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11:45 Uhr, 24.06.2024

BDI: Regierung muss entschlossen gegen Wachstumsschwäche vorgehen

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat angesichts einer weiterhin schwachen Wirtschaftsentwicklung von der Bundesregierung ein entschlossenes Wachstumspaket gefordert. Der Verband erwarte für das Bruttoinlandsprodukt 2024 nur einen mageren Zuwachs von 0,3 Prozent und ein Schrumpfen der Industrieproduktion. "Im weiteren Jahresverlauf rechnen wir zwar mit einem leichten Anziehen der Konjunktur, aber das bleibt ein sehr schwacher Zuwachs. Der langfristige Trend, das Potentialwachstum, ist mit plus 0,5 Prozent pro Jahr viel zu gering", sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm auf dem Tag der Industrie in Berlin. Gegenüber den USA und China falle der Standort Deutschland weiter zurück, warnte er.

Die Industrieproduktion sinke 2024 nach Prognose des BDI um 1,5 Prozent im Vorjahresvergleich. Die Kapazitätsauslastung im Verarbeitenden Gewerbe sei zu Beginn des zweiten Quartals auf 80,3 Prozent gefallen. "Nur während der weltweiten Finanzkrise und zu Beginn der Corona-Pandemie waren die Kapazitäten schlechter ausgelastet", sagte Russwurm. Schwaches Wachstum bedeute geringere Spielräume im Staatshaushalt. "Wenn sich also an den Wachstumskräften nichts ändert, wird es sehr schwierig, die vor uns liegenden Aufgaben zu bewältigen. Die Industrie erwartet von der Regierung jetzt eine entschlossene Wachstumsagenda", betonte Russwurm.

Um Deutschland wieder als starken Wettbewerber zu positionieren, sehe der BDI entscheidende Hebel bei öffentlichen Investitionen, Bürokratieabbau, Unternehmensteuern und der Verbesserung weiterer Rahmenbedingungen. "Die Unternehmen brauchen endlich Klarheit über die Finanzierung öffentlicher Investitionen", forderte Russwurm. Die momentane Unsicherheit bremse auch private Investitionen. Außerdem müsse Planungssicherheit für die Versorgung mit Energie herrschen und beim Stromnetzausbau Tempo gemacht werden. Darüber hinaus müsse ein Anreizsystem für freiwillige Mehrarbeit geschaffen werden, um der Arbeitskräfteknappheit entgegenzuwirken.

Neben einem "Upgrade für das Wachstumschancengesetz" sei außerdem ein entschlosseneres Bürokratieentlastungsgesetz notwendig. "Das kostet nichts, kann aber wirtschaftliche Dynamik entfesseln", erklärte Russwurm. Der Verband mahne auch ein wettbewerbsfähiges System der Unternehmensbesteuerung an. Nicht nur Deutschland, sondern auch Europa brauche einen Wachstumsplan, um Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Dynamik wiederherzustellen und im geoökomischen Kräftemessen mithalten zu können, sagte der BDI-Präsident. Die Bundesregierung müsse in Brüssel einen Wachstumsplan einfordern, der auf industrielle Innovations- und Leistungskraft, weniger Bürokratie und mehr Handlungsfreiheit für Unternehmen setze. "Der Green Deal muss um einen europäischen Wachstumsplan, einen Industrial Deal, ergänzt werden", forderte Russwurm.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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