Kommentar
08:24 Uhr, 09.11.2018

Aktienmarkt: Regiert der Bulle bis 2035?

So manches Investmenthaus sieht den Bullenmarkt noch lange nicht am Ende, sondern bestenfalls bei der Halbzeit. Was ist davon zu halten?

Ein Monat wie Oktober löst Diskussionen aus. Nach fast 10 Jahren Bullenmarkt fragt man sich schon, ob es noch weitergehen kann. Irgendwann muss ja mal Schluss sein. Ein Naturgesetz gibt es dafür nicht. Es gibt keinen Grund, dass ein Bullenmarkt nicht auch 30 Jahre anhalten kann. Es ist nur sehr unwahrscheinlich. Die Diskussionen haben bisher zu keiner eindeutigen Schlussfolgerung geführt. Was man sagen kann, ist bescheiden. Kurzfristig scheint das Schlimmste vorbei zu sein. Ein monatliche Performance wie im Oktober sieht man nicht so häufig. Man muss schon ins Jahr 2011 zurückgehen, um einen Monat zu finden, der so schlecht war wie der Oktober 2018.

Statistisch gesehen kommt so ein Monat alle 2 Jahre vor. Seit dem letzten Mal waren es fast 7 Jahre. Irgendwie war es überfällig. Das Problem mit Durchschnitten ist aber, dass sie die Realität nicht besonders gut widerspiegeln. Im Bullenmarkt gibt es so heftige Drawdowns im Normalfall nicht. Im Bärenmarkt treten sie gehäuft auf und führen zu dem Durchschnitt „alle 2 Jahre.“

Wenn solche Drawdowns auftreten, dann meist gehäuft. Das ist nicht gerade beruhigend. Beruhigender ist da schon, dass der Markt inzwischen in einer schlechten Verfassung ist. Beruhigend ist das, weil damit das Schlimmste vorbei sein sollte. Vergangene Woche notierten nur noch 30 % aller S&P 500 Aktien über ihrer 200-Tagelinie (Grafik 2). Das war in der Vergangenheit ein klares Signal für einen Rebound.


Nimmt man die 50-Tagelinie als Maßstab, waren es zeitweise nur noch 10 % aller Aktien. Schlimmer war es auch 2008/09 nicht. Das gibt Hoffnung auf einen kurzfristigen Rebound. Unterstützt wird diese These auch durch die Statistik. Nach Monaten mit so schlechter Performance wie im Oktober ist ein Rebound relativ häufig.

Das sagt natürlich nichts über die langfristigen Perspektiven des Marktes aus. Nach der Stabilisierung der Kurse treten einige Analysten mit spektakulären Meldungen an die Presse. So etwa, dass der Bullenmarkt bis in die 30er Jahre Luft hat.

Persönlich halte ich von diesen Aussagen wenig. Man kann es einfach nicht wissen. Auf Sicht weniger Jahre kann man einigermaßen solide Aussagen treffen. Auf Sicht von 10 oder 20 Jahren ist es einfach nur ein wilder Gedanke ohne Substanz. Solche Aussagen bekommen viel Aufmerksamkeit, sollte man aber ignorieren.

Wir wissen nicht einmal, ob wir jetzt die Allzeithochs gesehen haben oder eben doch noch nicht. Übermorgen könnten wir bereits im Bärenmarkt sein. Da eine Aussage zu treffen, dass der Bullenmarkt noch 15 oder mehr Jahre laufen wird, ist bestenfalls unseriös.

Autor: Clemens Schmale

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

stock3-Team
stock3-Team
Redaktion

Das stock3-Team:

Gebündelte Expertise in Fachartikeln, Chartanalysen und Videobeiträgen: Das stock3-Team rund um Bastian Galuschka und Floriana Hofmann setzt sich aus erfahrenen Redakteuren und Technischen Analysten zusammen. Kein Bullen- oder Bärenmarkt der letzten Jahre – wenn nicht Jahrzehnte –, kein Crash, kein All-time-High, keine spannenden Börsenthemen also, die sie nicht redaktionell begleitet bzw. selbst gehandelt haben. Regelmäßig analysieren und kommentieren die unabhängigen Experten die Ereignisse an den wichtigsten Börsen weltweit und haben dabei sowohl die Entwicklung von Sektoren und Indizes als auch Einzelaktien im Blick. Zudem unterstützt das stock3-Team interessierte Anlegerinnen und Anleger bei deren Weiterbildung rund um ihre Trading-Strategien.

Mehr über stock3-Team
Mehr Experten