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13:03 Uhr, 18.12.2024

BDEW: Hohe Versorgungssicherheit mit Strom - Kosten müssen runter

Von Andrea Thomas

DOW JONES--Deutschland ist bei der Versorgungssicherheit mit Strom international unter den Spitzenreitern und macht beim Zubau von erneuerbarer Energie sowie dem Ausbau der Netze Fortschritte. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) drängt aber darauf, den Ausbau noch zu beschleunigen und die Kosten für Stromverbraucher zu verringern, um die Elektrifizierung für die Kunden attraktiver zu machen. Außerdem müsse der Zubau mit wasserstofffähigen Gaskraftwerken zügig erfolgen, um bei Bedarf zusätzliche Kapazitäten verfügbar zu haben, wenn die erneuerbaren Anlagen witterungsbedingt weniger Strom produzierten.

Daher rief der BDEW das Parlament auf, zügig eine Kraftwerksstrategie zu beschließen. Diese sollte sich am Vorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums orientieren, aber noch Änderungen wie etwa beim Zeitpunkt der Umstellung von Gas auf Wasserstoff vornehmen.

Der BDEW macht den Fortschritt beim Ausbau der Netze auch am Rückgang der Kosten für die Netz-Engpässe fest - den sogenannten "Redispatch"-Kosten zur Anpassung der Leistungseinspeisung von Kraftwerken. Der BDEW schätzt die Kosten für 2024 auf 2 Milliarden Euro, nach 3,2 Milliarden 2023. Die schnelleren Genehmigungsverfahren wirkten sich hier aus.

Insgesamt könnten sich in Deutschland Kunden auf die Bereitstellung von Strom verlassen, was laut BDEW auch positiv für den Wirtschaftsstandort Deutschlands ist. Der Stromausfall habe 2023 pro Verbraucher lediglich bei 12,8 Minuten gelegen, so der BDEW mit Verweis auf die Bundesnetzagentur.

"Die Versorgungssicherheit ist nach wie vor sehr hoch", sagte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. "Die Güte unserer Versorgungssicherung und die Höhe der Netzstabilität sind eben auch Standortfaktoren, insbesondere wenn wir uns andere Regionen anschauen."

Forderung nach niedrigeren Strompreisen

Wichtig für den Standort Deutschland sei allerdings die Dämpfung der Stromkosten und der Netzentgelte. Der BDEW hält einen Zuschuss zu Netzentgelten für richtig. Denn das hohe Niveau des Ausbaus der Übertragungsnetze und die Kosten dafür lägen auch an der politisch gewollten Transformation.

"Das über einen Haushalt kozufinanzieren und nicht nur bei den Netznutzern zu lassen, halten wir für richtig", sagte Andreae. Die Stromsteuer müsse gesenkt werden, da dies erstens eine Entlastung für alle sei. Sie sei zweitens aber auch sinnvoll, um die Elektrifizierung weiter voranzubringen, insbesondere auch im Bereich der Elektromobilität und Wärmeversorgung.

Die jüngsten Rekordstrompreise am Spotmarkt aufgrund der Dunkelflaute seien hingegen nicht überraschend gewesen. Der BDEW betonte, dass ein auf erneuerbare Energien ausgerichtetes Stromsystem abhängig von Witterungsbedingungen sei und daher stärkeren Preisschwankungen unterliege. Man müsse daher die Preise über einen längeren Zeitraum anschauen. Im Frühjahr hätte es Negativpreise für Strom gegeben, so Andreae.

Stromerzeugung geht zurück

Insgesamt ist die Stromerzeugung in Deutschland 2024 um gut 2 Prozent zurückgegangen. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung lag laut BDEW bei 55 Prozent 2024, und damit 2 Prozentpunkte über Vorjahr.

In diesem Jahr hat es in Deutschland laut BDEW erneut einen Importüberschuss beim Stromaustausch gegeben. Dabei kamen die Stromimporte vor allem aus dem Atomstrom-Land Frankreich und an zweiter Stelle den skandinavischen Ländern. Andreae wies darauf hin, dass Deutschland Strom nicht aus Knappheitsgründen importiert habe, sondern weil Strom zeitweise in den anderen Ländern des europäischen Strombinnenmarktes billiger produziert wurde. Dieser Rückgriff auf den billigeren Strom im Ausland sei politisch so gewollt. Europa solle seinen Strommix und Binnenmarkt als Vorteil ansehen, mahnte Andreae.

Beim der Versorgung mit Erdgas war Norwegen mit Abstand Deutschlands Hauptquelle für die Lieferungen über Gaspipelines. Flüssiggas (LNG) kam hingegen überwiegend aus den USA. Zum Jahresende seien die Gasspeicher in Deutschland mit über 85 Prozent gut gefüllt, so der BDEW.

Energiewende wird nicht zurückgedreht

Der Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxid (CO2) der Energiewirtschaft ist laut BDEW 2024 weiter gesunken und lag um 9 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres. Die Minderung gegenüber 1990 lag nun bei 60 Prozent. Andreae betonte, dass die Energiewirtschaft hier Verlässlichkeit auf dem Pfad zur Klimaneutralität zeige und von ihrer Seite her die Energiewende nicht zurückgedreht werde.

Mit Blick auf die Wärmeversorgung sieht der BDEW hier die Klimaneutralität als "Königsdisziplin der Energiewende" an. Aktuell heizten 56 Prozent der Haushalte in Deutschland mit Gas und 17 Prozent mit Heizöl. In Neubauten würden meist Wärmepumpen eingebaut. Der BDEW plädierte für Änderungen am Gebäudeenergiegesetz, um es weniger komplex zu machen.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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