BoerseGo Wrap Up: "Wie tief tauchen bei Nacht"
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Die Kurse purzeln von einem historischen Tiefsstand zum Nächsten - Blue Chips wie Oracle, Motorola, SAP, Amazon.com und weitere sind auf historischen Tiefstkursen angelangt. Aber auch ganze Sektorenindices, wie der Amex Networking Index, fallen auf Tiefststände, die seit Jahren nicht mehr zu sehen waren. Der Dow Jones fällt während der Trading-Session am Freitag unter die Marke von 9600 Punkten - ein Rückgang auf einen Stand vom 5. April des Jahres. Auch der Nasdaq entfernt sich immer weiter von der Marke von 2000 Punkten und notiert bei 1687.70 Punkten.
Die gestrigen Wirtschaftsdaten zeigen, dass 4.9% der Amerikaner ohne Arbeit sind. Analysten gingen von einer Arbeitslosenquote von lediglich 4.6% aus. Der NAPM-Index des nicht verarbeitenden Gewerbes fiel auf 45,5% gegenüber 48,9% im Juli. Werte unterhalb von 50% bedeuten dabei einen Rückgang der Aktivität. Die Anzahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe stieg um 3000 Anträge auf 402.000, Ökonomen erwarteten einen Rückgang auf 396.000. Das Konsumentenvertrauen des ABC/Money Magazine fiel von 2 auf 0 in der Vorwoche. Der Index oszilliert zwischen +100 und -100. Erstmals seit 5 Jahren sind 55% der 1000 befragten Amerikaner der Meinung, dass sich die US-Wirtschaft in einer misslichen Lage befände. Japan scheint laut den neuen Wirtschaftsdaten in die nächste Rezession einzutreten - das BIP im April-Juni-Zeitraum schrumpfte um 0.8%.
Was unter dem Terminus "Gewinnwarnungssaison" mittlerweile jedem versierten Anleger geläufig ist, ist in vollem Gange.
Gewinnwarnungen durch Manugistics, Ericsson, Marconi und Motorola folgen den Warnungen durch AMD und Sun Micro in der vergangenen Woche.
Angst vor Gewinnwarnungen durch Nokia, Matsushita, Oracle und anderen Hightechs tragen dazu bei, das Trübsaal der aktuellen Börsensaison noch weiter zu schüren. Die Investmentbank Sanford Bernstein nennt die Unternehmen Nokia, Ericsson, Motorola, Nortel Networks und Lucent Technologies auf der "Liste der gefährdetsten Unternehmen" für eventuelle Gewinn- und/oder Umsatzwarnungen.
Cisco Systems, der Schrittgeber im Netzwerk-Sektor, sei laut Merrill Lynch kurzfristig durch reduzierte Prognosen für den gesamten Sektor unter Druck - darüber hinaus habe man herausgefunden, dass überschüssige Router-Kapazitäten im Internet zur Verfügung stünden. Die Aktien von Cisco Systems fielen in der vergangenen Woche auf fast $14, ein Tiefstkurs, der seit Anfang Sommer des Jahres nicht mehr zu sehen war.
Internetaktien wie Amazon.com werden scheinbar grundlos verprügelt und sinken im allgemeinen Abwärtsstrudel der Märkte weiter und weiter. Und Prognosen einer Bodenbildung der Märkte durch ehemalige Analysten wie Abby Joseph Cohen verunsicherten die Anleger noch mehr. Es ist wie Tieftauchen bei Nacht - niemand weiß, wann der Boden wirklich kommen und wohin die Reise gehen wird.
Alle Unternehmen, die zur Zeit nicht öffentlich zu ihren Planzahlen stehen, werden an der Börse heftig abgestraft.
Doch eines ist sicher: Es wird wieder aufwärts gehen. Während Analysten noch vor Monaten auf die zweite Jahreshälfte für eine Bodenbildung der Aktienmärkte tippten, sehen sie diese nun erst im Laufe des Jahres 2002.
Vorreiter wird der Halbleiter-Sektor sein, so die allgemeine Meinung der Analysten. Dieser Sektor wird sich als erstes erholen können, da dieser am "unteren Ende des Tech-Nahrungskette" stünde, so ein wortgenaues Zitat der Investmentbank WitSoundView, die mittlerweile übrigens in SoundView Technology Group umbenannt wurde. Unternehmen wie Taiwan Semiconductor, Sanmina Corporation und Flextronics International seien die ersten, die von einer Erholung profitieren könnten, hieß es.
Und während das Management von Taiwan Semiconductor fleißig an der Expansion nach China arbeitet, steht Flextronics im Mittelpunkt des Interesses der Analysten der Investmentbank SG Cowen. Das Unternehmen war die "Bottom Line Action Idea" der vergangenen Woche.
"Dualität prägt den Markt," so die treffende Feststellung des Chartanalysten Ralph Acampora von Prudential Securities vor mehreren Wochen. Während die einen Unternehmen Warnungen aussprechen, konnten in der vergangenen Woche mehrere Tech-Unternehmen ihre ursprünglich gemachten Prognosen bekräftigen.
Zu dieser Liste von Unternehmen gehören besonders KLA-Tencor, TerraLycos, RSA Securities, StorageNetworks, Microsoft, SAP und Intel. FreeMarkets konnte sogar seine Prognosen erhöhen.
Namhafte Chartanalysten wie Richard Bernstein von Merrill Lynch, Ralph Acampora von Prudential Securities und Phil Roth von Morgan Stanley prognostizierten bereits vor einem Monat, dass die Märkte über die Ferienzeit im Sommer bei schwachem Volumen auf alte Tiefststände abdriften werden.
Steve Young von der Banc of America schrieb in dieser Woche trefflich: "Trotz der Ängste der Investoren, bewegt sich die Konjunktur in ein Umfeld, dass Kursanstiege an den Börsen favorisiere. Die Bewertungen an den Aktienmärkten, die historisch zu hoch waren relativ zu den Zinssätzen am Anleihenmarkt, kann man nun als vernünftig bezeichnen. Die bald beginnende Gewinnwarnungssaison muss man als kritisch ansehen. Jedes Signal einer Stabilisierung kann Wunder wirken."
In diesem Sinne ein erholsames Wochenende,
Ihr Team von BoerseGo
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