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12:50 Uhr, 22.01.2024

Bahn: Mit DB InfraGo startet größtes Infrastrukturprogramm

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Die Deutsche Bahn will mit ihrer neuen Infrastruktursparte DB InfraGo "das größte Infrastrukturprogramm der DB-Geschichte" beginnen. Das erklärte das Unternehmen bei der Auftaktveranstaltung für die Infrastrukturgesellschaft in Berlin. Dabei ständen vor allem das Bestandsnetz und die Bahnhöfe im Fokus. Die Finanzierung der hier notwendigen Arbeiten sei für 2024 und 2025 bereits sichergestellt. Bei der Veranstaltung stellte das Unternehmen nach eigenen Angaben "erstmals zentrale Handlungsfelder des neuen Unternehmens" vor.

Die Bahn benannte sieben konkrete Maßnahmen, die bis 2030 umgesetzt werden sollen. Bis 2030 saniere die DB InfraGo mehr als 4.000 hoch belastete Streckenkilometer von Grund auf - gebündelt in 40 Hochleistungskorridoren. Die circa 25.000 Streckenkilometer des Flächennetzes würden zudem schrittweise modernisiert, sodass sich der Zustand der Anlagen auch in der Fläche verbessere. Die Bahnhöfe will die Infrastrukturgesellschaft demnach "ganzheitlich zu attraktiven Zukunftsbahnhöfen entwickeln". Sie sollen laut dem Plan zu "Mobilitätsdrehscheiben" und "Visitenkarten" für Städte und Gemeinden werden.

Eine schnelle Kapazitätserweiterung und Leistungsfähigkeit im Bestandsnetz schaffe die DB InfraGo unter anderem mit zusätzlichen Überleitstellen, mehr Überholmöglichkeiten für Züge und zusätzlichen Signalen, um den Blockabstand zwischen den Zügen zu verringern. Bis 2030 will das Unternehmen laut den Angaben außerdem viele weitere Strecken digitalisieren und damit mehr Kapazität auf der bestehenden Infrastruktur schaffen. Dringend benötigte Serviceeinrichtungen für die Vor- und Nachbereitung von Zugfahrten, insbesondere Abstellgleise, baue die Gesellschaft neu und erweitere auch vorhandene Einrichtungen. Durch Aus- und Neubau sowie Elektrifizierung von Strecken schaffe sie außerdem neue Kapazitäten, um den Deutschlandtakt Stück für Stück umzusetzen.

Bahnchef sieht Zeitenwende 

"Wir erleben die größte Zeitenwende für die Eisenbahn in Deutschland seit der Bahnreform", sagte der Vorstandsvorsitzende der Bahn, Richard Lutz. "Die Schieneninfrastruktur ist zu alt, zu störanfällig und an vielen Stellen jenseits der Belastungsgrenze." Die betrieblichen Auswirkungen für die Menschen und die Wirtschaft seien massiv. "Um diesen Abwärtstrend umzukehren, erneuern wir gemeinsam mit dem Bund sowohl Schienennetz als auch Bahnhöfe." Dies sei die entscheidende Voraussetzung, um die verkehrspolitischen Ziele zu erreichen und wieder mehr Qualität und Stabilität ins System zu bringen.

"Erstmals fließt nicht nur wesentlich mehr Geld, sondern dieses wird auch genau kontrolliert zum Einsatz gebracht", betonte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Die Gemeinwohlorientierung gebe dabei die Richtung vor. "Wir haben uns ehrgeizige Ziele gesetzt, weil wir die Situation sehr ernst nehmen", sagte er. Aufgabe sei es, "mit ehrgeizigen Plänen daran zu arbeiten, dass es schnell besser wird". Das Unternehmen ist gemeinwohlorientiert, das heißt, das gesellschaftliche Ziel und nicht die Maximierung des Gewinns soll im Vordergrund stehen.

Bereits am Morgen hatte sich Wissing in einem Interview zuversichtlich gezeigt, dass mit der Gesellschaft eine grundlegende Sanierung der maroden Eisenbahninfrastruktur gelingt. Innerhalb von fünf, sechs Monaten werde "alles herausgerissen", alles erneuert und modernste Technik eingebaut. "Dann wird es besser", so der Verkehrsminister im ZDF-Morgenmagazin. Danach werde man innerhalb kurzer Zeit einen störungsfreien Korridor haben. Die erste Korridorsanierung werde die Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim sein, die von Mitte Juli bis vor dem Weihnachtsverkehr komplett gesperrt sein werde.

Gesellschaft hat über 60.000 Beschäftigte 

Die DB InfraGo bündelt seit dem Jahreswechsel die Aktivitäten des Bahn-Konzerns in den Bereichen Fahrweg und Bahnhöfe unter einem Dach. Das Unternehmen ist aus der Verschmelzung der beiden Infrastruktursparten des Konzerns, der DB Netz AG und der DB Station&Service AG, hervorgegangen. Mit mehr als 60.000 Beschäftigten ist die neue Gesellschaft laut den Angaben für das rund 33.400 Kilometer lange Streckennetz inklusive aller betriebsnotwendigen Anlagen und 5.400 Bahnhöfe verantwortlich.

In Verbindung mit ihrem Start will der Bund seine Steuerung der Infrastruktur stärken. Dafür wird laut den Angaben mit dem sogenannten Infraplan ein neues Steuerungsinstrument etabliert. Es bündele Ziele und Strategien für Schienennetz und Bahnhöfe und übersetze sie in ein konkretes Arbeitsprogramm für die Infrastruktursparte mit einem mehrjährigen Zeithorizont. Der Infraplan werde Kennzahlen und Ziele vorgeben und diese "jahresscharf operationalisieren". Er werde jährlich überprüft, angepasst und fortgeschrieben.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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