Kommentar
00:00 Uhr, 07.03.2010

Wie umweltfreundlich ist die Solarindustrie eigentlich?

Düsseldorf (BoerseGo.de) - Wer ein umweltschonendes Produkt herstellt, muss nicht zwangsläufig selbst klimafreundlich sein. Das mag verwirren und macht es nicht unbedingt einfacher – zumindest nicht für Anleger, die richtig grün investieren wollen. Eine aktuelle Studie von Murphy & Spitz Research hat Photovoltaik-Industrie unter die Lupe genommen und nachgeprüft, welches Unternehmen tatsächlich nicht zu Lasten des Planeten produziert. „Die Studie beschäftigt sich aus dem Blickwinkel eines Investors damit, welche Anforderungen ein PV-Unternehmen erfüllen muss, um ernsthaft als nachhaltig arbeitend eingestuft werden zu können“, heißt es direkt im Vorwort. Murphy & Spitz betreibt selbst zwei Fonds. Durch die hauseigene Untersuchung soll bei Investitionen in die Solarbranche gewährleistet sein, dass die Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette nachhaltig und „sauber“ arbeiten. Das Ergebnis hat am Ende auch die Macher der Studie überrascht. Die Spanne von einem grünen Blickwinkel ausgesehen reicht von gut bis schlecht.

„Diese Studie geht sehr tief“, sagt Nicole Vormann, Leiterin des Nachhaltigkeitsresearchs bei Murphy & Spitz und Autorin der Studie. Das Ziel der Studie war, ein differenziertes Bild entstehen zu lassen“, erläutert sie. Etwa ein drei Viertel Jahr habe sie täglich für diese Studie geforscht – Internetseiten und Jahresberichte durchforscht, die Unternehmen und externe Experten befragt. Einige Erkenntnisse waren auch für die Expertin neu und kamen anders als erwartet. Bei den chinesischen Herstellern habe sie, wie sie unverwandt zugibt, vor ihren Recherchen selbst Vorurteile gehabt. Dabei hätten einige von ihnen besser abgeschnitten als Vormann erwartet hatte. Bei dem amerikanischen Unternehmen Sunpower dagegen hätte sie nicht gedacht, dass diese so intransparent seien. Vormann habe unzählige Male dort angefragt – die Antwort blieb man ihr bis heute schuldig. „Es war für mich selbst interessant zu sehen, dass es kein schwarz oder weiß oder die Solarindustrie an sich gibt. Es kommt immer ganz stark auf das Unternehmen an“, sagt sie. Allerdings würden die klar messbaren Ziele in der Photovoltaik-Branche nicht so offen dargelegt wie in den anderen Branchen und das mache es schwer zu überprüfen, auf welchem Niveau diese Ziele seien und ob sie auch tatsächlich erreicht würden.

Umweltbewusste Investoren haben es nicht einfach

Gerade das macht es für Anleger nicht einfacher. Jemand, der nicht nur in ein Umweltthema, sondern auch in ein umweltfreundliches Unternehmen investieren will, hat es ziemlich schwer ohne Fachkenntnisse. „Ich weiß, worauf ich achten und wo ich nachfragen muss“, sagt Vormann, die selbst diplomierte Umwelttechnikerin und damit vom Fach ist. Betrachtungsansätze gibt es viele: Ein Beispiel dafür, dass Solarenergie an sich zwar sauber ist, die Herstellung der Modul das aber nicht unbedingt sein muss, ist der Produktionsschritt vom Wafer zur Solarzelle. Denn dabei werden ätzende, zum Teil hochgiftige, brandfördernde chemische Substanzen gebraucht. Auch der Energieaufwand für die Produktion ist enorm. „Um die Nachhaltigkeit eines Produkts und eines Unternehmens beurteilen zu können, muss der ganze Lebenszyklus des Produkts von der ,Wiege bis zur Bahre‘ betrachtet werden“, wird in der Studie deswegen explizit betont. Das bedeutet, dass auch die Rohstofflieferanten, andere Zulieferer und Joint-and-Venture-Partner, kurzum alle Glieder der gesamten Wertschöpfungskette ökologisch und sozial verträglich sein müssen. Deswegen werden dort auch die unterschiedlichen Produktionsschritte und die verschiedenen technischen Verfahren dort erläutert.

Solarunternehmen sind keine Heiligen

Dass es auch in der Photovoltaik-Branche schwarze Schafe gibt, dafür gibt es einige Beispiele. Der Siliziumhersteller Louyang Zhonggug, mittlerweile ein Ex-Lieferant von Suntech, war für einen Umweltskandal verantwortlich. Laut einem Bericht der Washington Post vom März 2008 Silziumtetrachlorid kippte Louyang Zhonggug zwischen Grundschulen, auf Getreidefelder und das eigene Werksgelände gekippt. Silziumtetrachlorid ist eine ätzende Flüssigkeit, die bei der Herstellung von Reinstsilizium entsteht. Einer der Abnehmer von Louyang Zhonggug war Suntech. Zwar hat das chinesische Unternehmen nun neue Lieferanten, der gute Ruf hat dafür aber ein paar Schrammen abgekriegt. „Die Reputation von Suntech hatte durch diesen Umweltskandal sehr gelitten. Aus Sicht von Murphy&Spitz zeigt das Beispiel klar, dass die Photovoltaik-Industrie die Zulieferer mit Blick auf die Weiterverwendung der Nebenprodukte und eine ordnungsgemäße Entsorgung selbst prüfen muss“, kommentiert die Studie. Auch, was Moral und Ethik angeht, hat die Solarindustrie nicht immer eine weiße Weste und auch darauf wird bei Murphy&Spitz geachtet. „Unsere Ausschlusskriterien gelten generell, da gehen wir sowieso nicht von ab“, sagt Vormann. Das gilt auch für Solarhersteller. Als Beispiel für ein Unternehmen, in das Murphy & Spitz aus moralischen Gründen nicht investiert, nennt sie einen Solarmodulhersteller, der 80 Prozent seines Umsatzes durch das US-Militär erwirtschaftet. Es habe die Anflugbefeuerung – die Beleuchtung – für die Landebahnen von US-Militärstützpunkten in Afghanistan und den Irak hergestellt.

Die bisher einzige Vergleichsbasis heißt ISO 14001

Um die die Solarunternehmen vergleichen zu können, hat Vormann auf die ISO 14001 Zertifizierung geschaut. Für die ISO 14001 Zertifizierung prüfen externe Fachleute den Betrieb. Es ist bisher das einzige internationale Prüfverfahren für den Umweltschutz, das einen überhaupt Vergleich möglich macht. „Diese Zertifizierung ist sehr anspruchsvoll, hat aber ihre Schwächen“, räumt Vormann ein. Um nach ISO 14001 zertifiziert zu werden, muss ein Unternehmen seine Lieferanten nach einem Umweltmanagementsystem befragen. Allerdings auch nicht mehr – denn diese Norm verpflichtet die Unternehmen nicht dazu, nur ISO-14001-zertifizierte Lieferanten zu nehmen. „Wir erwarten von einem Modulhersteller, dass er alle Produktionsschritte darlegt und wir erwarten, von unseren Modulherstellern, dass er bei seinen Siliziumlieferanten abfragt, ob er diese Norm erfüllt“, erläutert die Umwelttechnikerin.

Yingli, Suntech und Trina liegen im Mittelfeld

Insgesamt sind die chinesischen Hersteller zwar weniger transparent, aber dafür besser als ihr Ruf. Dass die Unternehmen aus dem Reich der Mitte weniger mitteilsam sind, liegt unter anderem auch an der fernöstlichen Mentalität und heißt nicht zwangsläufig, dass sie nichts für den Umweltschutz tun. „Entgegen anders lautender Vorurteile haben die drei überprüften chinesischen Hersteller – Yinglee Green, Suntech und Trina – ISO 14001. Allerdings werden die Zielen und der Umgang mit den Lieferanten nicht kommuniziert, so dass das Niveau der Managementsysteme nicht eingeschätzt werden kann“, heißt es in der Studie. Unter den chinesischen Herstellern glänzt Yingli, das sich insgesamt in der Bewertung im Mittelfeld bewegt. Zwar finden sich auf der Webseite von Yingli kaum Daten und Fakten zu Umweltaspekten. Das gleiche gelte auch für den englischsprachigen Jahresbericht. Dafür sei aber der chinesischsprachige Jahresbericht ausführlicher und belege, dass Yingli im Umwelt- und Arbeitsschutz besser aufgestellt sei, als aus den anderen Quellen hervorgehe.

Die nachhaltigsten Solarwerte

Besonders gut schnitten FirstSolar und SolarWorld ab. Alle Standorte von FirstSolar seien nach ISO 14001 zertifiziert. Zum Teil gebe es auch Arbeitsschutzzertifikate nach OHSAS 18001. „Die Transparenz und Kooperation ist vorbildlich. Bezüglich des Recyclings ist First Solar im Bereich der Dünnschichttechnologie das einzige Unternehmen, das eine Recyclinganlage betreibt“, heißt es in der Studie. Bei dem Verfahren, das First Solar beim Recycling von Dünnschichtmodulen anwendet, können 90 Prozent des Glases und 95 Prozent der Halbleiter wiedergewonnen werden. First Solar betreibt in Frankfurt an der Oder die einzige Recyclinganlage für CdTe Dünnschichtmodule in Deutschland.

SolarWorld setze mit seinem Nachhaltigkeitsbericht einen neuen Standard innerhalb der Photovoltaik-Branche. Von allen untersuchten Unternehmen veröffentliche SolarWorld als einziges in seinem Jahresbericht Daten und Fakten zum Umwelt- und zum Arbeitsschutz. Im Bereich der kristallinen Zelltechnologie habe SolarWorld einen Wettbewerbsvorteil, da ein Tochterunternehmen als einziges das entsprechende Recycling-Know-How habe. Das ist die Recyclinganlage für Module auf Siliziumbasis der Deutschen Solar AG.

Schlechte Noten für Sunpower

SunPower konnte wie oben schon erwähnt nicht glänzen. Das amerikanische Unternehmen bleibe bisher den Nachweis seiner Zertifizierung schuldig. Von allen untersuchten Unternehmen erhalte SunPower mit Blick auf die Transparenz, Berichterstattung und Kooperation die schlechteste Bewertung.

Murphy&Spitz Umweltfonds Welt

Der M&S Umweltfonds Welt verfolgt weiterhin überwiegend eine ruhige, werterhaltende Anlagepolitik. Die Entwicklung im Monat Januar war negativ und wurde mit –4,27 Prozent abgeschlossen. Die sehr gut ins Jahr gestarteten chinesischen und US-Solarwerte wurden „vorsorglich im Vorfeld der deutschen Verhandlungen zur Senkung der Einspeisevergütung für Solarstrom aufgelöst“, wie das Unternehmen mitteilt. Dadurch habe man die Verluste im Rahmen halten können. „Wir gehen mittelfristig von einer Erholung der Aktienmärkte bei gleichzeitiger Volatilität aus. Die Investitionsquote stieg bis Mitte Januar auf 99,5 Prozent und sank bis zum Ende des Monates auf 76,99 Prozent. Die noch verbleibenden Mittel wurden in Liquidität gehalten“, teilte Murphy&Spitz mit. Der immense Einfluss auf alle weltweiten Solarproduzenten basiere darauf, dass der deutsche Markt nach Einschätzung von Murphy&Spitz Research 2009 einen Weltmarktanteil von 60 Prozent hatte.

Murphy&Spitz Umweltfonds Deutschland

Der M&S Umweltfonds Deutschland investiert in nachhaltige Wachstumsunternehmen in Deutschland. Ziel ist es, einen ökologischen Mehrwert für die Umwelt, Gesellschaft und die Menschen zu erzielen. „Im Januar stellten wir eine hohe Volatilität der Märke und des MSUF Deutschlands fest. Hatte der MSUF Deutschland bis Mitte Januar die Aktienquote auf über 95 Prozent erhöht, so wurde die Quote bis Ende des Monats auf 78,11 Prozent gesenkt - der Rest der Mittel wurde in Liquidität gehalten“, teilt die Gesellschaft mit. Auch hier bei diesem Fonds hatte sich Murphy& Spitz vorsorglich von einigen Solarwerten getrennt. Murphy&Spitz führte Ende Januar die Beteiligungsgesellschaft M&S Green Capital AG an die Börse und beteiligte sich im Rahmen eines Pipeinvestments an ihr. Die Entwicklung im Januar war negativ und liegt bei -5,78 Prozent.

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