BDI warnt vor hoher Abhängigkeit bei Rohstoffen - Politik muss gegensteuern
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Von Andrea Thomas
DOW JONES--Die deutsche Industrie hat die Politik aufgefordert, Maßnahmen zur Reduktion von Deutschlands hoher Rohstoffabhängigkeit zu ergreifen. Dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zufolge steigt Deutschlands Rohstoffbedarf massiv und einseitige Abhängigkeiten verschärften sich weiter. Daher sei mehr Tempo bei der heimischer Förderung, Rohstoffpartnerschaften und Kreislaufwirtschaft notwendig.
Eine Studie von BDI und der Unternehmensberatung Roland Berger zufolge droht allein bei dem Stopp chinesischer Lithiumexporte Deutschland ein Wertschöpfungsverlust von bis zu 115 Milliarden Euro. Dies entspreche 15 Prozent der industriellen Wertschöpfung.
"Die Risiken aus Abhängigkeiten Deutschlands bei kritischen Rohstoffen sind so hoch wie nie. Für die doppelte Transformation aus Dekarbonisierung und Digitalisierung ist das eine große Gefahr. Sie gelingt nur mit einer gesicherten Rohstoffversorgung. Deutschland muss endlich mehr in seine Rohstoffsicherheit investieren", forderte BDI-Präsident Siegfried Russwurm auf dem 8. Rohstoffkongress in Berlin. Notwendig seien Entschlossenheit, Initiativen und Erfolge.
Denn Rohstoffe seien für die Zukunft Deutschlands als Industrieland und für die nationale Sicherheit unverzichtbar. Gleichzeitig würden Rohstoffe insbesondere von Autokratien zunehmend als geopolitisches Druckmittel eingesetzt.
Autoindustrie drohen bei Exportstopp für chinesischem Lithium hohe Verluste
BDI verwies auf den hohen Bedarf nach Lithium. Die globale Nachfrage nach Lithium werde bis 2040 um das 42-fache im Vergleich zu 2020 steigen. Deutschland importiere 2024 die Hälfte seiner Lithiumprodukte aus China - gegenüber 18 Prozent im Jahr 2014.
Obwohl China nur über ein Fünftel der weltweiten Lithiumreserven verfüge, dominiere es die Batterieproduktion für Elektrofahrzeuge. "Deutschland und Europa drohen den globalen Wettbewerb um strategisch wichtige Rohstoffe zu verlieren", warnte Russwurm.
Bei einem sofortigen Exportstopp für chinesisches Lithium drohe der deutschen Automobilindustrie wegen der Elektromobilität ein direkter Schaden von 42 Milliarden Euro. Diese Verluste könnten sich durch indirekte und induzierte Effekte im Zusammenhang mit dem Automobilsektor auf 88 Milliarden Euro erhöhen, so die Untersuchung. "Die Politik muss alles tun, um ein solches Worst-Case-Szenario zu verhindern", forderte Russwurm. "Die Gefahren und Risiken sind offenkundig. Aber das Reaktionstempo ist viel zu gering."
Mehr heimische Förderung und internationale Partnerschaften
Der BDI forderte daher die Politik auf, mit einem Maßnahmenpaket "dringend" gegenzusteuern. So sollte die Steigerung heimischer Förderung und Verarbeitung ermöglicht und unterstützt werden, bestehende und neue Rohstoffkooperationen gestärkt sowie die Kreislaufwirtschaft ausgebaut werden.
"Deutschland verfügt über ein großes Potenzial an mineralischen Rohstoffen, das bisher sträflich ungenutzt bleibt", kritisierte Russwurm. Dazu zählen zwei der bedeutendsten Lithiumvorkommen Europas im Erzgebirge und im Oberrheingraben. Dieses Potenzial müsse endlich ausgeschöpft werden. "Sicherere Rohstoffquellen als solche im eigenen Land gibt es nun mal nicht", sagte der BDI-Präsident.
Allerdings blieben Deutschland und Europa neben der heimischen Förderung auch auf internationale Rohstoffkooperationen und den Abbau kritischer Rohstoffe im Ausland angewiesen. Deutschland und Europa müssten bestehende Rohstoffkooperationen vertiefen und neue Allianzen bilden, damit die Rohstoffversorgung unabhängiger werde. Kritische Rohstoffe sollten zentrale Bausteine in Handels-, Investitions- und entwicklungspolitischen Abkommen sein, so die Forderungen der Industrie.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
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