Analyse
22:00 Uhr, 12.10.2007

„Wenn China erwacht, wird die Welt erzittern“

Fasziniert beobachtet die Welt den ökonomischen Durchmarsch Chinas an die Weltspitze. Keine andere Nation reicht an die enormen schon seit zwei Jahrzehnten andauernden Wachstumsraten heran. Gegenwärtig lässt sich China nur in Superlativen beschreiben und andere Arten der Klassifizierung scheinen auf absehbare Zeit nicht möglich.

Zahlreiche unterschiedliche Möglichkeiten standen dem Investor bisher offen, um in China zu investieren. Eine annährend komplette Darstellung der Investitionsmöglichkeiten gab es bisher jedoch kaum. Die ABN AMRO Bank möchte mit der vorliegenden Broschüre einen möglichst umfassenden Einblick in die Vielfalt der Investitionsmöglichkeiten in China geben.

Der folgende Fachartikel stellt einen Auszug aus einer umfassenden Researchnote der ABN AMRO Bank dar, die für den Retailmarkt veröffentlicht wurde.

Langfristentwicklung des chinesischen Aktienmarktes

Seit 16 Jahren boomt China und weist Wachstumsraten auf, die dreimal so hoch sind wie die in Europa. Tatsächlich konnten sich die Aktienkurse chinesischer Unternehmen seit Anfang der neunziger Jahre nur moderat entwickeln. Vor allem im Vergleich zu europäischen Firmen hinkten Unternehmen aus dem Reich der Mitte dem heimischen Wirtschaftswachstum hinterher. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung war in den politischen Unwägbarkeiten begründet. Starke regulatorische Eingriffe und Beschränkungen seitens der Regierung machten den chinesischen Markt intransparent und erschwerten den Handel.

Seit einigen Jahren beschreitet die Regierung in Peking hingegen strikt den Weg zu mehr Offenheit und Transparenz, sowohl in der allgemeinen Wirtschaft, vor allem jedoch auf dem Aktienmarkt. Die Zulassung des Shanghai und Shenzhen B Segments für Inländer, als auch die Vergabe von Handelsgenehmigungen für ausländische Finanzinstitute für das A-Segment, verbesserten die Transparenz und das Vertrauen in den heimischen Kapitalmarkt. Der Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO) in 2001 hat weiteres Vertrauen in den chinesischen Markt gebracht.

Der fundamentale Blick

Jedes Jahrhundert hatte bisher seinen aufgehenden Stern. Im 19. Jahrhundert war es Großbritannien, im 2 0. Jahrhundert waren es die Vereinigten Staaten von Amerika, die einen kometenhaften Aufstieg zur Weltspitze vollführten. Vieles spricht dafür, dass das 2 1. Jahrhundert im Zeichen des Drachen stehen könnte. Die wirtschaftlichen Kennzahlen machen die hohe Qualität des chinesischen Wirtschaftswachstums deutlich.

China überholt Deutschland und die USA

Die alte Garde der größten Wirtschaftsnationen wird bereits auf den Kopf gestellt. China konnte in den letzten Jahren Großbritannien und Frankreich von den Plätzen vier und fünf verdrängen und liegt Anfang 2007 beinahe mit Deutschland gleich auf Platz 3. Zahleiche Analysen gehen davon aus, dass China bis zum Jahr 2025 die USA als größte Wirtschaftsnation ablösen wird.

Bruttoinlandsprodukt und Handelsüberschuss steigen zweistellig

Allenthalben vermeldet die Presse neue Rekordzahlen für China. Nicht nur das Bruttoinlandsprodukt steigt enorm, auch bei Handelsüberschüssen werden im Reich der Mitte immer neue Rekorde erzielt.

Chinas großes Potenzial

Obwohl Chinas Wirtschaft bereits Frankreich und Großbritannien überholt hat, macht ein Vergleich der gegenwärtigen ökonomischen Größen das weitere Aufholpotenzial der Volksrepublik deutlich. So leben zwar rund 2 Prozent der Weltbevölkerung im Reich der Mitte, diese erwirtschaften jedoch nur rund 5 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsproduktes. Im Vergleich zu den Vereinigten Staaten oder auch Europa, erscheint das Potenzial, das sich für das weitere Wachstum Chinas ergibt, enorm.

Humankapital – Forschung und Entwicklung

Der wachsende wirtschaftliche Fortschritt Chinas wird von einer relativ hohen Bildung in allen Bevölkerungsschichten getragen. So hatte China im Jahr 2000 eine Alphabetisierungsrate von über 90 Prozent aufzuweisen, während Indien hier lediglich knapp über 60 Prozent hatte.

Eindrucksvoll ist auch das Drängen internationaler Unternehmen auf den chinesischen Markt, die sich mit ihren Forschungsabteilungen dort ansiedeln. So lag die Volksrepublik 2004 auf Platz 3 der wichtigsten ausländischen Forschungsstandorte. Bis 2 009 sieht die UNO China sogar auf den ersten Platz vorrücken, noch vor den USA und Indien.

Chinas Wirtschaft beginnt sich zu wandeln

Ähnlich wie Japan in den 60er und 70er Jahren exportierte Chinas Wirtschaft während der 80er und 90er Jahren vor allem arbeitsintensive Güter. Seit Mitte der 90er Jahre wird jedoch eine Verlagerung auf kapitalintensivere Waren mit hoher Wertschöpfung festgestellt. So stieg der Anteil an exportierten Maschinen stark an, während Textilexporte, gemessen am Gesamtexport, stetig zurückgingen.

Chinas Aktienmarkt

Das kleine chinesische Aktien A B H

Jahrelang kannte der chinesische Aktienmarkt lediglich eine Richtung und zwar nach unten. Die atemberaubenden Wachstumszahlen der chinesischen Wirtschaft konnten Investoren nicht überzeugen, sich am Aktienmarkt zu engagieren. Gründe dafür waren die teilweise sehr niedrigen Gewinne der börsennotierten Firmen sowie der meist hohe Staatsanteil an den jeweiligen Aktien.

Auch wenn die starken Kursanstiege in 2006 von z.Teil über 100 Prozent auf eine echte Rallye am chinesischen Aktienmarkt hindeuten, sollte jeder Investor sich ein wenig näher mit dem fragmentierten chinesischen Aktienmarkt beschäftigen, um auf einer gesunden Basis über mögliche Investitionen zu entscheiden. Festland China verfügt über zwei wichtige Aktienbörsen: Shanghai an der Küste und Shenzhen im Süden des Landes. An ihnen werden sowohl A-als auch B-Aktien gehandelt, wobei die A-Aktien zwar das bei weitem größte Segment in China sind, jedoch lediglich für Inländer und einige wenige internationale Finanzhäuser zugänglich sind. Weitere wichtige Börsenplätze für chinesische Unternehmen sind Hongkong und zu einem geringeren Maß New York und London.

China A-Aktien

Der ursprünglich lediglich für chinesische Investoren vorbehaltene A-Aktienmarkt wurde durch das so genannte Qualified Foreign Institutional Investors (QFII) Programm auch für internationale Finanzinstitute zugänglich gemacht. Seither wurden 34 Banken und Versicherungen als QFII anerkannt. Zunächst wurde die gesamte Investmentquote auf vier Milliarden US-Dollar festgelegt und im Juli 2005 dann um weitere sechs Milliarden US-Dollar erhöht. Das Interesse am chinesischen Aktienmarkt scheint also vorhanden zu sein. Für den Privatinvestor war es jedoch bisher nur stark eingeschränkt möglich, überhaupt an der Entwicklung von A-Aktien teilzunehmen. Breitere Reformen könnten die Attraktivität dieses Aktiensegments weiter steigern. Wichtig ist auch die Tatsache, dass A-Aktien die einzigen sind, die in Yuan notieren. Eine mögliche Aufwertung der chinesischen Währung könnte also einen positiven Einfluss auf den Wert der ausländischen Investitionen in A-Aktien haben.

China B-Aktien

Spiegelbildlich zu den A-Aktien werden B-Aktien an den Börsenplätzen in Shanghai und Shenzhen gehandelt. Das ursprünglich für Ausländer vorgesehene Aktiensegment wurde 2001 sowohl für In- als auch für Ausländer geöffnet und konnte in der Folge einen kurzfristigen Kursanstieg von über 200 Prozent verbuchen. Während es in den Folgejahren zu Kurskorrekturen kam, steigen die B-Indizes seit Mitte 2005 wieder stetig an. Die Kursnotiz der Gesellschaften erfolgt in US-Dollar, um dieses Segment auch für Ausländer attraktiv zu machen.

China H-Aktien (Hang Seng China Enterprises)

Während die China A- & B-Aktien dem chinesischen Kapitalmarktrecht unterliegen, müssen chinesische Festland-Unternehmen in Hongkong die strengeren Anforderungen des dortigen Aktienrechtes
befolgen. Vor allem große chinesische Unternehmen ziehen ein Listing in Hongkong vor, aufgrund der größeren Internationalität des zweitwichtigsten Börsenplatzes in Asien.

China L- und N-Aktien

Einige chinesische Unternehmen haben ebenfalls ein Listing in London (L-Aktien) oder New York (N-Aktien). Hier gilt Ähnliches wie auch für deutsche Großunternehmen. Aufgrund der internationalen Ausrichtung werden meist Zweit- oder Drittnotierungen an einem der großen Finanzplätze der Welt geführt. Anders als bei den A-, B- und H-Aktien, haben L- und N-Aktien jedoch keinen eigenen Index, in welchem die einzelnen Titel zusammengefasst werden.

Marktkapitalisierung des chinesischen Aktienmarkts

Der chinesische Aktienmarkt ist für Ausländer immer noch nur begrenzt zugänglich. Auch wenn die B-Segmente und die H-Aktien in Hongkong bereits länger für alle Anleger handelbar sind, so ist das weitaus größte Aktiensegment der A-Aktien nach wie vor gar nicht oder nur sehr eingeschränkt für internationale Investoren zugänglich. Die Aufteilung der folgenden dargestellten Kapitalisierung zwischen für Ausländer zugänglichen (hellgrün) und nicht investierbaren Aktien (dunkelgrün) macht die Unzugänglichkeiten des chinesischen Aktienmarktes deutlich. So sind nur rund 15 Prozent des Aktienmarktes sowohl für Aus- wie auch für Inländer zugänglich. Sollten auch die bisher nur für Inländer investierbaren Aktien für Ausländer zugänglich werden, so könnte dies zu einer weiteren Dynamik des chinesischen Aktienmarktes führen.

Bewertungskennzahlen

Seit 2005 entspricht die Kursentwicklung des chinesischen Aktienmarktes der wirtschaftlichen Situation im Land: Es geht rapide aufwärts. Zahlreiche Stimmen nehmen seit Anfang 2007 jedoch das Wort „Kursblase“ in den Mund. Die Frage, inwiefern der chinesische Aktienmarkt fair oder überbewertet ist, kann jedoch nicht einfach beantwortet werden. Ob ein Investment sich lohnt, muss jeder Anleger selbst entscheiden. Die derzeitigen Kennzahlen sprechen jedoch für eine gegenwärtig angemessene Bewertung des Aktienmarktes im Reich der Mitte.

Die KGVs der einzelnen chinesischen Leitindizes waren 2005 tatsächlich recht hoch. Obwohl die Kurse der Unternehmen seit Anfang 2 005 stark angezogen sind, konnten die Gewinne der Unternehmen jedoch sehr schnell wachsen. Dies wird deutlich durch die günstigeren Bewertungen in 2006 im Vergleich zu 2005. Die Gewinnerwartungen der Unternehmen sind für 2007 ebenfalls gut, so wird erwartet, dass die KGVs auch 2007 weiter reduziert werden.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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