Kommentar
14:18 Uhr, 16.02.2021

Auch Mario Draghi wird bei der EZB keinen Schuldenerlass für Italien erreichen

Und es ist auch nicht nötig, abgesehen von der rechtlichen Unmöglichkeit - kaum einer wird das besser wissen als er.

Der Meister des europäischen Quantitative Easing hatte unter anderem auch durchgesetzt, dass auslaufende Anleihen durch neue ersetzt werden (also wenn eine Anleihe fällig wird, bekommt die EZB vom Staat die Rückzahlung und reinvestiert diese direkt wieder in neue Anleihen.) Ich behaupte, dass dies auf ewig geschehen wird, und jeder der intensiv darüber nachdenkt wird darauf kommen, dass es kaum anders möglich sein wird.

Wenn man dies als Prämisse setzt , dann bedeutet dies, dass die von der EZB gekauften Schulden zwar FORMAL bestehen, aber nicht mehr effektiv.

Warum?

  • Erstens befinden sich die Anleihen in den Bilanzen der jeweiligen nationalen Zentralbanken, d.h. Die Bundesbank kauft Bundesanleihen, die italienische Zentralbank kauft italienische etc.
  • Zweitens gehören die Zentralbanken den jeweiligen Staaten. Wenn nicht immer de jure, dann sicher de facto.
  • Drittens: Insofern noch Zinsen gezahlt werden, fließen diese also anteilig den eigenen Zentralbanken zu, die Gewinne der Zentralbanken wiederum können an die nationalen Staaten ausgezahlt werden.
  • Viertens folgt aus all dem als praktische Konsequenz: Die Staaten schulden sich selbst das Geld.

Hier im Anhang eine internationale Übersicht, Stand November 2020. Es ist ein internationales Phänomen. In Japan sind bereits mehr als die Hälfte der Staatsschulden "monetarisiert" worden.

Japan hat offiziell Staatsschulden in Höhe von 240 % des BIP - effektiv sind es aber nur gut 120 %...

Eine offizielle Entschuldung der Staaten derart, dass die Zentralbank formal auf ihre Forderungen verzichtet ist rechtlich völlig ungeklärt, würde nur Probleme schaffen und Vertrauen untergraben, real aber nahezu nichts ändern. Für wahrscheinlicher halte ich, dass in Statistiken zur Staatsverschuldung der Anteil in den Zentralbanken irgendwann mal herausgerechnet wird. Oder man gibt eine "offizielle" und eine "effektive" Staatsverschuldung an.

3 Kommentare

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  • Tom66
    Tom66

    "...bedeutet dies, dass die von der EZB gekauften Schulden zwar FORMAL bestehen, aber nicht mehr effektiv."

    Das sind doch (in diesem Fall italienische) Taschenspielertricks, oder?

    Und wo geht der Wert des Geldes hin? Was steht dem REAL gegenüber? Interessanter Artikel, doch ich hätte mir gewünscht, dass etwas weiter- bzw. zuendegedacht wird. Vielleicht gibt's ja noch 'nen zweiten Teil?

    16:55 Uhr, 16.02.2021
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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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