Kommentar
12:00 Uhr, 09.08.2023

Auf der Uber-Holspur den Lyft in den Keller geschickt!

Erwähnte Instrumente

In vielen Ländern dieser Welt gab es nach der Postkutsche lange Zeit nur einen klassischen Weg, um schnell und flexibel von einem Ort zum nächsten zu gelangen, ohne auf Abfahrtszeiten von Bussen oder Zügen angewiesen zu sein – und dieser war gelb. In amerikanischen Filmen, die größtenteils in New York spielen, wimmelte es nur von ihnen: Taxis. Das Taxi war viele Jahre das Fortbewegungsmittel Nummer 1 in New York, und in der ganze Welt, mal abgesehen von der Metro. Doch mit der Firmengründung von Uber im Jahre 2009 sollten nach und nach immer dunklere Wolken am Taxihimmel aufziehen und auch Konkurrenten wie Lyft konnten dem Branchenprimus bisher wenig entgegensetzen.

Uber hat sein Geschäftsmodell mittlerweile nahezu in die ganze Welt kutschiert und ist eine der bekanntesten aller Marken im Transportbereich geworden. Daher werde ich mich bei der Vorstellung des Unternehmens eher kurz halten.

Das Prinzip ist denkbar einfach: Jeder kann sich als Fahrer für Uber registrieren lassen und anschließend Geld mit der Beförderung von Personen verdienen (in Deutschland ist zumindest ein Personenbeförderungsschein nötig). Die Kunden können mit der Uber-App auf eine Vielzahl von Fahrern zurückgreifen und von teils deutlich günstigeren Tarifen als bei herkömmlichen Taxis profitieren.

Zum Hauptgeschäftsbereich “Mobility” kamen in den letzten Jahren noch das Frachtgeschäft “Freight” und die Delivery-Sparte “Uber Eats” hinzu.

Der Erfolg von Uber in den letzten Jahren hat selbstverständlich auch Nachahmer auf den Plan gerufen. Wenn ihr wissen wollt, ob der 2012 gegründete Konkurrent Lyft mittlerweile eher vernachlässigt werden kann und warum sich Uber in Zukunft zur Super-App entwickeln könnte, dann solltet ihr unbedingt weiterlesen.

Die Marken

Wie bereits beschrieben, ist Uber in der jüngeren Generation mittlerweile zum Sinnbild der bezahlten Mobilität via PKW geworden. Wer allerdings die nächsten Tage in seiner Heimatstadt oder im Dorf unterwegs ist und die Leute nach Lyft fragt, der wird vielerorts in verwirrte Gesichter blicken. Das liegt insbesondere an der Einschränkung, dass Lyft bislang hauptsächlich in den USA aktiv ist, während Uber bereits große Teile der Welt für sich erschlossen hat.
Uber hat hiermit eine starke Marke aufgebaut, mit der es dem Unternehmen ebenfalls gelungen ist, sich im Markt für Essenslieferungen mit seinem Produkt “UberEats” zu etablieren.

In Bezug auf den Webtraffic ist Uber auch nach wie vor Platzhirsch, wie die folgenden Daten von Similarweb zeigen.

Die Altersstruktur der Kunden ist nach den Daten von Similarweb relativ ähnlich, wobei Uber hier die noch etwas jüngere Kundschaft auf seiner Seite hat.

Bei den Suchanfragen auf Google dominiert Uber ebenfalls deutlich:

Googletrends.com

Der Siegeszug von Uber

Uber hat in den letzten Jahren massiv Marktanteile gewonnen und gerade bei der jüngeren Generation das Taxifahren komplett aus dem Leben der Menschen verdrängt. Wer in den letzten Jahren Urlaub in amerikanischen Großstädten gemacht hat, dürfte auch die Erfahrung gemacht haben, dass Uber aus dem Stadtleben nicht mehr wegzudenken ist.

Die monatlich aktiven Nutzer der Uber-Plattform stiegen von 2020 (82,25 Millionen) um nahezu 50 % auf 123 Millionen im Jahr 2022 (die einzelnen Quartale wurden zu einem Jahresmittelwert kombiniert). Natürlich hinterließ auch die Corona-Krise ihre Spuren bei Uber. Das Unternehmen konnte durch sein Segment Uber Eats die Rückgänge im Bereich Mobility aber etwas ausgleichen.

Die Umsätze wurden von rund 2,8 Milliarden USD im Jahr 2020 auf rund 8 Milliarden USD im Jahr 2022 fast verdreifacht.

Die Zahlen zum Q2 2023

Uber

Bei den Quartalszahlen zum Q2 2023, welche am 1. August gemeldet wurden, überzeugte Uber. Die Umsätze legten im Jahresvergleich um 14 % auf 9,2 Milliarden USD zu und die absolvierten Fahrten lagen bei 2,3 Milliarden – ein Plus von 22 % im Vergleich zum Vorjahr. Im Schnitt führt Uber 25 Millionen Fahrten pro Tag durch.

Zudem gelang es dem Unternehmen zum ersten Mal in der Unternehmensgeschichte, eine positive operative Marge von 3,5 % und ein positives operatives Ergebnis von 326 Millionen USD zu erzielen. Weiterhin lag der frei verfügbare Cashflow bei über 1 Milliarde USD. In der Analystenkonferenz zu den Quartalsergebnissen stellte das Management zudem die Prognose auf, dass man in keinem der zukünftigen Quartale mehr operative Verluste schreiben werde.

Die Zahlen wurden von der Börse positiv aufgenommen, wohl nicht zuletzt wegen eines positiven Ausblicks auf das nächste Quartal.

Lyft

Lyft meldete am gestrigen 8. August durchwachsene Zahlen für das abgelaufene Quartal. Die Aktie reagierte sehr volatil. Nach einem zwischenzeitlichen Anstieg von fast 20 % drehte die Aktie noch ins Minus.

Die Umsätze konnten im Jahresvergleich um lediglich 3 % gesteigert werden, der Bereich Ridesharing legte um 18 % zu. Der Nettoverlust lag bei 114,3 Millionen USD und wurde somit im Vergleich zum Vorquartal (187,6 Millionen USD) und dem Vorjahreszeitraum (377,2 Millionen USD) deutlich reduziert. Die Marge lag bei -11,2 % und die adjustierte EBITDA1 Marge war mit 41 Millionen USD erneut positiv.

Der Ausblick fiel optimistisch aus. Lyft erwartet für das nächste Quartal Umsätze von 1,13 bis 1,15 Milliarden USD. Die Schätzungen lagen bei 1,08 Milliarden. Das adjustierte EBITDA wird in einer Spanne zwischen 75 bis 85 Millionen USD erwartet und damit deutlich über den Schätzungen von 47 Millionen USD.

Das Management äußerte sich sehr positiv zu den Aussichten für das restliche Geschäftsjahr.

Der Rideshare-Markt wächst. Wir hatten ein solides zweites Quartal und sehen starkes Momentum bei den Fahrten im aktuellen Quartal und in der zweiten Jahreshälfte.

Erin Brewer, CFO von Lyft

Die letzten beiden Geschäftsjahre

Vergleicht man nochmal die Jahresergebnisse der beiden Mobilitätsunternehmen, kann man beispielsweise feststellen, dass Lyft von 2021 auf 2022 nur um 28 % wuchs, während die Umsätze bei Uber um rund 90 % gesteigert wurden. Beim Verlust lag Uber allerdings auch deutlich in Führung. CEO Dara Khosrowshahi begründete den hohen Verlust damit, dass sich das Unternehmen das billige Geld zu Nutzen gemacht habe. Mit der Profitabilität im letzten Quartal bewies er nun, dass er das Unternehmen zuletzt perfekt an die jeweilige Notenbankpolitik angepasst hat.

Insbesondere beim Blick auf das adjustierte EBITDA und die adjustierte EBITDA-Marge wird deutlich, dass Lyft nach einem profitablen Jahr 2021, 2022 wieder deutliche Verluste hinnehmen musste.

eigene Darstellung – Quelle: uber.com und lyft.com

Die Schattenseite der Medaille: die Uber Files

Uber hat in den letzten Jahren im Sturm nahezu die ganze Welt erobert und das in einem Markt, der in vielen Ländern stark reguliert war. Nach Dokumenten, die der englischen Zeitung “The Guardian” zugespielt wurden und welche als Uber Files bekannt wurden, war dieser Siegeszug nur möglich, da das Unternehmen auf zahlreiche Politiker und deren jeweilige Politik massiven Einfluss nahm.

Bei den Uber Files handelt es sich um mehr als 120.000 Dokumente aus den Jahren 2013-2017, die von einem Insider an die Medien übermittelt wurden. Sie beinhalten insbesondere die unternehmensinterne Kommunikation in Bezug auf die Strategie zur Eroberung der europäischen Märkte. Die Auswertung der Dokumente dauerte mehrere Monate und es arbeiteten wohl über 180 Journalisten daran, die wichtigsten Inhalte herauszuarbeiten.

Die Journalisten stellten unter anderem fest, dass der heutige französische Staatspräsident Emmanuel Macron – damals noch Wirtschaftsminister – bei Behörden in Marseille interveniert haben soll, nachdem diese die Nutzung von Uber verboten hatten. Das Verbot wurde wenige Tage später gekippt.

Zudem soll die niederländische EU-Kommissarin Neelie Kroes Treffen zwischen Spitzenpolitikern der Niederlande und Uber organisiert haben, obwohl diese aufgrund interner Regelungen in dieser Zeit keine Lobby-Aktivitäten hätte durchführen dürfen. Später stieg die EU-Politikerin offiziell als Beraterin bei Uber ein.

Auch in Deutschland soll Uber mit einer aggressiven Lobbykampagne seit 2014 versucht haben, Einfluss auf die Politik zu nehmen. Die Erfolge waren allerdings überschaubar. Das Personenbeförderungsgesetz wurde schließlich erst im Jahr 2021 geändert, wovon auch Uber profitieren konnte.

Uber äußerte sich zu den Vorwürfen in Zusammenhang mit den Uber Files relativ offen und spricht von unentschuldbarem Handeln der damaligen Verantwortlichen. Das Unternehmen habe die Vorwürfe intern umfassend untersucht und diese hätten zurecht weltweite Beachtung gefunden.

Darüber hinaus muss sich das Unternehmen bereits seit Jahren den Vorwurf gefallen lassen, man würde die eigenen Fahrer ausbeuten. In den USA gibt es regelmäßig neue Gerichtsverfahren, in denen das Unternehmen verhindern möchte, dass es die Fahrer als Mitarbeiter fest anstellen muss. Bislang werden die Fahrer in vielen Bundesstaaten als selbstständige Unternehmer gesehen und müssen sich somit selbst versichern.

Zudem wurde die sogenannte “Take Rate” also der Prozentsatz, den die Fahrer an das Unternehmen für die Nutzung der Plattform abtreten müssen, in den letzten Jahren immer weiter erhöht. Sie stieg von rund 23 % im Jahr 2020 auf mittlerweile 29,3 % im Q2 2023. Von diesen gut 70 % müssen die Fahrer noch Spritkosten, Steuern und den Abtrag ihrer Fahrzeuge abziehen. Bei den aktuellen Fahrzeug und Spritpreisen sollte jedem klar sein, dass anschließend für die Fahrer nicht mehr all zu viel übrig bleiben kann.

Wird Uber zur Super-App?

Im Oktober 2019 sprach das Unternehmen davon, man wolle die Super-App des Westens werden. Die Entwicklung dieser Strategie habe sich aber durch die Covid-Pandemie verlangsamt.

Im April 2022 bot Uber UK in diesem Zusammenhang erstmals auch Flüge, Zugverbindungen und Busverbindungen an. Zudem sollen auch Hotelzimmer und Mietwagen gebucht werden können.

Das Angebot ist für britische Uber-Kunden scheinbar auch nach wie vor nutzbar. Auf der Website von Uber UK wird man von folgendem Slogan empfangen:

Go anywhere –

Same app, more ways to travel – and get 10 % back in Uber credits* on train, coach, Eurostar and car hire bookings.

uber.com/gb/en/u/travel-uk/

Bei einer Buchung von Zug- und Busverbindungen oder Hotel- und Mietwagenbuchungen erhält man in Großbritannien also auch noch 10 % als Uber-Guthaben zurück.

Bislang ist allerdings noch nichts darüber bekannt, ob Uber das britische Pilotprojekt auch in anderen Ländern ausrollen will.

Ende Mai gab es noch eine weitere Meldung, welche die Zukunft von Uber möglicherweise entscheidend mitgestalten könnte. Das Unternehmen gab bekannt, dass man in Sachen Forschung und Entwicklung von autonomen Fahrzeugen nun mit der Google-Tochter Waymo kooperiere. Hierzu soll eine noch unbekannte Anzahl an autonomen Taxen von Waymo über die Uber-Plattform angeboten werden.

Teste Goldesel Premium 14 Tage kostenlos

Du willst tägliche Marktupdates, Tradingideen, Echtgelddepots und bei einer der aktivsten Tradingcommunitys dabei sein? Dann teste Goldesel Premium 14 Tage kostenlos und tauche ein in die Welt des aktiven Handels.

Jetzt kostenlos testen

Fazit

Letztlich kann gesagt werden, dass Uber in Bezug auf die reine Unternehmensgröße, die Markenbekanntheit, aber auch die operative Entwicklung im Vergleich mit Lyft klar die Nase vorne hat. Insbesondere beim Umsatz wächst Uber (14 %) deutlich schneller als Lyft (3 %), und das, obwohl das Unternehmen bereits deutlich größer ist. Auch die Profitabilität von Uber kann überzeugen, während Lyft nur nach mehrfacher Bereinigung der Zahlen beim adjustierten EBITDA1 die negativen Vorzeichen umkehren kann.

Sollten in Bezug auf die Arbeitsverträge für Fahrer irgendwann verschärfte Restriktionen eingeführt werden, könnte Uber vielleicht sogar langfristig vom verstärkten Gegenwind für Lyft profitieren, da man lange nicht so abhängig von den USA ist wie der Konkurrent. Natürlich wären diese Änderungen aber auch für Uber alles andere als wünschenswert.

Auf dem Weg zur Super-App hat Uber allerdings noch einige Meter zu gehen. Mit dem britischen Pilotprojekt deckt man zwar einen Großteil der Mobilität ab, allerdings könnte man wohl sagen, dass zu einer Super-App zumindest noch eine Payment-Lösung hinzukommen müsste. Spannend erscheint allerdings die neue Kooperation mit Waymo in Bezug auf autonome Taxis. Sollte es Uber mittelfristig gelingen, die Kosten für die Fahrer mit autonomen Fahrzeugen zu beseitigen, wäre das für die Marge und alle weiteren Kennzahlen wohl ein enormer Booster.

Uber ist eine weltbekannte Marke und hat den Taxi-Markt in vielen Ländern der Erde disruptiert. CEO Dara Khosrowshahi und sein Unternehmen haben zudem in den letzten Quartalen unter Beweis gestellt, dass sie sich hervorragend den sich verändernden Marktbedingungen anpassen können.

Anzumerken bleibt noch, dass sich sowohl Uber wie auch Lyft sehr positiv zum aktuellen Momentum im Markt für Ridesharing geäußert haben.

Ihr wolltet schon immer mal wissen, was es mit den großen drei Ratingagenturen auf sich hat? Dann ist dieser Artikel genau das richtige für euch.

Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte

Der Autor ist in den folgenden besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse investiert: Uber

Das könnte Dich auch interessieren

Mehr von Michael Flender zu den erwähnten Instrumenten

Keine Artikel gefunden

Über den Experten

Michael Flender
Michael Flender

Michael Flender ist seit dem Jahr 2007 hauptberuflich als Trader an der Börse tätig. Seine Schwerpunkte liegen auf dem Handel von Aktien mit einem meist mittelfristigen Zeithorizont. Hierbei berücksichtigt er sowohl den Nachrichtenfluss und die operative Entwicklung als auch die charttechnischen Trends. Gelegentlich führt er auch Short-Positionen oder kurzfristige Trades vor oder nach den regulären Handelszeiten durch. Seit 2020 ist er zudem vermehrt in den sozialen Medien aktiv und teilt täglich aufregende Neuigkeiten und Entwicklungen im Bereich Börse. Zusätzlich dazu verwaltet er auf der Plattform Goldesel.de mehrere Echtgelddepots und vermittelt dort auch die Prinzipien eines nachhaltigen Aktienhandels.

Mehr Experten