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23:26 Uhr, 30.10.2003

Ausblick: Russlandfonds schlagen Alarm

Heftige Turbulenzen sind die Tage aus Russland zu vernehmen. Noch vor kurzem auf einem neuen Allzeithoch angelangt ist der russische Aktienindex RTX zuletzt deutlich eingebrochen. Russlandsfonds wie auch Osteuropafonds melden bereits die ersten drastischen Mittelabflüsse.

Auslöser war die Verhaftung des "russischen Bill Gates" Michail Chodorkowski, der Gründer des Unternehmens Yukos, dessen Aktienkurs von 16 auf 11 $ eingebrochen ist. Heute wurde bekannt gegeben, dass die russische Staatsanwaltschaft 44% der Chodorkowski gehörenden Yukos Anteile beschlagnahmt hat - ein weiterer Schlag gegen das bereits angeknackste Vertrauen von privaten wie institutionellen Anlegern in Russland.

"Seit Montag verzeichnen russische Aktienfonds Mittelabflüsse in der Größenordnung von 10%" weiß ein örtlicher Fondsmanager. Mittelzuflüsse habe es hingegen keine gegeben. "Derzeit prüfen die Anleger noch, ob Russland nicht doch ein zu heißes Pflaster geworden ist, zumal die Aktienkurse dieses Jahr schon kräftig steigen konnten. Im Zuge von Gewinnmitnahmen könnte die große Verkaufswelle erst noch kommen", führt er weiter aus.

Der Markt reagiere sehr nervös und auf alles, was negativ sei während positive Nachrichten von der Wirtschaftslage kaum wahrgenommen würden, berichten Marktbeobachter. Es interessiere weniger die ausgezeichnete wirtschaftliche Verfassung Russlands als vielmehr die Frage, wie es politisch weitergehe.

Im Dezember finden in Russland schließlich Parlamentswahlen statt, im April 2004 steht Präsident Putin zur Wiederwahl. Und dieser sei bereits im Vorfeld darum bemüht, politisch gefährliche Konkurrenten aus dem Weg zu schaffen.

Wie zum Beispiel Chodorkowski. Er gehört nach Aussage von politischen Fachleuten zum liberalen Block, der mit der russischen Einheitspartei um Putin und den Kommunisten um die Macht im Kreml buhlt. Überdies sei Chodorkowski eine politisch wie wirtschaftlich sehr einflussreiche Person. Alleine mit seinem geschätzten Privatvermögen in Höhe von 30 Milliarden $ gehört diesem Mann etwa 5% des gesamten russischen Bruttoinlandsprodukts, was ihm dem Namen "Bill Gates von Russland" eingebracht hat.

Doch wie kam es zu dieser Ausnahmestellung? Chodorkowski wird unter anderem vorgeworfen, sich durch die Notlage von anderen finanziell bereichert zu haben und diese Vorteile konsequent und rücksichtslos ausgespielt zu haben. Es könne nicht angehen, dass 20-30 Menschen in Russland, aus der Not geboren über wenige Wochen superreich geworden sind, während die Mehrheit des Volkes sich gerade mal eben über Wasser halten kann, erklärt ein Regierungsmitarbeiter.

Dennoch soll Yukos kein Präzedenzfall bleiben. Präsident Putin hat unterstrichen, dass jeder Mensch in Russland vor Gericht gleich behandelt werde, unabhängig von der Vermögenslage. Bei Chodorkowski gehe es um ein rein persönliches Schicksal. Die Verunsicherung unter der Anlegern bleibt dennoch.

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