Kommentar
15:10 Uhr, 30.08.2024

Anleger bleiben irrational

Nur weil die Wirtschaft läuft, muss mit dem Aktienmarkt nicht alles in Ordnung sein. Das galt vor dem Rücksetzer vor einem Monat und gilt inzwischen schon wieder.

Um es gleich vorwegzunehmen: Ich sage keine Korrektur für den US-Aktienmarkt voraus. Kurzfristig hat der Markt mehr Rücken- als Gegenwind. Das gilt selbst jetzt, da die zwei schwierigsten Monate des Jahres (September, Oktober) bevorstehen. Auch Nvidias Quartalszahlen, die für einen kleinen Kursrutsch bei Chipwerten sorgten, werden bald verdaut sein. Mittel- bis langfristig hat der US-Aktienmarkt aber weiterhin ein Problem. Dies offenbart sich nicht auf den ersten Blick.


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Die Zahlen für den S&P 500 sind auch alles andere als schlecht. Die Umsätze der S&P-500-Unternehmen liegen im Bereich von 16 Billionen USD. Der dazugehörige Gewinn steuert auf zwei Billionen USD zu (Grafik 1). Der Trend ist ermunternd. Vor allem beim Gewinn sind die regelmäßigen Rücksetzer nicht zu übersehen. Ebenso offensichtlich sind die darauffolgenden neuen Hochs. Dreht der Trend erst nach oben, hält er meist für längere Zeit an.

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Der Gewinn konnte in den zurückliegenden Quartalen stärker zulegen als der Umsatz. Das bedeutet, dass Unternehmen ihre Gewinnmargen steigern konnten. Sie liegen wieder über dem Hoch, welches 2019 vor Pandemiebeginn erreicht wurde. Auch hier zeigt sich unter Schwankungen ein langfristiger Aufwärtstrend. Firmen gelingt es, aus jedem Dollar Umsatz mehr Gewinn herauszuholen (Grafik 2).

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Genau hierin liegt ein Problem. Gewinnmargen lassen sich nicht ewig steigern. Den Trend der letzten Jahre einfach in die Zukunft zu extrapolieren, ist zwar einfach, jedoch nicht korrekt. Gewinnmargen sind über viele Jahrzehnte zyklisch, auch ganz unabhängig von konjunkturellen Schwankungen. Einem jahrzehntelangen Aufwärtstrend folgen viele Jahre Abwärtstrend. Wer sich das nicht vorstellen kann, denke nur an mögliche Steuererhöhungen unter Präsidentin Harris. Plötzlich könnten die Margen einen Prozentpunkt tiefer stehen. Lies dazu auch den Artikel meines Kollegen Daniel Kühn.

Anleger erwarten implizit, dass die Margen weiter steigen und Umsätze unvermindert wachsen. Anders lässt sich eine der höchsten Bewertungen auf Basis der erwarteten Gewinne kaum erklären. Anleger bewerten den S&P 500 heute nur unwesentlich günstiger als kurz vor dem Platzen der Internetblase (Grafik 3).

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Fallen das Umsatzwachstum und Margenausweitung geringer aus, haben Anleger ein Problem. Sie haben zu viel Wachstum eingepreist. Das zu korrigieren bedarf mehr als einen Rücksetzer von 5 bis 10 %. Es kommt sogar noch schlimmer. Die Umsatzentwicklung sieht zwar gut aus, doch der Schein trügt. Firmen steigern ihre Umsätze langsamer als die Wirtschaftsleistung wächst (Grafik 4).

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Die Wirtschaft wächst derzeit mit nominal 5 %. Mit zurückgehender Inflation geht auch das Wachstum auf 3,8 bis 4 % zurück. Der Umsatz je Aktie wächst langsamer, ungefähr 0,3 bis 0,5 Prozentpunkte langsamer. Wächst der Umsatz zukünftig nur noch mit 3,5 %, steigen die Gewinne selbst bei leichter Margenausweitung um 4 %. 4 % Gewinnwachstum ist schlichtweg zu wenig, um eine rekordhohe Bewertung zu rechtfertigen. Irgendwann kommt wieder Vernunft auf. Zum Glück für Anleger ist der Moment nicht jetzt.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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