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11:36 Uhr, 04.05.2001

Analysten: Tendenz aufwärts oder in den Keller?

Marktbeobachter und Analysten sehen die mittelfristige Performance der Indices, Branchen und der wirtschaftlichen Entwicklung momentan geteilt:

Der Präsident der Fed in San Francisco, Robert Parry, äußert sich zuversichtlich zur wirtschaftlichen Lage in den USA. Die Wachstumsverlangsamung würde seiner Meinung nach keine Inflation erzeugen, da übermäßige Kapazitäten gegen Preiseerhöhungen schützen würden. Laut Parry sei die Sorge um eine Inflation nicht wichtig für die Zukunft.

Parry ist der Meinung, dass die Wachstumsverlangsamung in den vergangenen Monaten weitere Kapazitäten freischaufeln werde, welche gegen eine Inflation dämpfend wirken würden. Ebenfalls sieht er die Stärke im Dollar gegenüber den anderen Hauptwährungen als einen stützenden Pfeiler hinsichtlich einer möglichen inflationären Entwicklung. Parry hält es für möglich, dass das starke Wachstum in den letzten Quartalen darüber hinaus ein Übermaß an High-Tech-Gütern produzierte. Parry zeigt sich besorgt über die Lage in Japan. Die leichtere monetäre Politik habe zu einer Besserung beigetragen, doch die Besorgnis des Fed-Präsidenten für den asiatischen und besonders für den japanischen Raum sei immernoch hoch.


Steve Milunovich, Analyst bei Merrill Lynch, äußerte sich kritisch über die aktuelle Situation an den Technologie-Märkten. Die Börsen seien aktuell noch in einem Bärenmarkt, und einen Boden auszumachen sei ein schwieriges Unterfangen, so Milunovich. Der Analyst teilte seine Ansichten auf der Merrill Lynch Hardware Technology Konferenz mit. So sei es noch zu früh, einen Boden auszumachen und es würde noch einige Zeit dauern, um definitves sagen zu können, so Milunovich weiter. Ein weiterer Sprecher an der Konferenz war der CEO von Brocade Communications Systems, Greg Reyes. "Es sieht viel besser aus als es tat", so Ryes. Der CEO des zweitgrößten Chip-Herstellers AMD sieht den gesamten Halbleiter-Sektor kurz vor eine Boden, welcher die Abwärtsbegung, welche seit Herbst letzten Jahres andauerte, beenden würde. Der weltweite Absatz von Computer-Chips fiel im März um 7% gegenüber dem Stand vom Februar, als ein weltweites Überangebot und eine schwächere Weltwirtschaft den Sektor weiter ausbremste. Dies gibt die Semiconductor Industry Association bekannt.


Die um 14:30 Uhr gemeldeten Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung wurden wider Erwarten höher ausgewiesen. Die Schätzungen gingen von einem Rückgang von 8000 Anträgen aus, tatsächlich wurde ein starker Anstieg vermeldet. Die Daten der Woche vom 21. April wurden auf 412.000 Anträge korrigiert. Der aktuelle Stand der letzten Woche indiziert einen weiteren Anstieg um 9000 Anträge, insgesamt wuchs die Liste somit auf 421.000 Anträge. Die 4-Wochen-Durchschnittslinie verläuft aktuell bei 405,500, was den höchsten Stand seit dem 10. Oktober, 1992 repräsentiert. Laut CNBC deutet besonders ein Durchschnittswert, welcher über 400.000 Anträgen liegt, auf eine Verlangsamung des Wachstums der US-Wirtschaft und auf weit geringere Löhne im Mai hin. Diese Zahl könnte ein weiterer negativer Faktor hinsichtlich des Konsumentenvertrauens sein. Mit einem Stand von 421,000 Erstanträgen erreicht die Marke bedrohlich das Rekordniveau vom März 1996, wo die Zahl bei 428,000 lag.


Rick Sherlund, Analyst bei Goldman Sachs, meldete sich heute auf dem amerikanischen Finanzsender CNBC über den Software-Sektor zu Wort. Der Analyst ist zunehmend positiv dem Segment gegenüber eingestellt. Er ist darüber hinaus der Überzeugung, dass Europa nicht ähnlich wie die USA unter einem solch extremen Rückgang der Ausgaben im Tec-Sektor zu leiden haben wird. Die Budgets der Firmen für IT-Ausgaben sollten laut Sherlund in der nächsten Zeit wieder anziehen können. Die Summen der Ausgaben in diesem Feld sollten in diesem Jahr um 5% anwachsen nachdem im letzten Jahr das Wachstum mehr als doppelt so hoch bei 12% lag. Das schlimmste sollte laut Sherlund in der US-Wirtschaft hinsichtlich der "Visibility" vorüber sein. Es scheint dem Analsten, als dass sich die Zuversicht der Investoren im IT-Sektor wieder zum guten wenden würde.


Gemischte Analystenstimmen gab es heute für den Softwaresektor.

Zunächst erklärte Rick Sherlund von Goldman Sachs, daß er relativ optimistisch für den Softwaresektor eingestellt sei. In letzter Zeit gebe es wieder eine stärkere Produktnachfrage, so daß die Unternehmen nicht gezwungen seien, die Lagerbestände radikal abzubauen, so Sherlund.
Außerdem glaube er, daß der Sektor schneller als andere Hightechbereiche wieder auf die Beine kommen werde. Die Befürchtung, die USA werde demnächst in eine Rezession abgleiten, teile er nicht. Zudem werde nach Sherlunds Worten der Wirtschaftsabschwung in Europa wesentlich milder ausfallen als wir es in den USA gesehen haben.
Sherlund erklärte die Aktien von Siebel Systems, Microsoft, BEA Systems und Veritas Software zu seinen Favoriten. Demgegenüber prognostizierte der Analyst Drew Brosseau von der SG Cowen Investoren, daß sich die jüngste Nachfrageschwäche in der Softwarebranche fortsetzen werde. Momentan gebe es keine Anzeichen für eine Trendwende, so Brosseau. Insbesondere für die Unternehmen Oracle, das zweitgrößte Softwareunternehmen weltweit, und Verity werde es in nächster Zeit weiter "kritisch" werden, so der Analyst.

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