Kommentar
11:26 Uhr, 27.07.2016

Wachstumsziele purzeln

Während viele Institutionen noch rätseln, was nun mit der Wirtschaft in der post Brexit-Referendum-Welt geschehen wird, hat sich der IWF festgelegt und seinen Weltwirtschaftsausblick kräftig angepasst. Angepasst wurden dabei nicht nur die Wachstumsprognosen für Großbritannien oder die EU, sondern gleich für die ganze Welt.

Großbritannien ist für die Weltwirtschaft zweifelsohne wichtig. Immerhin beträgt die Wirtschaftsleistung 2,8 Billionen Dollar oder 3,5 % der Weltwirtschaftsleistung, doch ist das groß genug, um das Weltwirtschaftswachstum gleich um 10 oder 20 Basispunkte (0,1-0,2 %) zu drücken?

Die Korrektur der IWF-Prognosen fällt für Großbritannien am stärksten aus. Hier wird das Wachstum für 2017 um 0,9 Prozentpunkte nach unten revidiert. Ursprünglich wurde ein Wachstum von 2,2 % im kommenden Jahr erwartet. Nun sind es nur noch 1,3 %. Das Wachstum in Deutschland soll der Schätzung nach im kommenden Jahr 0,4 Prozentpunkte niedriger ausfallen (1,2 % anstatt zuvor 1,6 %).

Es macht absolut Sinn davon auszugehen, dass das Brexit-Votum Einfluss auf das Wachstum haben wird. Ob es nun wirklich Sinn macht, gleich eine so große Revision durchzuführen, ist fraglich. Dabei muss man sogar feststellen, dass die oben genannten Korrekturen dem Basisszenario entsprechen. Der IWF hat noch ganz andere Prognosen in petto.

Neben dem Basisszenario hat der IWF auch ein Downside-Szenario und einen Worst-Case-Szenario entwickelt. Für die Welt, entwickelte Länder und Entwicklungsländer sind die ursprünglichen Schätzungen und die Revision in der Grafik abgebildet. Kommt es also deutlich schlimmer als gedacht, dann reduziert sich das Wachstum in entwickelten Ländern bereits in diesem Jahr sehr deutlich. Das Wachstum würde 0,4 Prozentpunkte niedriger ausfallen als zunächst angenommen. Dieser Rückgang – das darf man nicht vergessen – findet innerhalb eines halben Jahres statt. Das ist schon fast ein Wachstumsschock.

2017 sähe es dann noch schlechter aus. Das Wachstum würde sich praktisch halbieren. Das Wachstum ist dann zwar immer noch positiv und zeigt für alle entwickelten Länder zusammen ca. 1 % Wachstum, doch dieser Durchschnitt täuscht über die Dramatik im Einzelfall hinweg. Großbritannien kann einer Rezession kaum entkommen. In Deutschland, welches durch die Exportstärke international besonders stark vernetzt ist, wäre das Wachstum nur noch knapp positiv.

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Aufgrund dieser Schätzungen und Szenarien bemüht sich der IWF wiederholt zu warnen und die Bereitschaft zu Konjunkturprogrammen anzumahnen. Der IWF stellt damit keine neuen Forderungen. Bereits beim G7-Gipfel in diesem Jahr wurden die gleichen Forderungen gestellt.

Der IWF tut sich mehr und mehr als Spielverderber hervor. Die Warnungen sind dramatisch und die Häufigkeit der Warnungen ist inflationär. Würde man als Anleger für Informationen über den Zustand der Wirtschaft nur die Informationen des IWF heranziehen, dann muss der Eindruck entstehen, dass sich die Welt permanent am Abgrund befindet.

Generell scheinen Institutionen wie der IWF, aber auch Notenbanken, zu immer drastischeren Szenarien zu greifen. Selbst wenn alles in bester Ordnung ist, wird um die Ecke das globale Chaos befürchtet. Nach der Finanz- und Schuldenkrise hat man als Beobachter sicherlich einen negativen Bias. Realistischer Weise bleiben Katastrophen wie 2008 aber aus. Sie kommen nicht einmal pro Jahrzehnt vor, sondern vielleicht alle 50 bis 100 Jahre.

Die Angst, dass sich 2008 schon morgen wiederholen könnte, sitzt aber anscheinend sehr tief. Notenbanken befinden sich nicht zuletzt deswegen in einem permanenten Ausnahmezustand. Es ist gut möglich, dass die Lage dadurch sehr viel schlechter eingeschätzt wird, als sie tatsächlich ist. Die Folge: Notenbanken und Institutionen wie der IWF sind absolut hyperaktiv, sei es durch geldpolitische Maßnahmen oder die Entwicklung von Schreckszenarien. Solange die Hyperaktivität nicht abflaut ist eine Normalisierung unwahrscheinlich. Die permanent beschlossenen neuen Maßnahmen halten die Welt in Atem und sorgen für mehr Verunsicherung als Unterstützung. So kann die Normalisierung nicht funktionieren.

Lars Gottwik
Partner & COO JFD Brokers
JFD Brokers – Just FAIR and DIRECT

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1 Kommentar

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    "Generell scheinen Institutionen wie der IWF, aber auch Notenbanken, zu immer drastischeren Szenarien zu greifen." - kommt davon wenn man mit 0% Leitzinsen mit dem Rücken an der Wand steht.

    Wozu will den der IWF Konjunkturprogramme? Damit noch mehr Staaten in die Pleite getrieben werden können, so das er über Sie herschen kann? Wenn Konjunkturprogramme das Allheilmittel wären, und es wirklich funktionieren wurde, wieso war es in den USA so ein Strohfeuer? Wieso hat das "Wachstum" in den USA nicht die Schuldenrate in BIP gemessen nicht wieder etwas gedrückt? Stattdessen sind die USA Heute so verschuldet wie nie zuvor. Das ganze kann nur durch die niedrigen Zinsen am Leben erhalten werden.

    12:26 Uhr, 27.07.2016

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