Kommentar
09:05 Uhr, 30.04.2009

Aktien: Vorsicht ist angebracht

An den Aktienmärkten haben die Kurse in den letzten Wochen deutlich angezogen. Nach dem Kurssturz am 9. März 2009 setzte eine beschleunigte Kurserholung ein. Der S&P500- Index, Fieberkurve des US-Aktienmarktes, stieg in knapp über zwei Wochen um 25 Prozent, der markanteste Kursanstieg seit 1938. Die Kurs-Rally wurde typischerweise von denjenigen Sektoren angeführt, die zuvor die stärksten Einbußen erlitten hatten, nämlich Finanzwerte und zyklische Aktien (Gebrauchsgüter, Industriewerte, Grundstoffe). Viele zuvor schwer angeschlagene Bankaktien verdoppelten sogar ihren Wert.

Nach der blinden Panik gegen Ende 2008 ist der Aktienbärenmarkt jetzt eindeutig in eine reifere Phase eingetreten. Anleger setzen wieder Vertrauen in die Fähigkeit von Staat und Zentralbanken, eine destruktive Deflationsspirale abzuwenden (Preisrückgänge führen dazu, dass Verbraucher Käufe aufschieben, was wiederum weiteren Preisverfall bedingt usw.).

Es ist unwahrscheinlich, dass die aktuelle Markt-Rally bereits Vorbote eines langfristigen Aufwärtstrends der Aktienkurse ist. Mit dem Tief Anfang März 2009 werden wir aber wohl den tiefsten Punkt der Krise erreicht haben. Das bedeutet indes nicht, dass alles ausgestanden ist. In den kommenden Monaten werden Investoren sich im Spannungsfeld zwischen Hoffnung und Furcht bewegen – Hoffnung, dass die wirtschaftspolitischen Maßnahmen greifen, und Furcht, dass unsere Volkswirtschaften der „japanischen Krankheit“ (Deflation usw.) erliegen könnten.

Normalerweise setzt eine nachhaltige Erholung erst ein paar Monate vor Erreichen der Ertragstalsohle ein. Damit ist allerdings nicht vor Ende 2009/Anfang 2010 zu rechnen. Außerdem würden wir einen Kursaufschwung am Aktienmarkt mit einer gewissen Skepsis betrachten, sofern die Immobilienpreise in den USA nicht gleichzeitig die Talsohle hinter sich lassen. Das ist bisher jedoch nicht der Fall.

Negative Einschätzung von Aktien

Aufgrund der jüngsten Rally sind wir jetzt vorsichtiger, was die Aktienmärkte betrifft. Vor ein paar Wochen haben wir unsere neutrale Prognose für Aktien zu negativ geändert. Die Kursanstiege waren nur zum Teil gerechtfertigt; das aktuelle Kursniveau ist sicherlich überzogen. Trotz vereinzelter Hinweise auf eine Stabilisierung sind die konjunkturellen Rahmendaten weiterhin schwach. Wir erwarten für die laufende Berichtssaison zum ersten Quartal herbe Enttäuschungen. In der Folge wird es zu Gewinnmitnahmen kommen. Dann ist mit einem erneuten Kursrutsch zu rechnen, u. U. auf den Stand von Anfang März 2009. Diese Unterstützungslinien sollten allerdings halten.

Positivere Einschätzung der Emerging Markets

Innerhalb des Aktienuniversums haben wir unsere Prognosen für die Emerging Markets auf positiv angepasst. Grund sind vor allem die bereits erwähnten erfreulichen Konjunkturmeldungen aus China.

Ferner erhalten die Schwellenländer Unterstützung von den G20-Staaten. So wurde beim jüngsten Gipfel in London eine Verdreifachung der vom IWF bereitgestellten Mittel (auf 750 Mrd. USD) angekündigt. Damit verringerte sich das mit einer Zahlungsbilanzkrise verbundene Tail Risk erheblich (vor allem in Osteuropa) sowie der Dominoeffekt innerhalb der Schwellenländer. Ferner dürfte die von der US-Regierung bereitgestellte Fazilität zur Außenhandelsfinanzierung in Höhe von 250 Mrd. US-Dollar zur Normalisierung der globalen Handelsströme beitragen. Dieser Schritt ist eindeutig positiv für außenhandelsabhängige Schwellenländer.

Seit Oktober 2008 lagen Emerging Markets-Titel sowohl bei rückläufigen als auch haussierenden Aktienmärkten vorne. Die relative Outperformance von Schwellenländeraktien dürfte auch beim von uns prognostizierten Kursrutsch globaler Aktienwerte anhalten.

Quelle: ING Investment Management

ING Investment Management ist der globale Asset Manager der ING Gruppe. Mit annähernd 375 Milliarden Euro Assets under Management, vertreten in 37 Ländern mit mehr als 3.700 Mitarbeitern, ist ING Investment Management (ING IM) weltweit auf Platz 27 im Asset Management.

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