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14:31 Uhr, 03.05.2024

Arbeitgeber lehnen Schlichterspruch im Bau-Tarifkonflikt ab

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones) - Die Arbeitgeberseite hat in den Lohn- und Gehaltstarifverhandlungen im Bauhauptgewerbe den Schlichtungsspruch abgelehnt. Das erklärte der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes gemeinsam mit dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. Der Schlichtungsspruch vom 19. April habe die satzungsgemäß erforderliche Mehrheit nicht erreicht. Als Gründe nannte die Arbeitgeberseite rechtliche Bedenkung und ein zu hoher Abschluss angesichts der aktuellen Baukrise.

"Der Schlichterspruch weist leider schwere Mängel auf, die einer Zustimmung entgegenstehen. Dies betrifft etwa die einheitliche Festlegung aller Ausbildungsvergütungen im ersten Ausbildungsjahr", sagte Uwe Nostitz, Verhandlungsführer der Arbeitgeber. Diese führe bei den technisch-kaufmännischen Vergütungen dazu, dass die Ausbildungsvergütung im 2. Ausbildungsjahr unter der des 1. liegen würde. Dies sei ein "klarer Verstoß" gegen das Berufsbildungsgesetz. Dort werde für jedes Ausbildungsjahr steigende Ausbildungsvergütungen zwingend vorgeschrieben.

"Dieser Fehler hätte vermieden werden können, wäre der Schlichter unserem Vorschlag, auch die Vergütung der übrigen Ausbildungsjahre zu erhöhen, gefolgt", so Nostiz. Auch in Sachen Ost-West-Angleichung gebe es ein absurdes Ergebnis. Denn ab dem nächsten Jahr sollte der Lohn in der Lohngruppe 1 im Osten höher sein als im Westen.

Außer den rechtlichen Mängeln verkenne der Schlichterspruch zudem die aktuelle konjunkturelle Situation. Über alle Sparten hinweg verzeichne der Sektor eine real negative Umsatzentwicklung. "Der Wohnungsbau steckt zudem in einer tiefen Krise. Diese baukonjunkturelle Realität spiegelt sich leider in dem tendenziell sehr hohen Schlichterspruch nicht wider, wohl aber die Hoffnung auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation. Hoffnung allein rettet aber keine Existenzen in der Krise", betonte Nostitz.

Jutta Beeke, Vizepräsidentin des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie und alternierende Vorsitzende der Verhandlungskommission, kritisierte, dass man bei der Ost-West-Angleichung kaum vorangekommen sei. "Auch der von der Gewerkschaft geforderte Respekt ist auf der Strecke geblieben. In einigen Lohngruppen gab es durch den Festbetrag zu hohe, in anderen nur relativ geringe Erhöhungen", so Beeke. Das könne man als Arbeitgeberseite so nicht verantworten. Fair sei eine einheitlich prozentuale Erhöhung für alle. Nicht nachvollziehbar sei auch der Verzicht auf tarifliche Entgeltumwandlung, etwa die Möglichkeit von Firmenrad-Leasingangeboten, als attraktiven Vergütungsbestandteil.

Der Schlichterspruch sah eine Erhöhung der Tariflöhne und -Gehälter ab 1. Mai 2024 um 250 Euro und ab 1. April 2025 im Tarifgebiet West um 4,15 Prozent und im Tarifgebiet Ost um 4,95 Prozent vor. Die Laufzeit hätte 24 Monate betragen.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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