Kommentar
16:22 Uhr, 08.12.2008

Australien der nächste Rezessionskandidat? - AUD als Rohstoffwährung unter Druck

Wie in praktisch allen Ländern rund um den Globus, trübt sich auch in Australien die Wirtschaftslage deutlich ein. Die Finanzmarktkrise hat sich zu einer handfesten Wirtschaftskrise ausgewachsen, was besonders im Rohstoffsektor zu einem nachhaltigen Einbruch geführt hat. Die Bremsspuren beim australischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) sind längst offensichtlich. So hat das BIP in „Down Under“ im dritten Quartal nur noch um 0,1% im Quartalsvergleich zugelegt und ist damit klar schwächer ausgefallen, als in der Konsensschätzung von 0,2% erwartet. Im zweiten Quartal hatte das australische BIP-Plus noch bei 0,4% (nach oben revidiert von 0,3%) gelegen. Auf annualisierter Basis sieht es auch kaum besser aus. Hier ist ein Anstieg des australischen BIP von 1,9% gegenüber dem Vorjahr zu verbuchen (Vorquartal 2,9%), der klar unterhalb des langjährigen Durchschnitts der australischen Wachstumsrate von 3,0% liegt. Ökonomen fürchten nun, die Wirtschaft laufe Gefahr, in den kommenden Quartalen in eine Rezession abzurutschen.

Die australische Regierung hat die Zeichen der Zeit bereits erkannt und ein Konjunkturpaket mit einem Volumen von 10,4 Milliarden australischen Dollar (AUD) angekündigt. Angekurbelt werden soll vor allem die Binnenkonjunktur. So sind Zuwendungen in Höhe von 3,9 Milliarden AUD für die Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen geplant, Pensionäre sollen mit zusätzlichen Mitteln von 4,8 Milliarden AUD unterstützt werden. Weitere Hilfen kommen dem zuletzt arg gebeutelten australischen Immobilienmarkt zugute. Der Ersterwerb eines neuen oder gebrauchten Hauses wird mit Geldern von insgesamt 1,5 Milliarden AUD gefördert, zudem fließen rund 187 Millionen AUD in die Unterstützung des heimischen Arbeitsmarktes.

Allen Hilfsmaßnahmen zum Trotz wird der wirtschaftliche Abschwung aber nur gebremst und die Rezession nicht verhindert werden können. Zu stark ist bereits der konjunkturelle Einbruch, wie die jüngsten Zahlen belegen. So hat die Zahl der australischen Baugenehmigungen alleine im Oktober um 26,1% im Jahresvergleich abgenommen (Vormonat -19,4%), während der Hauspreisindex für das dritte Quartal ein sequenzielles Minus von 1,8% anstelle der erwarteten -0,5% verzeichnete (Vorquartal -0,2%). Die Schwäche am Immobilienmarkt und der Rückgang der Hauspreise dürften im kommenden Jahr noch an Fahrt gewinnen. Der Einzelhandel musste bereits für September um 1,0% gesunkene Verkaufszahlen vermelden, während das Westpac-Verbrauchervertrauen im Oktober auf einen negativen Wert von -11,0 Punkten absackte. Genau wie bei den australischen Konsumenten, so ist auch bei den Firmen eine massive Stimmungseintrübung zu konstatieren. Das NAB-Geschäftsklima brach im Oktober von zuvor -8 auf -29 Punkte geradezu ein, die aktuellen Geschäftsbedingungen wurden nur noch mit -11 nach zuvor -1 Zähler bewertet.

Der Umschwung zum Negativen, den Australiens Wirtschaft derzeit erlebt, ist vor allem deshalb so schmerzhaft, weil die Ökonomie eine beispiellose 17jährige Expansionsphase hinter sich hat. Die verfügbaren Einkommen der australischen Haushalte haben alleine in den letzten fünf Jahren um etwa 30% zugelegt, was ein Rekordniveau im Vergleich mit allen anderen Industrieländern darstellt. Seit 2003 sind die Erlöse, die Australien durch den Verkauf von Rohstoffen erzielt hat, geradezu explodiert. Mit diesen massiven Exporteinnahmen ist es aber nun aufgrund des globalen Konjunkturabschwungs und der stark gesunkenen Rohstoffpreise erst einmal vorbei.

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Der heimische Wirtschaftsabschwung, mehr aber noch die globalen Entwicklungen um die Finanz- und Wirtschaftskrise, setzten dem Kurs des Austral-Dollar erheblich zu und machten ihn zu einem der großen Verlierer des Jahres 2008. Hochzins- und Rohstoffwährung in einem, musste der „Aussie“ massive Kursverluste sowohl gegenüber dem US-Dollar als auch dem Euro hinnehmen. Allein seit Juli verlor AUD/USD in der Spitze über 35% seines Wertes, und auch gegenüber der Einheitswährung ging es um mehr als 20% bergab.

Die im Zuge der Kreditkrise gestiegene Risikoaversion sorgte für die massive Auflösung von Carry Trades, wobei dem Austral-Dollar seine große Beliebtheit als hoch verzinsliche Anlagewährung nun zum Verhängnis wurde. Auch an der heimischen Zinsfront geriet der AUD unter Beschuss, da die „Reserve Bank of Australia“ (RBA) einen aggressiven Zinssenkungszyklus startete. Seit Oktober wurde der australische Leitzins um insgesamt 300 Basispunkte auf aktuell 4,25% zurückgeführt. Dies sind die stärksten Zinssenkungen in Australien seit der letzten Rezession im Jahr 1991, und sie dürften noch weitergehen. Im Kontext der massiven Konjunkturabkühlung ist bis Mitte 2009 mit einem Zinsniveau zwischen 3,00% und 3,50% zu rechnen. Selbst wenn somit ein gewisser Zinsvorsprung vor den großen Industrieländern verbleiben sollte, dürfte der Appetit nach Zinsdifferenzgeschäften so schnell nicht wieder auf das Vorkrisenniveau steigen.

Viel mehr als ein Fortgang der seit Mitte Oktober eingeläuteten Stabilisierungsphase von AUD/USD ist demnach nicht zu erwarten. Zwar hat sich seit dem massiven, bei Notierungen um die 0,9850 begonnenen Kursverfall ein kurzfristiger Doppelboden in der Region von 0,6000 bis 0,6100 ausgebildet. Um auch nur eine leichte Aufhellung des Chartbildes zu bewirken, müsste jedoch zuerst der aktuell bei 0,6919 verlaufende mittelfristige Abwärtstrend überwunden werden; wirklich besser sähe es erst bei einem Überschreiten der 0,80er-Marke aus. Eine Rückeroberung des langfristigen Aufwärtstrends bei 0,8750 ist hingegen solange Illusion, wie der Austral-Dollar gleich dreifach durch die sinkenden Rohstoffnotierungen, die heimische Konjunkturschwäche sowie die mangelnde Nachfrage nach Hochzinswährungen unter Abwertungsdruck verbleibt.

Volker Zenk
FXdirekt Bank

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