BGH: US-Ratingagenturen können vor deutschen Gerichten verklagt werden
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Karlsruhe (BoerseGo.de) – US-Ratingagenturen können laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe für ihre Einschätzungen zu Wertpapieren vor deutschen Gerichten verklagt werden. Hintergrund des Urteils ist der Fall eines Klägers, der in Zertifikate des seit September 2008 insolventen US-Investmenthauses Lehman Brothers investierte und mit der Investition einen Totalverlust erlitten hatte. Der Kläger vertraute auf die positive Einschätzung der US-Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) zu Lehman Brothers. S&P hatte Lehman Brothers bis zuletzt mit dem Rating „A+“ bewertet.
„Mit seinem Beschluss hat das höchste deutsche Zivilgericht letztlich den Weg frei gemacht für Schadenersatzklagen von Tausenden Investoren, die im Vertrauen auf die amerikanischen Ratingagenturen zig Millionen Euro Verlust gemacht haben“, so Jens-Peter Gieschen, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in Bremen und Anwalt des Klägers.
Auch Finanzjurist Markus Feck von der Verbraucherzentrale NRW zeigte sich über das BGH-Urteil erfreut. „Es gibt nun einen möglichen Anspruchsgegner mehr. Bislang waren die Ratingagenturen ja unangreifbar. Sollten die Haftungsansprüche durchgreifen, müssten sie vorsichtiger agieren und ihr Geschäftsmodell überdenken.“
Doch sowohl Kläger-Anwalt Gieschen als auch Finanzjurist Feck betonten, dass mit dem Beschluss noch nichts zu den Erfolgsaussichten der eigentlichen Klage gesagt werden kann. Auch die Grundlage möglicher Schadensersatzansprüche bleibe ebenso unklar wie die prozessuale Situation von Anlegern, deren Verfahren bereits abgeschlossen sind. Gieschen betonte, dass nun erst die Chance bestehe, in ein ordentliches Verfahren zu kommen.
S&P sieht die Lage anders und weist darauf, dass man mit den Ratings nur eine Einschätzung wiedergebe. Es sei den Marktteilnehmern selbst überlassen dieser Einschätzung zu folgen. „Wir sind der Meinung, dass solche Klagen völlig unbegründet sind", so eine Sprecherin von S&P in Deutschland.
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