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08:04 Uhr, 22.04.2024

BDI erwartet mageres Wachstum und sieht Herausforderungen für Deutschland

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones) - Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat seine Konjunkturprognose für dieses Jahr bestätigt, erwartet aber für die Industrieproduktion einen besorgniserregenden Rückgang. Laut BDI reicht es in Deutschland "mit etwas Glück" nur für ein kleines Wachstum von 0,3 Prozent. Damit liegt Europas größte Wirtschaft deutlich hinter dem für die Weltwirtschaft erwarteten Zuwachs von 3 Prozent zurück. Der Verband sieht Deutschland vor großen Herausforderungen und fordert eine Stärkung der Wachstumskräfte durch einen verlässlichen Energiemarkt, weniger Bürokratie und geringere Steuern.

Schon Anfang März hat der BDI für Deutschland ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,3 Prozent für dieses Jahr prognostiziert. Der Verband erwartet in der aktuellen Projektion für das laufende Jahr einen erneuten Rückgang der Industrieproduktion um nun 1,5 Prozent und eine Stagnation der Exporte.

"Die Industrie in Deutschland hat sich von den Kosten- und Nachfrageschocks, von zeitweise extrem hohen Energiepreisen und von der Inflation noch nicht erholt", sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm am Montag zum Auftakt der Hannover Messe. Vom Außenhandel, einem der wichtigsten Wachstumstreiber der deutschen Wirtschaft, sei auch in diesem Jahr nicht mit einem positiven Impuls zu rechnen.

"Trotz moderater Erholungsaussichten dürfen wir uns nichts vormachen: Insgesamt zeigen die Produktionszahlen schon seit Jahren einen besorgniserregenden Abwärtstrend", warnte der BDI-Präsident.

   Unternehmen machen Gewinne vor allem im Ausland 

Die Herausforderungen blieben für Deutschland als Industriestandort groß. Denn stärkeres Wachstum und erfreulich guten Profit erzielten deutsche Unternehmen derzeit vor allem an ihren Produktionsstandorten im Ausland.

Russwurm betonte daher die Dringlichkeit, Wachstumskräfte zu stärken. Mit dem geringen Trendwachstum von 0,5 Prozent werde Deutschland die großen Herausforderungen aus Digitalisierung, Dekarbonisierung und Demographie nicht stemmen können - finanziell nicht und wegen daraus zwangsläufig folgender Verteilungsfragen auch nicht in der gesellschaftlichen Diskussion.

"Nur wenn es gelingt, mehr Wachstumsdynamik zu erzeugen, können wir Ressourcen für die Transformation mobilisieren, unsere Infrastruktur auf Vordermann bringen, die Attraktivität des Standorts für in- und ausländische Unternehmen erhöhen und das hohe Niveau unseres Sozialsystems sichern", so Russwurm.

Notwendig seien wettbewerbsfähige und langfristig planbare Energiepreise. So müssten die Stromnetzentgelte deutlich gesenkt werden und die Regierung müsse die angekündigte Kraftwerksstrategie und die Wasserstoffstrategie schnell konkretisieren und mit Priorität umsetzen.

Die Unternehmen benötigten außerdem dringend weniger Bürokratie. Zusätzlich müssten die Unternehmensteuern auf ein wettbewerbsfähiges Niveau von 25 Prozent gesenkt werden. "Die aktuelle Belastung von knapp 30 Prozent ist ein ernstzunehmender negativer Standortfaktor", so Russwurm.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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