Kommentar
11:55 Uhr, 25.01.2010

Ben Bernanke: Sie wollen ihn absägen

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Die Nominierung von Ben Bernanke für eine zweite Amtszeit als Gouverneur der Federal Reserve traf im letzten Jahr nicht nur in Chinas politischer Führungsriege auf Unverständnis. Die Chinesen halten Bernanke für inkompetent. Seine Politik des billigen Geldes sehen sie als Bedrohung. Dass Obama am Freitag den Banken Kontra gab, ist direkter Ausdruck dafür, dass seine Basis droht, wegzubrechen.

Bernankes Wiederwahl steht auf wackligen Beinen. 60 Stimmen aus dem Senat sind nötig, wobei 51 Stimmen bestätigt sein müssen. Die Republikaner wittern ihre Chance, Obama zu schaden - nur wenige geben ihre Stimme ab. Händler führen den Kursrutsch um 2% im Dow Jones am Freitag auf die Unsicherheit darauf zurück, ob Bernanke wiedergewählt wird, oder nicht.

Die Abstimmung ist für die laufende Woche anberaumt. Bis Sonntag muss Bernanke die nötigen Stimmen haben, denn dann endet seine laufende Amtszeit. Sollte Bernanke nicht erfolgreich sein, wird Fed Vice Chairman Donald L. Kohn Interimschef der Fed.

Auf Market Ticker Denninger, einem Blog aus den USA, findet sich eine schöne Aufstellung, was man Bernanke, der damals noch von Präsident George W. Bush nominiert wurde, alles vorwerfen kann:

  • Bernanke habe nichts getan, um international ein Kreditwachstum zu ermöglichen, das um 50% oder 100% über dem BIP-Wachstum liegt. Das war der Nukleus der Finanzkrise, und verstieß gegen das Gesetz, an das sich auch die Federal Reserve halten muss. Bernanke ist als „Helikopter Ben“ bekannt, da er einmal sagte, er würde notfalls das Geld aus einem Helikopter abwerfen, um seine „Politik des billigen Geldes“ durchzusetzen.
  • Bernanke habe grundlegende mathematische Gesetze ignoriert, die besagen, dass ein Zusammenbruch einer Kreditblase irgendwann folgen muss, wenn man die Märkte zu lange mit billigem Geld flutet.
  • Bernanke habe sich geweigert, die Verbriefung von Bilanzteilen durch Banken und die Kreditvergabe zu regulieren, obwohl das FBI im Jahr 2004 eine Warnung vor Missbrauch im Bankengeschäft ausgab.
  • Die Weigerung Bernankes, die Regulierung von Banken zu verschärfen, habe zu der Enteignung weiter Teile der US-Bevölkerung geführt, die im Jahr 2009 darin gipfelte, dass sich Großbanken 1% der Wirtschaftsleistung der USA als Boni ausschütteten.
  • Bernanke habe verweigert, die Empfänger von Bailout-Steuergeldern namentlich zu benennen, obwohl der US-Kongress und die Presse mehrmals direkt nachfragten.
  • Bernanke hat die konjunkturelle Entwicklung der letzten zehn Jahre größtenteils falsch prognostiziert. Dazu zählt auch die wiederholte Leugnung der Existenz einer Immobilienblase. Außerdem behauptete Bernanke im Jahr 2007, dass die Subprime-Problematik eingedämmt bleiben wird. Außerdem sagte er, dass die wenig später ergriffenen Stabilisierungs- und Rettungsmaßnahmen für Banken den Arbeitsmarkt stabilisieren und dass die Verabschiedung des TARP-Programms nicht zu einem Rutsch am Aktienmarkt führen wird. Diese Behauptungen waren allesamt falsch, schreibt Denninger.
  • Bernanke hat in einer öffentlichen Anhörung angegeben, dass die US-Notenbank Kredite nicht monetisiere. Tatsächlich hat die Fed eine Stunde nach dieser Anhörung bekannt gegeben, Staatsanleihen für 300 Mrd. Dollar und Fannie Mae- und Freddi Mac-Wertpapiere für 1200 Mrd. Dollar kaufen zu wollen.
  • Bernanke habe wiederholt die Verantwortung für seine Politik von sich gewiesen. Das ganze gipfelte in einer großen Rede im Januar 2009, wo er seine Politik auf die Konzepte der „Taylor-Regel“ stützte. Kurz danach hat sich der Erfinder dieser Regel, ein renommierter Professor der Volkswirtschaftslehre, schriftlich zu Wort gemeldet. Bernanke und Greenspan hätten seine Konzepte falsch verstanden und die Zinsen viel zu lange zu niedrig gehalten und damit die spekulativen Auswüchse und den darauf folgenden Zusammenbruch erst ermöglicht.
  • Bernanke behauptet, eine Exit-Strategie für seine „außergewöhnlichen Maßnahmen“ zu haben, weigerte sich aber wiederholt, diese Exit-Strategie vorzustellen. Laut Denninger, dem Verfasser des US-Blogs, sei dies auch naheliegend. Denn die Federal Reserve unter Bernanke habe den Markt für Hypothekenkreditpapiere im Jahr 2009 nicht nur gestützt, sie sei zum Markt für Hypothekenkreditpapiere geworden. So habe die Fed fast die gesamten Neuemissionen im Jahr 2009 gekauft. Laut Denninger besitzt Bernanke keine Exit-Strategie.
  • Bernanke hat willentlich und bewusst offensichtliche Hinweise auf Front-Running am Anleihenmarkt ignoriert, während er seine „quantitative Lockerung“ durchführte. Es hat laut Denninger ungewöhnliche Preisbewegungen bei genau den Anleihen gegeben, die Stunden oder Tage später von der US-Notenbank gekauft wurden. Es gebe zwar keinen direkten, mathematischen Beweis für dieses Front-Running, aber bei genauer Betrachtung der Kursbewegungen komme man laut Denninger nicht umhin, zu glauben, dass einer, oder eine Gruppe von Marktteilnehmern die Situation zum eigenen Gewinn ausgenutzt haben.

Eine Stimme für Benanke ist jetzt für jeden Senator kritisch, da er riskiert, seine eigenen Wähler zu verlieren. Bei der jüngsten Senatswahl in Massachusetts haben die US-Demokraten eine bittere Niederlage einstecken müssen. Der Demokrat Erdward Kennedy, der 46 Jahre lang den Senatzsitz in Massachusetts innehatte, verlor ihn an die Republikaner. Bereits im November hatten die Demokraten Niederlagen in Virginia und New Jersey einstecken müssen.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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