Analyse
10:45 Uhr, 31.05.2021

AMC - Wer "zockt hier wen ab"?

Nach Gamestop Anfang des Jahres wird aktuell die AMC-Aktie in den sozialen Medien gepusht! Können die privaten Trader den Spieß wirklich einmal umdrehen oder merkt man nur nicht, dass man schon wieder der Dumme ist?

Erwähnte Instrumente

  • AMC Entertainment Holdings Inc - WKN: A3D7MZ - ISIN: US00165C3025 - Kurs: 26,120 $ (NYSE)

Die privaten Trader haben die AMC-Aktie für sich wiederentdeckt und zocken und diese erneut hoch und runter. Im frühen Montagshandel gab es bereits mehr als 2.000 abgeschlossene Handelsgeschäfte auf Tradegate. Zum Vergleich, die Bayer-Aktie als bester Dax-Wert kommt momentan auf ca. 1.150 Trades und das auch nur aufgrund ihrer aktuellen News. Die Deutsche-Post-Aktie ist die zweitmeiste gehandelte DAX-Aktie auf Tradegate und kommt gerade einmal auf 300 Transaktionen. Wenn wir jetzt noch einen Blick auf den aktuellen Chart von AMC werfen, dürfte klar sein, warum ich das Wort „zocken“ benutzt habe:

AMC-Wer-zockt-hier-wen-ab-Chartanalyse-Rene-Berteit-GodmodeTrader.de-1

Die Background-Story

Hintergrund der hohen Handelsaktivität ist eine neu entdeckte Spielart privater Trader. Gemeinsam stürzt man sich, indem man sich über die sozialen Medien verabredet, auf Aktien, die eine hohe Shortquote aufweisen. In dem man den Kurs nach oben treibt, so die Theorie, zwingt man die auf fallende Notierungen setzenden, meist institutionellen Anleger zum Handeln. Diese müssen ihre Positionen eindecken und treiben so den Kurs weiter nach oben. Erstmals Ruhm erlangte diese Spielart des Tradings Anfang des Jahres in der Gamestop-Aktie und auch damals entdeckten Anleger erstmals die AMC-Aktie für sich (siehe Chart oben).

AMC-Wer-zockt-hier-wen-ab-Chartanalyse-Rene-Berteit-GodmodeTrader.de-2

Denn sie wissen nicht, was sie tun!

Irgendwie fühlt sich diese Art des sozialen Tradings gut an. Man kann mit seinem Investment sehr viel Geld in kurzer Zeit verdienen und gleichzeitig den großen, den Big Boys noch so richtig eins auswischen und den Spieß umdrehen. Schließlich sind es meist die großen Player, die ihre Gewinne auf Kosten der kleinen Trader erzielen und genau hier sind wir beim springenden Punkt. Ich bin mir relativ sicher, dass auch bei diesem Spiel in AMC am Ende nur einer bluten wird und das ist der private Trader, der beispielsweise heute den Aktienkurs von AMC um über 17 % nach oben treibt.

Wenn dies zutrifft, liefern die Big Boys aktuell ihr Meisterstück ab. Sie lassen die privaten Trader ins offene Messer laufen und geben diesen sogar noch ein Gefühl, alles richtig gemacht zu haben und dieses Mal den Spieß umdrehen zu können. Der private Trader wird viel Geld verbrennen und sich trotzdem als Sieger fühlen. Eine perfekte Basis, um das Spiel in den nächsten Wochen und Monaten so oft es geht, zu wiederholen.

Warum könnte der private Trader der Verlierer sein?

Vielleicht werden Sie sich fragen, wie ich auf diese Idee komme. Schließlich sind es doch die institutionellen Shorties, die momentan richtig bluten, während die Käufer von AMC aktuell je nach Einstiegspreis dick im Plus stehen sollten.

Auf der Suche nach einer Antwort werfen wir zunächst einen Blick auf die Aktienstatistik von AMC, genauer gesagt auf den FreeFloat & CO. Die folgende Grafik ist Yahoo-Finance entnommen. Für die gängigsten deutschen, europäischen und amerikanischen Aktien können Sie eine solche Statistik auch unserem Guidants-Widget: Key-Facts entnehmen. Für AMC liegen uns jedoch keine Daten vor. Kommen wir nun zum ersten wichtigen Punkt: die Aktie ist ein relativ kleiner und überschaubarer Wert. Sie gehört nicht zu den international namhaften und bekannten Aktien, die man in jedem Portfolio wieder finden wird.

AMC-Wer-zockt-hier-wen-ab-Chartanalyse-Rene-Berteit-GodmodeTrader.de-3

Dieser Aspekt ist unheimlich wichtig, denn im zweiten Schritt schauen wir uns an, wer die Aktien besitzt. Wir können erkennen, dass ca. 26 % aller frei verfügbaren Aktien in der Hand von Institutionen sind. Tatsächlich lag im Mai eine Shortquote von gut 21 % vor. Das passt zum angesprochenen Spiel privater Trader, sich gemeinsam gegen diese Leerverkaufspositionen zu stellen.

Das große Problem dabei ist jedoch die Frage, wer besitzt eigentlich Aktien von AMC. Wer sich dafür interessiert, kann dafür ebenfalls unser Guidants-Widget: Key Facts bemühen, auch wenn hier die Daten von Yahoo stammen:

AMC-Wer-zockt-hier-wen-ab-Chartanalyse-Rene-Berteit-GodmodeTrader.de-4

An der Spitze der größten institutionellen Inhaber von AMC stehen mit wie Vanguard und Blackrock einige der größten Vermögensverwalter der Welt. Bereits hier sollten Sie stutzig werden. Wer mag wohl von einem Kursanstieg von mehr als 150 % in gerade einmal fünf Handelstagen am meisten profitieren? Von wem kauft der private Trader momentan wahrscheinlich Aktien und wer macht an dieser Stelle mit jedem neuen Hoch weiter Kasse? Ist es wirklich der private Trader, der sich freuen kann oder ein Unternehmen wie Vanguard, deren Vermögen in AMC sich gerade verdoppelt hat?

Der ganz große Clou!

Für den letzten Schritt meiner Überlegungen ist es wichtig, einen Blick auf die Funktionsweise des Marktes bzw. die Arbeitsweise von Market-Makern zu werfen. Ich hatte in den vergangenen Tagen einige Videos dazu auf meinem Guidants-Desktop gepostet. Kurz zusammengefasst ist das Spiel einfach erklärt: die Kurse werden mit legalen Mitteln (hoffen wir einmal) manipuliert. Das Auslösen von Short-Squeezes gehört dabei zum beliebtesten und profitabelsten Spiel der Markert Maker. Die Big Boys positionieren sich früh und besitzen einen hohen Aktienanteil (wie hier in AMC). Dann brauchen Sie unbedingt Käufer, die den Kurs nach oben treiben und an die sie die eigenen Anteile verkaufen können. Potenziell kann man sogar auf beiden Seiten mitspielen und oben eigene Shortpositionen ausbauen. Auch hierzu wird jedoch eine Gegenpartei gebraucht, die einem die Liquidität gibt. Je mehr Gegenspieler es gibt, desto besser, weil damit auch die Liquidität wesentlich größer ist. Mehr Liquidität heißt mehr handelbare Aktien und das heißt mehr Gewinn! Vanguard und Blackrock haben zusammen fast 15 % Marktanteil an AMC. Um das alles loszuwerden, braucht man viel Liquidität auf der anderen Seite und früher musste man diese selbst schaffen, indem man die Aktie pusht. Heute machen dies die privaten Trader über die sozialen Medien anscheinend selbst. Herrlich! Der Market Maker hat es jetzt noch einfacher und muss sich nicht einmal Vorwürfe machen. Die Privaten schießen sich selbst ins Aus!

Mitzocken oder nicht?

Ob in der AMC-Aktie aktuell genau dieses Spiel läuft, weiß ich natürlich nicht mit absoluter Sicherheit. Ich gehe jedoch davon aus, dass sich Unternehmen wie Blackroch & Vanguard nicht „die Butter vom Brot nehmen lassen“. Bei privaten Anlegern sieht das meist leider ganz anders aus. Während Aktien wie AMC und Gamestop für die Profis einmalige Gelegenheiten darstellen, in kurzer Zeit viel Geld zu verdienen, war in den sozialen Medien bei privaten Tradern oftmals davon zu lesen, dass man zum Kampf aufgerufen hat. Aussagen wie „ich werde meine Aktie niemals verkaufen“ waren vermehrt zu lesen und darüber freut sich jeder Profi. Sie selbst haben es in der Hand, ob sie sich erneut ausnehmen lassen oder nicht!

Unabhängig davon, ob dieser Artikel bei AMC ins Schwarze trifft oder nicht, wäre ich als privater Trader lieber vorbereitet und würde im Zweifel davon ausgehen, dass ich hier nicht der King, sondern erneut nur der Spielball der Big Boys bin. Lieber vorbereitet, als am Ende arm! Mit einer solchen Einstellung spricht nichts dagegen, sich an solchen Squeezes zu beteiligen. Im Gegensatz zu vielen blauäugigen privaten Tradern weiß man jedoch, worauf man sich einlässt. Hier wird „eine Cash Cow durchs Dorf getrieben“ und man sollte nicht der letzte sein, der in AMC einsteigt.

Ich bin fest überzeugt, dass sich die Big Boys momentan über die hohe Liquidität freuen und fleißig verkaufen. Tradingtechnisch ist jetzt der Zeitpunkt, Kasse zu machen und nicht Vollgas zu geben. Dabei interessiert es relativ wenig, wie weit die Aktie noch laufen wird, denn die Big Boys sind längst voll investiert. Diese suchen Verkäufer, gerne auch noch 200 % über dem aktuellen Kurs. Aber den muss einer da oben hintreiben und das sind die privaten Trader!

Aber was, wenn die Big Boys genug haben bzw. einfach keine Stücke mehr haben, die Sie verkaufen können oder wollen? Perfekt für die Privaten, weil der Kurs dann ja weitersteigen kann, da die Gegenwehr kleiner ist? Ich denke nicht! Wäre ich ein großer Player mit so viel Kapital, würde ich versuchen, einen so engen Wert wie AMC nach unten zu manipulieren. Ich würde versuchen, die ganzen privaten Käufer, die auf dem Weg nach oben zugeschlagen haben, in Bedrängnis zu bringen. Wenn der Kurs zu fallen beginnt, werden immer mehr die Reißleine ziehen. Wenn ich oben Shorts aufgebaut habe, ist es genau das, wonach ich suche. Meine Shortposition läuft immer weiter in den Gewinn und je mehr Liquidität auf der Unterseite zu finden sein wird, desto mehr meiner Shorts kann ich zu guten Preisen eindecken und vielleicht sogar wieder Long gehen, um das Spiel von der anderen Seite erneut anzugehen. Und so spielt der Profi die AMC- Klaviatur hoch und runter und profitiert bei jeder Bewegung! Aber wie sieht es mit den Tradern aus, die jetzt zu 25 EUR kaufen?

Viel Erfolg

Rene Berteit

Tradingcoach und Analyst

Passende Produkte

WKN Long/Short KO Hebel Laufzeit Bid Ask
Keine Ergebnisse gefunden
Zur Produktsuche

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Passender Service

Mehr Services

Über den Experten

Rene Berteit
Rene Berteit
Dein Trading-Coach

Über 25 Jahre professioneller Trader und Tradingmentor! Tausende von real durchgeführten Trades in Aktien, Indizes und Währungen! Fast 20 Jahre Mentorin und tausende von zufriedenen Ausbildungsteilnehmern! Diplom Betriebswirt mit Fokus Börse! Das ist unser Trader(mentor) René Berteit, der Ende der 90er die Börse für sich entdeckt hat. Börse, Trading und die Trader-Ausbildung sind für Ihn keine Berufe, sondern seine Berufung und Leidenschaft.

Mehr über Rene Berteit
  • Kurzfristiges Daytrading
  • Tradingcoach
  • Handelsstrategien
Mehr Experten