Kommentar
09:20 Uhr, 05.02.2004

BioPharma-Branche tendiert freundlich

In den vergangenen Monaten tendierten die Aktien der BioPharma-Branche recht freundlich, wozu nicht nur die allgemein optimistische Stimmung an den Börsen beitrug. Da der Gesundheitsbereich im vergangenen Jahr gegenüber den meisten anderen Sektoren deutlich ins Hintertreffen geraten war, besannen sich die Anleger zuletzt wieder auf dessen beachtliches Aufholpotenzial. Hinzu kam, dass mit dem jüngsten Übernahmeangebot von Sanofi-Synthélabo für Aventis das Fusionsfieber wieder erwacht ist.

Insgesamt ist festzustellen, dass die amerikanischen BioPharma-Unternehmen von der Schwäche des US-Dollar gegenüber dem Euro merklich profitieren konnten, da ihre Umsatzerlöse alleine aus diesem Grund um bis zu 5 Prozent gestiegen sind. Ein weiterer Auslöser für den jüngsten Aufschwung der Pharma-Aktien war die Verabschiedung des neuen amerikanischen Medicare Drug Benefit-Gesetzes im November. Nach diesem Gesetz werden amerikanischen Rentnern ab 2006 ihre Ausgaben für Medikamente erstattet. Bisher waren lediglich die Kosten für Krankenhäuser und ärztliche Behandlungen im Leistungskatalog enthalten. Da Rentner ihre Medikamente selber bezahlen müssen, sind viele von ihnen nur ungenügend versorgt. In Zukunft übernimmt die Medicare-Versicherung diese Aufwendungen, sodass die Pharma-Industrie ab 2006 mit einem deutlichen Umsatzzuwachs rechnen kann. Als besonders positiv erweist sich zudem, dass die Verschreibung von Medikamenten über sogenannte Pharmacy Benefit Managers (PBM) abgewickelt werden soll. Ursprünglich wurde befürchtet, dass sich der Staat hier einmischen und bei den Pharma-Gesellschaften hohe Rabatte aushandeln würde. Stattdessen sollen jedoch viele kleinere private Organisationen gegründet werden, die über keine nennenswerte Einkaufsmacht verfügen. Insgesamt dürften in den kommenden 10 Jahren rund 400 Milliarden Dollar für das Programm ausgegeben werden, wovon ein beträchtlicher Teil der Gesundheitsbranche zufließt. Die Medicare-Gesetzesänderung wird als indirekte Subventionierung der amerikanischen Pharmaindustrie angesehen. Mittelfristig bewerten wir die Effekte für die Pharmabranche positiv. Doch langfristig stehen wir dem Vorhaben skeptisch gegenüber, da nach den jetzigen Schätzungen Medicare etwa ab dem Jahr 2015 das Geld ausgehen dürfte.

Die zuletzt veröffentlichten Quartalsberichte der BioPharma-Unternehmen fielen insgesamt uneinheitlich aus. Es gab sowohl gute als auch schlechte Nachrichten, sodass kein eindeutiger Trend erkennbar war. Beispielsweise enttäuschte die amerikanische Eli Lilly mit ihren jüngsten Quartalsergebnissen und einer Rücknahme der Geschäftserwartungen für das laufende Jahr. Auch die deutsche Altana gab einen eher verhaltenen Ausblick ab. Darüber hinaus meldete Merck & Co., dass zwei ihrer Produktentwicklungen in Phase III, dem Endstadium des Zulassungsverfahrens, durchgefallen sind. Der Markt war überrascht, da bislang noch nie ein Produkt von Merck & Co. in Phase III gescheitert war. Hierdurch hat die Pipeline des Unternehmens auf einen Schlag deutlich an Umfang verloren.

Baxter International sprach im Dezember die vierte Gewinnwarnung innerhalb eines Jahres aus. Viele Marktteilnehmer stellten darauf hin die Glaubwürdigkeit und Kompetenz des Managements infrage, zumal die Begründung für die Gewinnwarnung nicht überraschend kam, sondern angesichts der allgemeinen Marktentwicklung auch für Außenstehende offensichtlich war. Das bedeutet, dass die Führungsetage von Baxter die eigene Geschäftslage scheinbar schlechter als externe Beobachter einschätzen konnte. Als Reaktion hierauf trat der Vorstandsvorsitzende im Januar zurück. Noch ist die Nachfolgefrage nicht geklärt, sodass die Unsicherheit bis auf weiteres bestehen bleibt. Da wir den überzogenen Prognosen des Unternehmens bereits seit längerem misstraut hatten, haben wir die Aktie bereits im Vorfeld des letzten Quartalsberichts sukzessive abgebaut.

Auf der anderen Seite präsentierte die britisch-schwedische AstraZeneca sehr gute Zahlen und einen optimistischen Ausblick. Thema Nummer 1 im Januar war jedoch die feindliche Übernahmeofferte der Pariser Sanofi-Synthélabo für die deutsch- französische Aventis. Sanofi ist bereit, eine Prämie von rund 15 Prozent auf den Aktienkurs ihres Opfers zu zahlen. Das Management von Aventis hat dieses Angebot als völlig unzureichend abgelehnt und wäre erst mit einem Aufschlag von 40-50 Prozent zufrieden. Sollte die Akquisition tatsächlich Erfolg haben, wäre sie bereits im laufenden Jahr bilanzwirksam und würde sich damit gewinnerhöhend auf das Ergebnis von Sanofi auswirken. Nach unserer Einschätzung würde eine solche Verschmelzung Sinn machen, da sich die Produktpaletten bestens ergänzen. Hinzu kommt, dass beide Firmen ihren Sitz in Frankreich haben, sodass Synergien in Forschung und Verwaltung gehoben werden könnten. Die Investoren fragen sich jedoch, weshalb es Sanofi so eilig hat, sich die Straßburger einzuverleiben. Einer der Gründe dürfte sein, dass bei dem Pariser Konzernim Herbst 2004 ein wichtiges Gerichtsverfahren gegen einen Generikahersteller ansteht. Hierbei dreht sich alles um einen Patentstreit bezüglich des Thrombosehemmers Plavix, einem der drei Hauptprodukte von Sanofi. Deren Chancen, den Prozess zu gewinnen, betragen nur rund 50 Prozent, sodass ein Zusammengehen mit Aventis das Gesamtrisiko mindern würde. Eine zweite Erklärungsmöglichkeit ist, dass Sanofi verhindern möchte, selbst zum Übernahmeopfer zu werden. Es ist nicht auszuschließen, dass der gegenwärtige Hauptaktionär Total ein attraktives Angebot für die Sanofi-Anteile erhalten hat. Das Fondsmanagement des UniSector: BioPharma A hatte seit dem Aufkommen erster Fusionsgerüchte die Aktien von Aventis deutlich aufgestockt, was sich im Januar sehr positiv auf die Fondsperformance auswirkte.

Im Zuge dieser Ereignisse sind auch die Aktien anderer potenzieller Übernahmekandidaten aus der BioPharma-Branche gestiegen. Beispielsweise hatte die Schweizer Novartis in der Vergangenheit bereits mehrfach ihr Interesse an Roche bekundet. Dieses Thema wurde vom Markt prompt wieder aufgegriffen. Deutliche Kursaufschläge verbuchten aber auch die Papiere von Schering, die scheinbar ebenfalls seit längerem auf der Kaufliste von Novartis stehen. Doch musste der Titel zum Monatsende einen Teil seiner Gewinne wieder abgeben, als ein erfolgversprechendes Medikament in der Phase III der Entwicklung überraschend durchgefallen war. Das Mittel sollte die Neubildung von Blutgefäßen stimulieren und zur Gentherapie bei Patienten mit Herzgefäßverengung angewendet werden.

Bei ausgewählten Titeln bestehen weiterhin Kurschancen: Nach unserer Ansicht bietet die Pharma- und Biotech-Branche langfristig ein überdurchschnittliches Kurs-potenzial. Hierfür sprechen mehrere Gründe: So dürfte die in den westlichen Industriestaaten fortschreitende Alterung der Gesellschaft zu einer zunehmenden Nachfrage nach Medikamenten und gesundheitsfördernden Produkten führen. Die Pharma- und Biotech-Industrie verfügt obendrein über ein hohes Innovationspotenzial. Gegenwärtig befinden sich zahlreiche neue Medikamente in der Pipeline. Zudem sind Pharma- und Biotech-Aktien immer noch günstig bewertet. Wir bevorzugen eindeutig Gesellschaften mit einem hohen Forschungsanteil, da diese i.d.R. ein hohes Zukunftspotenzial besitzen.

Anlagestrategie und Dispositionen:

In letzter Zeit kam es beim UniSector: BioPharma A zu mehreren ausgewählten Transaktionen. So tätigten wir Zukäufe bei Celesio, der ehemaligen Gehe AG, die als Pharmagroßhändler im europäischen Raum sehr gut positioniert und mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 11 vergleichsweise günstig bewertet ist. Darüber kam es zu Positionsaufstockungen in GlaxoSmithKline. Hierzu nutzten wir den vorübergehenden Kurseinbruch, der durch Spekulationen ausgelöst wurde, dass GlaxoSmithKline als Weißer Ritter für Aventis auftreten könnte, um dem Übernahmeversuch von Sanofi zuvorzukommen. Die Briten gehören mittlerweile zu den weltweit größten Pharmakonzernen und das Kurs-Gewinn-Verhältnis stellt sich mit 15 ebenfalls attraktiv dar.

Andererseits setzten wir die Bestandsreduzierungen bei Baxter International fort, da mit dem Weggang des Vorstandsvorsitzenden die Zukunft des Unternehmens von Unsicherheit geprägt ist. Wir hatten die Aktie frühzeitig erworben, sodass wir diese mit einem beachtlichen Gewinn verkaufen konnten. Darüber hinaus trennten wir uns von Eli Lilly vor dem Hintergrund eines Patentprozesses. Zyprexa, ein Medikament gegen Schizophrenie, ist einer der Hauptergebnisträger der Amerikaner. Dementsprechend hoch schätzen wir das Risiko ein, falls Eli Lilly den Prozess um dieses Produkt verlieren sollte.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 110 Milliarden Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende Dezember 2003. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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