Kommentar
16:05 Uhr, 28.02.2017

Wird der Höhenflug anhalten?

Seit Trumps Wahl im November letzten Jahres erlebten Investoren einen beachtlichen Höhenflug. Seit der US-Wahl sind die Aktienmärkte über 10 Prozent gestiegen und die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen haben mehr als 50 Basispunkte zugelegt (Stand: 10. Februar 2017). Deshalb sind die Erwartungen hoch, dass die Versprechungen des neuen Präsidenten das US-Wachstum beschleunigen werden. Die Volatilität ist extrem niedrig und preist, nach Ansicht von NN Investment Partners, viele Risiken, die nach wie vor vorhanden sind, nicht ein. Die Ungewissheit im Hinblick auf die Implementierung der neuen Gesetzgebung ist groß, doch die politische Linie bleibt unklar. Aufgrund dieser Unsicherheit ist es entscheidend, eine aktive Investmentstrategie bei einem Vermögensverwalter zu haben, der gesamtwirtschaftliche Erkenntnisse mit einem starken Fokus auf der Kreditanalyse nach dem Bottom-up-Prinzip kombinieren kann. Trumps Weisungen können den Konjunkturzyklus erheblich beeinflussen - mit unterschiedlichen Auswirkungen auf industrielle Teilsektoren, wie nachfolgend näher beschrieben.

Die Zinsen sind als Reaktion auf die wachstumsfreundliche Regierung und die Notwendigkeit, die Inflation einzudämmen, gestiegen. Jedoch sind die Auswirkungen höherer Zinsen nicht ausschließlich positiv. Höhere Kreditzinsen werden hoch verschuldete Unternehmen beeinträchtigen, da sie die Zinsaufwendungen und mit der Zeit auch die Ausfälle erhöhen. Trump räumt niedrigeren Körperschaftssteuersätzen und niedrigeren persönlichen Steuersätzen ebenfalls Priorität ein. Diese Steuerpolitik wird vermutlich Finanzinstituten zugutekommen. Einfach ausgedrückt: Wenn Schuldner mehr Geld zur Verfügung haben, gibt es mehr Mittel, um bestehende Kredite zu tilgen und/oder zusätzliche Kredite aufzunehmen. Demnach müssen niedrigere Steuern natürlich aus anderen Haushaltsquellen finanziert werden. Eine solche Quelle, die vorgeschlagen wurde, ist die Abschaffung der steuerlichen Absetzbarkeit von Zinsaufwänden. Ähnlich wie bei den bereits erwähnten Auswirkungen von höheren Kreditzinsen würden hoch verschuldete Unternehmen unverhältnismäßig stark darunter leiden, wenn sie Zinsaufwendungen nicht mehr steuerlich geltend machen könnten, was dann wiederum der Gewinnspanne der Banken auf Grundlage der Aktiva-Qualität schaden würde. Niedrigere Steuern wären also durchaus positiv, aber die Finanzierung dieser Kürzungen könnte weitreichende negative Auswirkungen auf Unternehmen und Finanzinstitute haben.

In seiner ersten Amtswoche ernannte Präsident Trump den Republikaner Ajit Pai zum Vorsitzenden der Federal Communications Commission. Pai hat nach allgemeiner Auffassung eine wohlgesonnenere Haltung gegenüber Industriekonsolidierung als sein Vorgänger Tom Wheeler. Es gibt mehrere Telekommunikationsunternehmen, die potenzielle Zusammenführungen erwogen haben, aber dadurch abgeschreckt wurden, dass sie die regulatorische Genehmigung möglicherweise nicht erhalten würden. Folglich gibt es vermehrte Spekulationen über Fusionen von Telekommunikationsunternehmen oder Mischzusammenschlüssen zwischen Kabel- und Telekommunikationsunternehmen, die Anlagechancen hervorbringen. Eine zunehmende Konsolidierung könnte ebenfalls negative Auswirkungen auf Unternehmen haben, die als Lieferanten dieser konsolidierenden Unternehmen dienen, wie z.B. Betreiber von Sendemasten. Darüber hinaus befürchten Unternehmen aus dem Technologiesektor und anderen Branchen, dass Trumps jüngste Einwanderungsrichtlinie und seine Äußerungen über den Erhalt von Arbeitsplätzen in den USA auf Änderungen bei den Visa-Vorschriften hindeuten. Technologieunternehmen, einschließlich IT-Beratungsfirmen, sind häufig auf ausländische Talente angewiesen. Viele dieser Arbeitskräfte werden durch H-1B-Visa[1] abgesichert, von denen bereits einige ängstlich auf die Verlängerung blicken.

Das Gesundheitswesen bleibt aus politischer Sicht ebenfalls ein Hauptschwerpunkt. Da die Republikaner die Präsidentschaft, den Senat und das Repräsentantenhaus kontrollieren, ist die Aufhebung von Teilen des Affordable Care Act (ACA) einer der ersten Punkte auf ihrer Agenda. Ohne eine Mehrheit von 60 Stimmen im Senat können die Republikaner das Gesetz zwar nicht komplett kippen, aber durch Anordnung des US-Präsidenten und Schlichtung können sie Kernbereiche aus dem ACA streichen. Während die Republikaner ihre Pläne stets als „widerrufen und ersetzen“ betitelt haben, ist die größte Frage weiterhin, wie und wann sie „ersetzt“ werden. Das sorgt für Unsicherheit bei Investoren und schafft Anlagechancen bei Managern, die nach dem Bottom-up-Ansatz arbeiten und die Einzeltitelauswahl in den Mittelpunkt stellen.

Bei der Kapitalisierung der Chancen in diesem unbekannten Terrain spielen aktive Manager eine große Rolle, meint NN IP. Aktive Manager mit einem starken Fokus auf der Kreditauswahl können Investoren bei der Ausnutzung der Vorteile unterstützen und gleichermaßen die Unternehmen meiden, die in diesem neuen Umfeld leiden würden. Manager, die die Marktzyklen im Griff haben, können Verluste minimieren und ihre passiven Gegenspieler übertreffen. Zwei Aspekte werden sich laut NN IP 2017 erneut als Erfolgsstrategie erweisen: Größere gesamtwirtschaftliche Themen zu beherrschen und gleichzeitig einen starken Fokus auf der fundamentalen Kreditanalyse zu bewahren.

Autor: Sebastiaan Reinders, leitender Portfoliomanager für US-Hochzinsanleihen bei NN Investment Partners

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