Agora fordert sozialen Übergang vom nationalen auf EU-Emissionshandel
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BERLIN (Dow Jones) - Die Denkfabrik Agora Energiewende hat einen sozialverträglichen Übergang vom nationalen in den europäischen Emissionshandel (ETS II) angemahnt. Mit dem Übergang im Jahr 2027 drohten gerade im Verkehr und Gebäude, wo die Treibhausgasemissionen über Plan liegen, sprunghafte Preisanstiege von Treibstoff- und Heizkosten, wenn hier keine Anpassungsmaßnahme vorgenommen würden. Ein sozialverträglicher Übergang sei zentral für die Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen. Außerdem sei Deutschland rechtlich verpflichtet, die Einführung des europäischen Emissionshandels jetzt vorzubereiten, so das Institut. Es warnte zugleich die Bundesregierung davor, die Einnahmen aus dem CO2-Preis zum kurzfristigen Stopfen von Haushaltslöchern zu verwenden.
Beim europäischen Emissionshandel ETS II wird es künftig anders als heute keinen festen Preis mehr für eine Tonne CO2-Emissionen geben, sondern der Preis wird maßgeblich durch die Nachfrage nach den fossilen Energieträgern und damit mengengesteuert bestimmt. Bei hohen CO2-Emissionen in Gebäuden und Verkehr würde dadurch die Nachfrage nach Zertifikaten und damit auch der CO2-Preis künftig deutlich steigen, so die Experten.
Simon Müller, Direktor der Deutschlandarbeit von Agora Energiewende, verwies auf jüngste Studien, nach denen ohne weitere Klimaschutzmaßnahmen die Preise 2027 auf mehr als 200 Euro je Tonne CO2 springen könnten. Das würde zum Jahresanfang 2027 Steigerungen von 38 Cent pro Liter Benzin und rund 3 Cent pro Kilowattstunde Erdgas gegenüber 2026 bedeuten. Das Institut schlug daher stattdessen einen früheren Beginn mit einer moderaten Erhöhung der national geltenden CO2-Preise und gleichzeitig einen Rückverteilungsmechanismus vor.
"Eine Fortentwicklung der nationalen CO2-Bepreisung bei gleichzeitig greifenden Entlastungsmaßnahmen ab 2024 ist notwendig, um eine Annäherung an ein höheres Preisniveau im ETS II zu ermöglichen und sprunghafte Preisanstiege zu verhindern", sagte Müller. Der Emissionshandel sollte daher ein Teil eines Instrumentenmix sein, zu dem für Verbraucher etwa auch die Möglichkeit zum Wechsel auf klimafreundliche Verkehrsmittel gehöre.
Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro
Konkret schlug die Denkfabrik vor, dass der nationale Festpreis ab 2024 von aktuell 45 auf 60 Euro pro Tonne ausgestoßenen CO2 erhöht werden sollte. Laut Agora entspräche dies beim derzeitigen Benzinpreis von 1,90 Euro einer Erhöhung von 8,5 Cent oder rund 4 Prozent. Ab 2025 könnte ein Handelssystem innerhalb fester Preiskorridore die marktbasierte Preisbildung im ETS II vorbereiten.
Das Institut schätzt, dass der ETS II bei einem durchschnittlichen CO2-Preis von 150 Euro pro Tonne CO2 zwischen 2027 und 2032 zu staatlichen Einnahmen von rund 180 Milliarden Euro führen könnte.
"Diese sollten vollständig dafür verwendet werden, BürgerInnen durch ein Klimageld und zusätzliche bedarfsorientierte Unterstützungsmaßnahmen von höheren fossilen Brennstoffkosten zu entlasten und bei der Investition in klimaneutrale Technologien zu unterstützen", forderte die Agora Energiewende.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/mgo
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