Kommentar
15:45 Uhr, 19.06.2012

100% Steuersatz ab 40.000 EUR Monatseinkommen?

Als die ehemalige Sprecherin der Kommunistischen Plattform, Sahra Wagenknecht, ihren Verzicht auf die Kandidatur als Vorsitzende der Linkspartei ankündigte, war zumindest bei mir die Erleichterung groß. Kommunisten finde ich ungefähr so sympathisch wie Magenschmerzen. Und Wagenknecht ist eine besonders gefährliche Vertreterin, weil sie nicht gerade dumm ist, gut argumentieren kann und eine durchaus einnehmende Art hat. So wirken Enteignungen gleich um einiges sympatischer. Diebstahl bleibt aber immer Diebstahl, auch wenn er von einer hübschen, klug daherredenden Frau begangen wird.
Wagenknechts „Ersatz“ ist Katja Kipping. Kürzlich musste ich ein Interview mit ihr lesen, da bin ich fast vom Stuhl gefallen. Sinngemäß sagt sie: Kein Mensch braucht mehr als 40.000 EUR im Monat. „Alles was darüber liegt, kann man getrost mit 100 Prozent besteuern“.
Nun schäme ich mich nicht zu bekennen, dass ich selber deutlich weniger verdiene. Dennoch halte ich solche Aussagen nicht nur für unglaublich dumm, sondern für außerordentlich gefährlich, sofern sie jemals Einzug in ernsthafte politische Überlegungen finden sollten.

Zunächst ist es nicht überraschend, dass eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung der Kernaussage zustimmen würde. Natürlich BRAUCHT wahrscheinlich niemand 40.000 EUR im Monat (außer Lothar Matthäus und Boris Becker nach mehreren Scheidungen). Ich spreche aber Frau Kipping und auch jedem anderen Menschen das Recht ab, darüber zu entscheiden, wer wieviel braucht. Solche Grenzen darf man hinsichtlich der Einkommenshöhe gerne im Staatsdienst einziehen (obwohl ich Frau Merkel auch 2 Mio. EUR Jahreseinkommen gönnen würde), aber bestimmt nicht dann, wenn private Unternehmen frei ausgehandelte Verträge mit freien Bürgern eingehen. Oder denken Sie mal an Unternehmer: Haben Sie Lust, ihren Sitz in Deutschland zu halten, wenn Sie z.B. 10 Mio. EUR Jahresgewinn machen, sich diesen Gewinn ausschütten wollen und dann bleiben ihnen vielleicht 200.000 EUR netto übrig? Frau Kipping nimmt dann das Geld und verteilt es fröhlich unter der Bevölkerung. Es wird auch nicht besser, wenn eine große Mehrheit dahintersteht und dem Diebstahl damit den Schein einer demokratischen Legitimation verleiht.

Zu was führt das letztlich? Dass die meisten Menschen gleich sind – und zwar gleich arm. Es ist natürlich viel angenehmer, die anderen den Wohlstand erwirtschaften zu lassen. Aber das klappt nicht: Jedes Land, das einen solchen Weg geht, wird unweigerlich in die Armut abdriften. Das Unternehmertum wird dadurch regelrecht abgetötet. Es gibt dann ganz einfach niemanden mehr, der so viel verdient und auch keine damit korrespondierenden Steuereinnahmen. Dann entstehen große Unternehmensstories eben in anderen Ländern, und wir erfreuen uns gleichzeitig daran, wie gerecht und arm unsere Gesellschaft ist.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Steuern zahlen ist wichtig. Menschen unterstützen, die sich nicht selbst helfen können, ist wichtig. Solidarität ist wichtig. Aber wenn man den Bogen überspannt, erreicht man genau das Gegenteil dessen, was man eigentlich wollte. Am Ende gibt es dann kaum noch etwas zum Umverteilen.

Auch wenn Sie denken, dass ein paar Mio. EUR im Jahr ein Wahnsinnseinkommen darstellen (das sehe ich genauso), gibt uns das nicht das Recht, dieses Einkommen übermäßig zu besteuern. Wirtschaftssysteme, die das Eigentum nicht achten, sind zum Untergang verdammt. Die Linke, als Nachfolgerin der SED, sollte das am besten wissen.

Daniel Kühn

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Über den Experten

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Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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