dem Höchststand. Dies ist die Folge eines nahezu zeitgleichen Abgleitens der Industrieländer in die Rezession. Gemessen daran sind die bescheidenen Rückgänge der Exporte im zweiten und dritten Quartal 2008 lediglich das Vorspiel zu einem regelrechten Kollaps, der sich im Winterhalbjahr entfalten wird. Aufgrund des merklich stärkeren Importwachstums 5,2% dämpfte der Außenbeitrag das Wachstum um 0,3 Prozentpunkte.

5. Im wirtschaftsgeschichtlichen Rückblick wird 2008 wohl als das Jahr bezeichnet werden, in dem die bis dahin größte Nachkriegsrezession begann. In der jahresdurchschnittlichen Betrachtung geht dies unter. Rechnet man aus der amtlichen Jahresrate von 1,3% den geerbten statistischen Überhang aus dem Jahr 2007 und die Kalendereffekte heraus, so verbleibt eine Nettoleistung von 0,4%. Das spricht schon eine deutlichere Sprache.

6. Wie immer muss darauf hingewiesen werden, dass das vorläufige Jahresergebnis nur eingeschränkt Rückschlüsse auf das vierte Quartal zulässt: Denn erstens muss das Statistische Bundesamt selbst Indikatoren für den Dezember hinzuschätzen und zweitens ist für die Nutzer unklar, ob es zu Revisionen der Vorquartale gekommen ist. Nach Aussagen des Statistischen Bundesamtes ist es zu einem Rückgang zwischen 1,5% und 2,0% gekommen. Das deckt sich mit unserer revidierten Prognose: Nach den verheerenden Novemberdaten für die Auftragseingänge, die Produktion und die Exporte hatten wir unsere Prognose für das vierte Quartal auf -1,7% qoq nach unten revidiert. Das ist eine schwere Hypothek, denn die deutsche Volkswirtschaft startet nun mit einem negativen statistischen Überhang (Bremseffekt aus 2008) in Höhe von gut -1½ Prozentpunkten in das Jahr 2009. Für das Gesamtjahr 2009 erwarten wir daher einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 3%.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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