BIZ: Kredite, Geldpolitik und Dollar-Abwertung dämpfen Zoll-Schock
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Von Hans Bentzien
DOW JONES--Die wirtschaftlichen und finanziellen Reaktionen auf die deutliche Erhöhung der US-Einfuhrzölle sind bisher überraschend schwach geblieben. Andrea Maechler, Stellvertretende Generalmanagerin der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), erklärt das mit drei Faktoren: Einer kräftigen Kreditaufnahme im Vorfeld der tatsächlichen Verhängung der Zölle, einer Geldpolitik im Lockerungsmodus und der überraschenden Abwertung des US-Dollar. Besonders dem letzten Faktor widmet sie sich in einem Vortrag beim Forschungsinstitut Bruegel ausführlich. Folgende Punkte machte Maechler im Einzelnen:
1. Kräftige Kreditaufnahme
"Als die Zölle angekündigt wurden und die Unsicherheit sprunghaft anstieg, hatten viele Unternehmen bereits einen sicheren Zugang zu Finanzmitteln", sagte Maechler laut veröffentlichtem Redetext. Dies könnte mit dem vorübergehenden Anstieg der Warenimporte in den USA zusammenhängen: Unternehmen zogen Käufe vor, um mögliche Zolleffekte abzufedern. Der Zugang zu Finanzmitteln erleichtert diese Art der Glättung. "Der Zugang zu Finanzmitteln hilft den Unternehmen auch, ihre Lieferketten neu auszurichten und einen Teil des Preisdrucks auszugleichen, der sich sonst während der Anpassung ergeben würde", so die Ökonomin.
2. Geldpolitik im Lockerungsmodus
Die Geldpolitik in wichtigen Wirtschaftsräumen befindet sich auf einem Lockerungskurs, insbesondere in jenen, die von Zöllen betroffen sind. "Die geldpolitische Lockerung hat den Optimismus der Anleger gestützt, indem sie die wahrgenommene Wahrscheinlichkeit ungünstiger Szenarien verringert hat", erläuterte Maechler.
3. Der Dollar wertet unerwartet ab
Das ist nach Aussage der Ökonomin überraschend, weil normalerweise aus Handelsperspektive eine Aufwertung zu erwarten wäre. Aber mächtiger als der Handel seien inzwischen finanzielle Faktoren, mein Maechler. Ein niedrigerer Dollar-Kurs stützt die weltweite Aktivität und erhöht den Wert von Nicht-Dollar-Assets, was die Bilanzen dollarbasierter globaler Investoren stärkt, Importe in Lokalwährung verbilligt und Spielraum für Zinssenkungen in diesen Ländern schafft. Aber warum wertete der Dollar überhaupt ab?
"Eine wesentliche Triebkraft scheint die Neubewertung der Absicherungseigenschaften des Dollars durch die Anleger gewesen zu sein", meint die Ökonomin. Insbesondere Anleger in Asien hatten nach ihrer Aussage offene Long-Positionen im US-Dollar, die sie nach dem Eintreten des Zollschocks nachträglich abzusichern versuchten. "Sie schlossen Devisentermingeschäfte ab, um diese offenen Positionen auszugleichen, was die Nachfrage nach dem Dollar drückte", erläuterte sie.
Die Kosten für die Absicherung von Dollar, die sich in der Währungsbasis gegenüber dem Dollar widerspiegelten, seien für asiatische Währungen gestiegen, und der größte Teil der Dollar-Abwertung im April und Mai habe während der asiatischen Handelszeiten stattgefunden. Angesichts der anhaltend starken Wertentwicklung von US-Anlagen und der unübertroffenen Tiefe der US-Finanzmärkte hätten ausländische Anleger ihre US-Positionen nicht nennenswert verkauft, sondern stattdessen Derivate genutzt, um ihre offenen Dollar-Engagements zu reduzieren.
"Mit anderen Worten, die Bewegung des US-Dollar wurde weniger von Finanzströmen als von einer Neubewertung der Bereitschaft der Anleger angetrieben, für die Absicherung ihrer bestehenden Positionen gegen die Volatilität des US-Dollars zu zahlen."
Kontakt: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/sha
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