Kommentar
17:04 Uhr, 04.11.2002

ADIG - Marktrück-/ausblick

In der letzten Woche konnte der amerikanische Aktienmarkt abermals den ungünstigen Daten trotzen und konsolidierte bei leichten Kursgewinnen (Dow Jones +1%, S&P500: +0,5%, Nasdaq sogar +2,2%) auf hohem Niveau. Insgesamt hat der Börsenmonat Oktober mit einem Anstieg um etwa 10% die Verluste des Septembers wieder wettgemacht. Aus rein technischer Sicht weist der Markt eine gewisse Eigendynamik auf, die sich immer wieder in einer beeindruckenden Tagesschlussrallye nach einer schwächeren Tageseröffnung auszeichnet. Nach dem Bruch des kurzfristigen Abwärtstrends ist in den nächsten Wochen beim S&P500 zunächst mit weiteren Kurssteigerungen um etwa 10% im Rahmen des sich abzeichnenden Bodenbildungsprozesses zu rechnen. Die Unternehmensberichtssaison neigt sich langsam dem Ende zu. Dabei stabilisiert sich der operative Gewinnanstieg gegenüber dem Vorjahresquartal auf etwa +13% und untermauert somit den Gewinnturnaround. Während in der letzten Woche American Express und Procter & Gamble über den Erwartungen berichteten, konnten die Energiewerte ExxonMobil und ChevronTexaco zur positiven Stimmung nicht beitragen. Insbesondere ChevronTexaco litten unter einer erneuten hohen Abschreibung ihrer Tochter Dynegy. Von der konjunkturellen Seite gab es in der letzten Woche deutlich negative Signale. Zum Wochenbeginn wurde das Konsumentenvertrauen des Conference Board mit 79,4 (nach 93,7) deutlich schwächer als die bereits pessimistischen Erwartungen veröffentlicht. Während die erste Schätzung des Bruttoinlandsprodukts mit 3,1% ein ordentliches Wachstum jedoch unter den Erwartungen auswies, enttäuschten sowohl der ISM-Frühindikator für das Verarbeitende Gewerbe sowie der Arbeitsmarktbericht mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote auf 5,7%. Da zudem die Konsumentenausgaben bei stabilen Einnahmen gesunken sind, ist ein zunehmendes Sparverhalten US-amerikanischer Haushalte zu beobachten. Bislang erweist sich jedoch der Konsum als wesentliche Stütze des konjunkturellen Aufschwungs. Dagegen weisen beim BIP-Wachstum die seit nunmehr sieben Quartalen sinkenden Investitionen mit einem aktuellen Anstieg um 0,5% einen ersten Hoffnungsschimmer auf. Dazu Fondsmanager Carsten Roemheld: "Insgesamt zeigen sich die Börsen von den negativen Konjunkturdaten wenig beeindruckt. In den Monaten Mai und Juni stürzten die Kurse bei durchaus positiven konjunkturellen Vorgaben ins Bodenlose. Jetzt ist gerade umgekehrt: Ein klares Zeichen für die Trendwende. Bis zum Jahresende können wir noch einmal deutlich Boden gut machen."

Europa: Zinssenkungshoffnungen dominieren

Bei erneut nur schwach positiver Kurstendenz des Weltindex - +0,1% - konnten die Euroland-Aktienmärkte mit einem Anstieg des Euro Stoxx - Index um knapp 1,5% - im Gegensatz zur Vorwoche - gewinnen. Die jüngsten Konjunkturdaten in Euroland - u.a. im Oktober leicht verbessertes Unternehmensvertrauen, Konsumentenvertrauen aber wieder deutlich verschlechtert, leicht günstigerer Einkaufsmanagerindex - wie auch keineswegs "berauschende" US-Daten konnten dabei kaum Anregungen geben. Von Unternehmensseite war das Bild u.a. von Gewinnenttäuschungen bei BP und Deutsche Bank, sowie von erwartungsgemäß positiven Zahlen bei Unilever, Royal Dutch, Fresenius Medical Care und Schering geprägt. Bei Alcatel wurden negative Zahlen deutlich positiv aufgenommen, weil offenbar noch pessimistischere Erwartungen nicht eingetreten waren. Ausschlaggebend für den positiven Grundton in Euroland waren aber sicherlich wachsende Zinssenkungshoffnungen in Richtung USA - man rechnet hier bereits fest mit einem baldigen Zinsschritt - die auch in Euroland mit einer gewissen Verzögerung eine monetäre Lockerung ermöglichen sollten. Ein wichtiger "Stimmungsindikator" ist aber nach wie vor der Ölpreis, der sich in der Vorwoche - Brent Blend zuletzt unter 26 US-Dollar - nach dem deutlichen Rückgang der Vorwochen auf niedrigem Niveau stabilisieren konnte. Roemheld ist optimistisch: "Die OPEC-Länder haben offenbar im Oktober ihre Produktionsquoten erneut überschritten. Zudem trifft die US-Vorlage zu Irak im UN-Sicherheitsrat auf den Widerstand von Frankreich, Russland und China. Insofern könnte die Vorlage an Schärfe verlieren. Das Risiko eines schnellen militärischen Einsatzes könnte sich damit verringern - und mit ihm die Krisenprämie im Ölpreis."

Japan: Zögerliche Haltung der Regierung belastet

Der Kabutocho zeigte wenig Begeisterung über das Maßnahmenpaket zur Bankenreform, das die Regierung zur Wochenmitte bekannt gegeben hatte. Die ursprünglich geplante Neuberechnung des Volumens "fauler" Kredite und des Eigenkapitals der Banken wurde unter dem Druck der Bankvorstände verhindert. Allgemein wird bezweifelt, dass die Maßnahmen ausreichen, um das Problem der notleidenden Kredite in den Griff zu bekommen. Insbesondere bleibt das Problem der Deflationsspirale weiterhin ungelöst. Die Vorschläge zur Bankreform von Wirtschaftsminister Takenaka waren zum Vergleich sehr viel tiefgreifender und erfolgsversprechender. Sie hätten aber kurzfristig der Deflationsspirale aber neue Impulse gegeben. So gaben die Aktienkurse - Topix-Index -0,6% - erneut nach.

Ausblick:

In dieser Woche stehen in den USA die Kongresswahlen (Dienstag) und die Notenbanksitzung (Mittwoch) im Mittelpunkt. Das Überraschungspotenzial liegt eher bei einer Ausweitung des Machtspielraums bei den Republikanern, die dann innenpolitisch über weitere Steuersenkungen die Konjunktur weiter ankurbeln könnten. Bei der Notenbanksitzung wird mittlerweile von vielen Marktteilnehmern mit einer Zinssenkung um 50 Basispunkte auf dann 1,25 beim Referenzzins gerechnet. Insgesamt kann jedoch bei der aktuellen Marktsituation davon ausgegangen werden, dass sich dieses Ereignis als Non-Event darstellt und es unabhängig von den Beschlüssen zu weiteren Kurssteigerungen kommt. Roemheld zuversichtlich: "Es könnte auch in dieser Woche wieder zu negativen Konjunkturdaten aus den USA kommen, doch ich bin überzeugt, dass die Börse im Rahmen liegende Zahlen ähnlich robust wie in den letzten Wochen verkraften wird."
In Europa stehen weiter Konjunkturdaten an. Dies sind insbesondere Einkaufsmanagerindex - Dienstleistungssektor - in Euroland und Deutschland, Produktionszahlen in Großbritannien und Frankreich sowie Auftragseingänge und Arbeitslosenstatistik in Deutschland. Daneben sind im Rahmen der laufenden Berichtssaison Zahlen von ABN Amro, British Airport & Authorities und British Telecom zu erwarten. Technische Indikatoren deuten insgesamt eher auf einen freundlichen Wochenverlauf hin.
In Japan bleiben Kursperspektiven unsicher, nachdem Auslandsinvestoren in der Vorwoche begonnen haben, Bestände in japanischen Aktien tendenziell eher abzubauen. Nach einem Börsenfeiertag am Montag sind lediglich Zahlen über das Konsumklima (am Freitag) sowie Ausgaben der privaten Haushalte (Mittwoch) zu erwarten.

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