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11:20 Uhr, 08.12.2023

Weidmann: Verbraucher brauchen keinen digitalen Euro

FRANKFURT (Dow Jones) - Das frühere EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann, Aufsichtsratschef der Commerzbank, hat vor überzogenen Erwartungen an den von der Europäischen Zentralbank (EZB) geplanten digitalen Euro gewarnt. "Ich habe noch keinen Bedarf festgestellt, weder bei mir noch bei anderen", sagte Weidmann der Süddeutschen Zeitung. Weidmann verwies darauf, dass die Konsumenten schon heute digitales Geld auf ihren Girokonten hätten. "Das digitale Zentralbankgeld, so würde ich es präziser benennen, wird nur dann akzeptiert, wenn es den Bürgern einen konkreten Nutzen bietet über das hinaus, was es schon gibt", gab er zu bedenken.

Mit Blick auf den Datenschutz sagte Weidmann: "Das müsste, bevor man loslegt, strikt geregelt werden, um Missbrauch zu vermeiden. Es geht hier schließlich um sehr sensible Daten." Kritiker fürchten, der digitale Euro könnte staatlichen Behörden im schlimmsten Fall Einblick in das Zahlungsverhalten der Bürger geben.

Weidmann sprach sich zudem gegen eine Erhöhung der Mindestreserve aus. "Die EZB hat nicht über Verteilungsgerechtigkeit zu entscheiden. Notenbanken haben ihr Mandat zu erfüllen: Preisstabilität. Das ist ihr Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit und zum Zusammenhalt der Gesellschaft", sagte er. Ihre Aufgabe sei es nicht, dafür zu sorgen, dass eine Geschäftsbank angemessene Gewinne mache. In Zeiten des Negativzinses hätten die Banken draufgelegt, jetzt ist es andersherum. "Bei Investoren darf sich auch nicht der Eindruck breitmachen, dass europäische Banken, wenn sie mal Gewinne machen, diese nicht behalten dürfen. Sonst besteht die Gefahr, dass in diesen Sektor nicht ausreichend investiert wird", warnte er.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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