Kommentar
07:00 Uhr, 09.02.2007

22. Kapitalanleger-Tagung: Bericht

Die Kapitalanleger-Tagung der ZfU in Zürich präsentierte wie im Vorjahr (siehe TJ 03/06) ein hochkarätiges internationales Teilnehmerfeld, welches zwei Tage lang über die volkswirtschaftlichen Entwicklungen und die zukünftigen Trends an den Finanzmärkten referierte.

Die Tagung wurde mit Prof. Friedman von der Harvard University eröffnet, der früher Berater der FED New York war und heute als Autor der New York Times tätig ist. Friedman gab sich sehr zuversichtlich für die Entwicklung der US-Wirtschaft und erwartet eine Wachstumsbeschleunigung für das Jahr 2007. Risiken sah er vor allem in den momentanen Preisen der Anleihenmärkte und am chinesischen Aktienmarkt. Die von vielen Experten gesehenen globalen Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen sieht Friedman in einem sehr langsamen und daher zeitlich langen Anpassungsprozeß verschwinden.

Als Vertreter Europas präsentierte Prof. Walter von der Deutschen Bank ein weniger optimistisches Konjunkturszenario für 2007, da seine Schätzungen für 2007 unterhalb des momentanen Konsens liegen und er für Deutschland eine Halbierung für 2007 erwartet. Den Zinssenkungserwartungen der Marktteilnehmer erteilte er eine Absage, diese würden später erfolgen als momentan erwartet. Für die größte Volkswirtschaft erwartet er ein „soft landing“, betonte aber, dass die Amerikaner mit ca. 2% Wachstum nicht zufrieden sein werden und im Vorfeld der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr eine Ankurblung zu erwarten sei.

Prof. Becker von der Sophia University Tokio konzentrierte sich auf die japanische Volkswirtschaft und betonte dabei die extrem große Diskrepanz zwischen der sehr hohen Staatsverschuldung, die bei etwa 170% vom BIP liegt, und dem hohen Privatvermögen der Japaner in nahezu identischer Größenordnung. Er betonte dabei, dass die Japaner extrem liquide seien, da die etwa 50% ihres Vermögens in Cash und Depositen angelegt hätten. Daher rechnet er mit einer positiven Entwicklung der Aktienkurse an der Kabutocho.

Ebenfalls von großem Interesse für die Zuhörer waren die Ausführungen des Islamismusexperte Prof. Tibi. Seine wichtigste Botschaft lautete, dass ein Irankrieg unter der Regierung Bush extrem unwahrscheinlich sei.

Unter den Anlageexperten betonte Philipp Vorndran von der Credit Suisse, dass das Thema „Global Warming“ für die Anlagepolitik der Zukunft wichtig sei. Beim Kauf einer Immobilie ist dies ein wichtiger zukünftiger Faktor, und die Regionen in Kanada, Skandinavien oder auch Russland seien Profiteure der zu erwartenden durchschnittlichen Erwärmung. Zudem betonte er, dass Aktien die eindeutig bessere Anlageform für 2007 sei. Dies war Konsens unter den Anlagestrategen für 2007. Vorndran war dabei von allen Strategen am positivsten für die Aktienmärkte gestimmt und erwartet deutliches Überraschungspotential auf der Oberseite. Diese Zuversicht begründete er mit dem Ausbleiben einer Rezession und eines „soft landings“ in den USA. Daher erwarte er auch die Rohstoffe tendenziell weiter auf dem weg nach oben.

Der Schweizer Vermögensverwalter Felix Zulauf betonte die strukturell vorhandene Überschussliquidität, die inflationär auf die Vermögenswerte wirke, aber keine Inflation im klassischen Konsum- und Gütersektor aufgrund der deflationär wirkenden Globalisierung mit sich bringen würde. Da momentan die Gewinne der Unternehmen im MSCI World-Index etwa 50-80% oberhalb der Hochs des Jahres 2000 liegen, erwartet er zudem bis zum Ende der Dekade signifikant höhere Aktienpreise. Er erwartet eine Wirtschaftsabschwächung für 2007, sieht aber das größere Risiko in einer stärker als erwarteten US-Konjunktur, da dann die Notenbank mit weiteren Zinserhöhungen reagieren könnte. Für die Aktien gab sich Zulauf positiv, da das Netto-Vermögen der US-Haushalte ein neues Allzeithoch erreicht hat und somit der Konsum weiterhin hoch bleiben wird. Für die Rohstoffe war Zulauf auf Sicht der nächsten Jahre positiv gestimmt, die aktuelle Phase bezeichnete er als „Verdauungsphase“, in der eine Bodenbildung vollzogen werden würde, die dann ab 2008 neue Hochs zulasse. Der Aktienmarkt dürfte in 2007 positive Returns für die Anleger bereithalten, eine größere Korrektur im Sommer/Herbst sei dann wahrscheinlich, wenn sie im Frühjahr ausbleiben würde.

Die Anlageexperten Eugen Keller und Mario Mattera von der Metzler Bank erwarteten ebenfalls, dass Aktien relativ gegenüber anderen Assetklassen interessant bleiben. Der US-Aktienmarkt besitzt ihrer Ansicht nach Aufholpotential, da das Anlagekapital der Private Equity-Branche bereits etwa 8% der US-Marktkapitalisierung ausmacht. Zudem bescheinigten sie dem japanischen Aktien Nachholbedarf nach einem relativ schwachen Jahr 2006. Das größte Risiko liegt nach ihrer Ansicht in deutlich fallenden Anleihepreisen und in einer Stärkung des japanischen Yen, die zu einem Auflösen der Carry Trades führen würde. Eine solche Entwicklung könnte dann zu Kapitalmarktturbulenzen führen. Die Zeiten niedrigerer Volatilitäten werden ihrer Erwartung in 2007 frühzeitig enden.

Marc Faber, der sein Image als Dr. Doom in Bezug auf die zukünftige Entwicklung des US-Dollars und der US-Anleihen pflegte, wies auf die relativ günstige Konstellation bei japanischen Aktien hin, da die Japaner nur ca. 11% ihres Geldes im japanischen Aktienmarkt investiert haben, was historisch ein sehr niedriges Niveau darstellt. Daneben ist Gold sein persönlicher Anlagefavorit auf Sicht der kommenden Jahre.

Fazit:
Der Konsens, dass die Aktien die beste Anlageform in 2007 darstellen, wurde nicht mit einer überschwänglichen Euphorie begleitet. Insofern dürfte diese Erkenntnis zunächst zu einer Verfestigung des Trends führen. Das Hauptrisiko für die Anlagepolitik in 2007 dürfte demnach in den Anleihen und in den Carry-Trades im japanischen Yen liegen.

Quelle: www.traders-journal.de

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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