Aktienmarkt zwischen (noch) positiven Konjunkturimpulsen und EWU-Risiken
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Externe Quelle: Unicredit
Die Q1 Berichtssaison sollte das Bild einer deutlichen Erholung der Unternehmensgewinne bestätigen und den Gewinnschätzungen für 2010 Unterstützung geben. Am 12. April wird Alcoa in den USA die Berichtssaison für 1Q10 eröffnen. Wie üblich besteht in den ersten Wochen davor und danach ein höheres Risiko von Gewinnwarnungen. Die Berichtssaison insgesamt sollte jedoch - insbesondere mit Blick auf den europäischen Aktienmarkt – die Erwartung einer deutlichen Erholung der Unternehmensgewinne im Vergleich zum Vorjahr bestätigen. Die nachfolgende Grafik zeigt die Gewinnschätzungen für den Euro STOXX 50 für verschiedene Kalenderjahre. Seit Beginn des Jahres haben sich die Schätzungen für 2010 und 2011 weitgehend stabil entwickelt (2010: -1,7%, 2011 -1,8%). Für den mittelfristigen Revisionstrend der 2011er Gewinnschätzungen bestehen jedoch ein paar Fragezeichen sollten sich unsere Erwartungen hinsichtlich einer nachlassenden Dynamik der Frühindikatoren bestätigen. Der 12M Forward Gewinn wird auf absehbare Zeit zwar weiter steigen, das Revision Ratio ist jedoch in Q1 schwächer geworden.
Wir sind skeptisch, dass die Berichtssaison neue deutliche und nachhaltige positive Kursimpulse für den Aktienmarkt liefern wird. Die nachfolgende Grafik stellt die Gewinnschätzungen der Aktienkursentwicklung des Euro STOXX 50 gegenüber. Die Grafik verdeutlicht, dass die Aktienkursentwicklung dem Trend der Gewinnschätzungen voraus läuft und nicht umgekehrt. Am letzten oberen Wendepunkt in 2007 hat der Aktienmarkt beispielsweise rund ein halbes Jahr vor dem Gewinntrend das höchste Niveau erreicht. Und auch am unteren Wendepunkt des Aktienmarktes lagen die Tiefstkurse beispielsweise mehrere Monate vor dem Tiefpunkt der Gewinnschätzungen für 2010. Wir sind skeptisch, dass die Berichtssaison dem Aktienmarkt neue nachhaltige positive Kursimpulse liefern kann in einem Umfeld in dem wesentliche Konjunkturindikatoren bereits in der Zone zyklischer Hochpunkte vergangener Zyklen notieren und damit einen hohen Grad an Optimismus signalisieren.
Die Erfahrung aus vergangenen Zyklen zeigt, dass sich im Umfeld zyklischer Hochpunkte in den konjunkturellen Sentiment-Indikatoren das Chance/Risiko-Verhältnis für Aktieninvestments verschlechtert. Die jüngste Verbesserung wichtiger konjunktureller Sentiment-Indikatoren (ISM, PMI, ifo) beinhaltet für Aktienmärkte zwei Botschaften: (1) Trend der Erwartungen: Der erneute Anstieg an sich signalisiert eine intakte Konjunkturerholung und gibt dem Aktienmarkt kurzfristig noch Unterstützung. Für die mittelfristige Perspektive ist jedoch der zweite Aspekt wichtiger. (2) Niveau der Erwartungen: Das erreichte hohe Niveau in vielen konjunkturellen Sentiment-Indikatoren deutet darauf hin, dass viele gute Nachrichten in den Aktienkursen bereits enthalten sind und diese deshalb für Enttäuschungen (relativ zu den Erwartungen) anfälliger werden. Dies gilt sowohl für die Eurozone als auch für die USA. Zu den möglichen Auslösern für Enttäuschungen relativ zu hohen Erwartungen zählen: Wachstumsenttäuschungen wenn die Impulse des Lagerhaltungszyklus nachlassen, unterschätze Wachstums- Belastungen durch notwendige fiskalische Konsolidierungsmaßnahmen, Sorgen vor Zinsanhebungen in Asien, gute Q1 Unternehmensgewinne die aber nicht in der Lage sind zusätzlichen Optimismus auszulösen, Eskalation der Spannungen in der EWU, usw.
Eine mögliche Zuspitzung der griechischen Defizit-Probleme zu einer Glaubwürdigkeitskrise der EWU ist weiterhin ein wesentlicher Risikofaktor für den Aktienmarkt. Während sich der konjunkturelle Rückenwind für die Aktienmärkte in den kommenden Monaten abschwächen wird bleiben die Risiken die von den Spannungen in der EWU ausgehen weiterhin hoch.
Im Folgenden eine aktualisierte Einschätzung zum Thema "EWU und Aktienmarkt":
- Die Beseitigung der Ursachen der Spannungen in der EWU (Staatsdefizite, Verlust an Wettbewerbsfähigkeit) ist ein schwieriger und langwieriger Prozess in dem Rückschläge sehr wahrscheinlich sind. Die erneute Ausweitung der Zinsdifferenz von griechischen Staatsanleihen gegenüber deutschen Bundesanleihen unterstreicht dies. Auch eine Aktivierung des "EU/IWF Support-Mechanismus" für Griechenland würde die Ursachen der Spannungen nicht beheben sondern nur eine Atempause verschaffen.
- Die im aktuellen Umfeld von manchen Kommentatoren ins Spiel gebrachten alternativen Lösungen (z.B. gemeinsame von der EU begebene Anleihen oder eine Garantie der EU für griechische Anleihen) tangieren in vielen Fällen das Fundament der Währungsunion (No- Bailout-Klausel, Unabhängigkeit der EZB, keine Finanzierung der Staatsverschuldung durch das Eurosystem). Eine echte Lösung muss an der Ursache der Probleme ansetzen. Eine Beschädigung des Fundaments der Währungsunion kann keine ernsthafte Option sein. Die Tatsche, dass die deutsche Regierung die Überlegung einer EU-Vertragsänderung zur Einführung der Möglichkeit des Ausschlusses eines EWUMitglieds von der Währungsunion als "ultima ratio" bei fortwährenden Vertragsverletzungen in die Diskussion eingebracht hat unterstreicht, dass Deutschland die Gruppe von Ländern unterstützt die der Bewahrung des institutionellen Rahmens für die Währungsunion eine sehr hohe Bedeutung beimessen.
- Die Unsicherheit belastet den Aktienmarkt, Investoren fordern in diesem Umfeld eine höhere Risikoprämie. In den vergangenen Monaten haben sich deutliche Bewegungen in den CDS-Spreads der EWU-Mitglieder früher oder später in der Performance des Aktienmarktes niedergeschlagen. Es besteht ein klares Risiko, dass sich die Spannungen zu einer Glaubwürdigkeitskrise der EWU zuspitzen könnten in der der Verbleib eines Landes in der EWU ernsthaft in Zweifel gezogen wird (und/oder der Default eines Landes ernsthaft befürchtet wird). Eine solche Entwicklung würde starken Druck auf die Aktienkurse ausüben.
Strategie: Die Kontrolle der Risiken sollten in den kommenden Monaten im Vordergrund stehen. vor dem Hintergrund der Überlegungen zum Umfeld der Aktienmärkte erscheinen uns folgende Aspekte für die Aktienstrategie wichtig:
- Die "Entspannungs-Rally" die wir im Zusammenhang mit den Beschlüssen des EU-Rats am 11. Februar für möglich gehalten haben ist weit fortgeschritten. Unsere mittelfristigen Indexziele wurde erreicht und geringfügig überschritten. In den kommenden Wochen/Monaten wird sich das Chance/Risiko-Verhältnis für Aktieninvestments aus zyklischen konjunkturellen Gründen verschlechtern.
- In der Sektor-Allokation befinden wir uns vor diesem Hintergrund weiter in einem Prozess in dem wir schrittweise die Gewichtung zyklischer Sektoren reduzieren zu Gunsten einer defensiveren Positionierung. Banken haben wir untergewichtet. Je höher Investoren die mit den Spannungen in der EWU verbundenen Risiken einschätzen, desto stärker spricht dies für eine Untergewichtung des Bankensektors. Mit Telecommunications und Utilities haben wir u.a. zwei defensive Sektoren mit hoher Dividendenrendite übergewichtet.
Fazit: Das Chance/Risiko-Verhältnis für Aktieninvestments wird sich in den kommenden Wochen/Monaten aufgrund zyklischer Faktoren verschlechtern. Von den Spannungen in der EWU gehen zusätzliche Risiken aus. Kapitalerhalt sollte im Vordergrund stehen.
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