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00:01 Uhr, 10.10.2024

Vorschriftswidrige Verwendung von EU-Mitteln nimmt zu

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones) - Die EU-Mitgliedsländer haben im vergangenen Jahr nach Aussage des Europäischen Rechnungshofs mehr EU-Mittel als zuvor vorschriftswidrig verwendet. Wie die Behörde in ihrem Jahresbericht zum EU-Haushalt schreibt, wurden 2023 Mittel über 191,2 Milliarden Euro regelwidrig ausgegeben. Die Fehlerquote stieg damit auf 5,6 (2022: 4,2/2021: 3,0) Prozent. Wie in den vergangenen vier Jahren gelangten die Prüfer zu dem Schluss, dass die geschätzte Fehlerquote wesentlich und umfassend ist, und geben daher ein sogenanntes versagtes Prüfungsurteil zu den EU-Ausgaben für 2023 ab.

Die Prüfer betonen, dass der deutliche Anstieg der geschätzten Fehlerquote weitgehend auf die bei den Kohäsionsausgaben gefundenen Fehler (Quote von 9,3 Prozent gegenüber 6,4 Prozent im Jahr 2022) zurückzuführen ist. Als möglichen Grund für die Schwierigkeiten, die Finanzierung von Kohäsionsprojekten korrekt abzuwickeln, sehen sie den Zeitdruck, der auf den nationalen Behörden lastet, wenn es darum geht, Gelder aus miteinander konkurrierenden Fonds auszugeben.

Die geschätzte Fehlerquote ist kein Maß für Betrug, Ineffizienz oder Verschwendung, sondern eine Schätzung der Beträge, die nicht gemäß den EU- und nationalen Vorschriften verwendet wurden. Bei ihrer Arbeit sind die Prüfer jedoch auch auf 20 Fälle gestoßen, in denen sie Betrug vermuteten. Diese Fälle meldeten sie den zuständigen EU-Behörden.

Außerdem gab es laut Rechnungshof Unregelmäßigkeiten bei einem Teil der 48 Milliarden Euro, die im Rahmen der sogenannten Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) - der wichtigsten Säule des Corona-Aufbaupakets Next Generation EU (NGEU) - ausgegeben wurden. Die Prüfer stießen auf Zahlungen, für die nicht alle Bedingungen erfüllt waren, sowie Schwachstellen in den Kontrollsystemen der EU-Länder. Die Prüfer stellten fest, dass rund ein Drittel dieser ARF-Zahlungen nicht den Vorschriften entsprach. Sechs davon wiesen in wesentlichem Umfang Fehler auf.

Außerdem stießen die Prüfer auf Fälle, in denen die Etappenziele oder Zielwerte schlecht konzipiert waren, sowie auf anhaltende Probleme bei der Zuverlässigkeit der Angaben in den Verwaltungserklärungen der EU-Länder. Daher gaben sie ein sogenanntes eingeschränktes Prüfungsurteil zu den ARF-Ausgaben ab.

"Zur Mitte des Finanzierungszeitraums 2021-2027 zeigen die Feststellungen in unserem Jahresbericht zentrale Herausforderungen für den EU-Haushalt, darunter hohe vorschriftswidrige Ausgaben", erklärte Tony Murphy, Präsident des Rechnungshofs. "Diese Problematik macht deutlich, dass wir sowohl auf Ebene der Mitgliedstaaten als auch auf EU-Ebene solide Aufsichts- und Rechenschaftsmechanismen benötigen, damit wir das Vertrauen der Öffentlichkeit nicht verspielen und um künftige EU-Haushalte abzusichern."

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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