Bankenverband: 2024 Stagnation und 2025 BIP-Wachstum von 1,2%
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Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones) - Die Chefvolkswirte der privaten Banken sehen die deutsche Wirtschaft bis auf weiteres in einer ausgeprägten Schwächephase. Wie der Bundesverband deutscher Banken mitteilte, rechnen die privaten Banken für 2024 mit einer Stagnation der gesamtwirtschaftlichen Leistung und für 2025 mit einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 1,2 Prozent. "Gerade die Industrieproduktion ist nach wie vor unter Druck. Auch 2024 hat die Wirtschaft nur einen schwachen Start hingelegt", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, Heiner Herkenhoff.
"Es gibt aber erste Lichtblicke: Die Inflation wird weiter nachlassen und - zusammen mit den ordentlichen Lohnabschlüssen - die reale Kaufkraft der Konsumenten in diesem Jahr wieder stützen", so Herkenhoff. Zudem gingen die Chefvolkswirte davon aus, dass die Europäische Zentralbank ab Juni die Leitzinsen senken werde. Die erwarteten Impulse von der Zinsseite sollten allerdings nicht überschätzt werden. So rechne der Bankenverband mit vorsichtigen Zinssenkungen in kleinen, vierteljährlichen Schritten.
Die Konjunkturprognose des Bankenverbandes wird halbjährlich durchgeführt und beruht auf einer Umfrage unter 15 Chefvolkswirten privater Banken. Die Verbraucherpreisinflation wird darin bei 2,5 Prozent im laufenden und 2,2 Prozent im kommenden Jahr gesehen. Erwartet wird zudem eine Zunahme der privaten Konsumausgaben um 0,7 Prozent im Jahr 2024 und 1,2 Prozent 2025 sowie der Ausrüstungsinvestitionen um 0,4 Prozent in diesem und 1,8 Prozent im kommenden Jahr. Für die Exporte sehen die Banken Zuwächse um 0,2 Prozent dieses und 2,0 Prozent nächstes Jahr und für die Importe eine Steigerung um 0,8 Prozent 2024 und 2,2 Prozent 2025. Die Zahl der Arbeitslosen wird nach ihren Berechnungen 2024 auf 2,70 Millionen ansteigen, 2025 aber wieder auf 2,63 Millionen zurückgehen.
Herkenhoff sah den "größten Hemmschuh" darin, dass in Deutschland inzwischen vor allem strukturelle Probleme die Wachstumsaussichten trübten. "Umso wichtiger ist jetzt eine Wirtschaftspolitik, die nicht auf kurzfristige Konjunkturimpulse, sondern auf die richtigen Prioritäten setzt", mahnte er. Damit die Unternehmen auf einen verlässlichen Wachstumspfad zurückkehrten, spielten Investitionen eine Schlüsselrolle. "Doch in Deutschland wird seit Jahren zu wenig investiert." Um die Investitionen endlich wieder anzukurbeln, müsse die Politik für Planbarkeit und Berechenbarkeit sorgen, die Steuerlast der Unternehmen senken und den Arbeitskräftemangel weiter angehen.
"Die Entbürokratisierung ist dabei die zentrale Reform. Leider sehen wir hier bislang so gut wie keine echten Fortschritte", beklagte Herkenhoff. "Auch wenn wir im Jahresverlauf eine leichte Erholung beim Wachstum erwarten und für 2025 etwas mehr Zuversicht haben: Deutschland braucht einen großen Aufschlag bei der Wirtschaftspolitik, kein widersprüchliches Klein-Klein", forderte er. "Ohne ein überzeugendes Reformkonzept für unseren Wirtschaftsstandort wird es nicht gehen."
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/jhe
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