Kommentar
09:17 Uhr, 20.06.2011

Weizen: Chartformation kündigt massiven Preisanstieg an

Zum Jahreswechsel sah es noch danach aus, als würden sich Weizenpreise ihrem Zenit, den sie im Jahr 2008 bei 13,18 Dollar erreichten, nähern. Über neun Dollar kostete ein Scheffel Weizen (27,2 kg) in den USA – das war doppelt so viel wie vor einem Jahr. In Paris wurde die Tonne gemahlener Weizen bei 270 Euro gehandelt und war damit nur noch 8% unter dem Rekordhoch aus dem Jahr 2008. Dann kam die Korrektur. Die Weizenpreise rutschten bis auf 6,53 Dollar pro Scheffel Mitte März.

Dass der Weizenpreis in Europa so viel teurer ist als in den USA, liegt vor allem an dem Exportembargo Russlands, an Exportbeschränkungen der Ukraine und auch am starken Kurs des Euro, der Importe aus Europa relativ zu Importen aus den Vereinigten Staaten teurer werden lässt. Eine schwere Dürre hatte Russland und die Ukraine im vergangenen Sommer fest im Griff. Außerdem, und dies wirkt sich weltweit auf das Angebot aus, war Australien während der schlimmsten Flutkatastrophe seit 100 Jahren sprichwörtlich „Down Under“. Die dortigen Landwirte werden wahrscheinlich mehr als die Hälfte der Weizenernte abschreiben müssen.

„Charttechnik kündigt eine Preissteigerung bei Weizen um ein Drittel an.“

- Zitat Jochen Stanzl, Chefredakteur Rohstoff-Report.de -

Es wäre schon schlimm genug, wenn mit Russland, Australien und der Ukraine die viert-, fünft- und sechstgrößten Weizenexporteure der Erde ganz oder teilweise ausfielen. Nun ranken sich die neuesten Gerüchte um Chinas Winterweizenernte, die im Hochsommer eingefahren werden soll. In den wichtigen Getreideanbauge bieten im Nordosten der Volksrepublik soll die schwerste Dürre seit 200 Jahren herrschen. Genaue Daten sind jedoch nicht bekannt, da Peking sich gegenüber der Presse bedeckt hält. Deshalb kocht die Gerüchteküche. China könnte 2011 große Mengen Weizen auf dem Weltmarkt einkaufen und das Angebot verknappen, heißt es da. Außerdem kommen die USA mit ihrer Aussaat des Sommerweizens für dieses Jahr nicht hinterher, während ein großer Teil der Winterweizenernte mit einer schlechten Qualitätsnote bewertet wird.

Die technische Analyse offenbart dem mit dieser Analysemethode erfahrenen Betrachter ein äußerst interessantes Bild. Das Preisgeschehen in den Jahren 2007 und 2008 hat die Gestalt einer Schulter-Kopf-Schulter-Formation, einer Top-Formation, die aktiviert wird, wenn jene die Unterkanten beider Schultern verbindende Nackenlinie unterschritten wird, was im Herbst 2008 auch geschah. Das Verkaufssignal führte sofort zu schnellen Kursverlusten.

Nun sind jedoch zwei Dinge passiert, die das Chartbild des USWeizens äußerst positiv aussehen lassen.

Zum einen wurde das Kursziel der SKS-Top-Formation, das durch die Projektion der Höhe der Formation an der Bruchstelle der Nackenlinie nach unten berechnet werden kann, nicht erreicht. Immer wenn das geschieht, kann man davon ausgehen, dass die Käufer, sprich die Bullen, in einem solchen Markt eine große Stärke besitzen.

Zum anderen wurde die Nackenlinie im Hochsommer 2010 wieder überschritten. Die Bullen haben es also geschafft, das Verkaufssignal nicht nur vor dem Erreichen des bärischen Kursziels zu bewahren, nein, sie haben den Preis auch wieder in neutrales Gebiet zurückbewegen können. Aus charttechnischer Sicht bietet sich nun ein antizyklischer Einstieg bei 6,57 Dollar pro Scheffel oder alternativ ein prozyklischer Kauf bei einem Überschreiten des 2011er Hochs bei 8,92 Dollar. Das übergeordnete Ziel liegt bei ca. 12 Dollar pro Scheffel.

Anleger, die auf eine Aufwertung des Weizenpreises setzen möchten, werden bei der RBS fündig. Sie bietet ein Open-End-Zertifikat auf Weizen mit Quanto-Euro-Währungsschutz (WKN BN3HS) und ohne Absicherung gegen einen fallenden Dollar (WKN: ABN0CC) an. Da Weizen in Contango notiert, die Terminkurve also steigt und ein längeres Engagement im Weizenpreis also mit Rollverlusten einhergeht, bietet sich ein Blick auf den JPMCCI-Wheat-Total-Return-Index von JP Morgan an, auf den Vontobel ein Zertifikat anbietet (WKN: VT1FCJ). Das Charmante an dem Index-Konzept des JPMCCI ist, dass der Index kurvenneutral investiert – also nicht wie die RBS nur im vordersten Kontrakt, sondern entlang der gesamten Terminkurve in verschiedenen Liefermonaten. Die Allokation der Investitionen richtet sich dabei am Open Interest in den einzelnen Kontrakt monaten aus. Damit lassen sich sowohl beim Rollen, aber auch schon alleine durch die Tatsache, dass die Rollverluste am vordersten Ende der Terminkurve am stärksten sind, verringern.

Goldman Sachs bietet dem Anleger noch ganz andere Investmentmöglichkeiten in Weizen. Das Bonus-Zertifikat mit der WKN GS4DMR wird am 4. Dezember 2013 zu 110 Euro zurückgezahlt, wenn bis dahin die Barriere im Weizenpreis bei 5 US-Dollar nicht erreicht wird. Das Quanto-Euro-Zertifikat würde sich dann in ein Quanto-Open-End-Zertifikat umwandeln, wenn diese Schwelle erreicht würde. Andernfalls ist die maximale Rendite von 16,17% (6,09%) p.a. sicher. Das Zertifikat kann derzeit zu 94,69 Euro gekauft werden.

Besser ist hier das Produkt der Konkurrenz. Das Bonus-Zertifikat der DZ Bank (WKN: DZ2MTT) auf Weizen hat ein Bonus-Level, das gleichzeitig auch den Cap für die maximal mögliche Performance darstellt, bei 10,01 US-Dollar. Der Bonus wird ausgezahlt, wenn das Zertifikat am 26. November 2012 fällig wird und bis dahin nicht die Barriere bei 6 US-Dollar pro Scheffel Weizen erreicht. Gegenüber dem aktuellen Handelspreis sind das 17,35% Bonusrendite.

Das charmante am DZ-Bank-Produkt ist, dass es auf dem Dezember-2012-Kontrakt für Weizen basiert, und nicht wie im Fall des Goldman-Sachs-Produkts jeweils auf dem Front-Month. Der Dezember-2012-Kontrakt für Weizen kostet derzeit 9,42 Dollar, der Abstand zur Barriere liegt insofern mit 36,96% in vergleichbarem Abstand wie beim Goldman-Produkt (38,42%), nur dass bei der DZ Bank eine etwas größere Rendite möglich ist.

Wer ins Risiko gehen will, kann dies mit zahlreichen Hebelzertifikaten tun, die am Markt für Weizen angeboten werden. Passend zu unserem charttechnischen Szenario bietet sich ein antizyklischer Einstieg mit einem Open-End-Turbo der Société Générale mit Basispreis 5,95 US-Dollar pro Scheffel und Knockout bei 5,41 US-Dollar an (WKN: SG014P). Das Zertifikat hat einen Hebel von 2,94 (20.5.2011) und wird bei Erreichen des Basispreises zu einem Restwert zurückgezahlt. Andernfalls kann der Anleger bei steigenden Weizenpreisen gehebelt am Anstieg profitieren.

Für den prozyklischen Einstieg eignet sich das aggressivere SG Zertifikat mit der WKN SG1R3V mit einem Hebel von 4,37 (20.5.2011). Wenn Weizen über 8,92 Dollar steigt, ist aus charttechnischer Sicht ein relativ direkter An stieg bis auf 12 US-Dollar wahrscheinlich. Der Basispreis des aggressiveren SG-Zertifikats mit der WKN SG1R3V liegt bei 6,94 Dollar, der Knockout bei 6,31 US-Dollar.

Dieser Artikel ist in unserer Sonderpublikation Rohstoffe erschienen. Weitere spannende Themen können Sie nach einer kurzen kostenfreien Anmeldung hier herunterladen.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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