Kommentar
08:12 Uhr, 06.06.2009

Von der „besseren zur billigeren“ Aktie

Erwähnte Instrumente

  • Discount Zertifikat auf DAX
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Die Abgeltungssteuer-Problematik stand aber auch bei anderen Produkttypen wie z.B. Bonus-Zertifikaten im vergangenen Jahr besonders im Blickpunkt. So suchten zahlreiche Anleger im ersten Halbjahr 2008 aufgrund der bis 30. Juni 2009 dauernden Übergangsfrist für Zertifikate nach Papieren, die ihnen noch ein letztes Mal steuerfreie Renditen im Rahmen der alten 12-monatigen Stichtagsregelung zusichern sollten. Die „Not“ der Investoren ließ die Anbieter dabei zu kreativer Hochform auflaufen. So hieß eine der vielbeschworenen Lösungen: „Multi-Bonus“, jener Produkte, die sich gleichzeitig auf mehrere Basiswerte bezogen und das ganze Risiko dabei auf die jeweils „schlechteste“ Aktie abwälzten („Worst-of-Prinzip“). Wie fatal sich dieser Mechanismus nicht zuletzt vor dem Hintergrund einer sich zu diesem Zeitpunkt erst noch zu einem Hurrikan formierenden Finanzmarktkrise mit dem Höhepunkt Lehman im September auswirkte, zeigt der Scherbenhaufen, vor dem Anleger heute stehen, die an solchen, in der kritischen Nachbetrachtung ziemlich wahnwitzigen Investments festgehalten haben und denen im Hinblick auf eine mögliche Erholung jetzt auch noch die Laufzeit fehlt. Aber auch klassische Bonus-Papiere mit nur einem Underlying – vor der Krise noch als die „bessere“ Aktie gefeiert - mussten der katastrophalen Entwicklung an den Märkten einen schweren Tribut zollen und nur die allerwenigsten Produkte mit ganz hohen Puffern konnten letztlich überleben. Zu diesem Schluss kommt auch aktuell die Ratingagentur Scope in ihrer umfassenden Studie zum ersten Quartal 2009, in dessen heftiger Abwärtsbewegung bei fast zwei Dritteln der Bonus-Zertifikate (62,4 Prozent) der Risikopuffer nicht ausreichte, auch wenn die Papiere im Durchschnitt dennoch um 6,3 Prozent besser als ihr Basiswert performten.

Die Konsequenz aus der Malaise könnte indes zweifacher Natur sein und zu allererst in einer Art Selbstdisziplinierung des Anlegers bestehen. So sollte bei der Auswahl aus den mittlerweile auf diversen Internetseiten angebotenen „Rennlisten“ nicht einseitig nur auf die höchstmögliche Seitwärtsrendite abgestellt und dabei auch noch hohe Aufgelder gegenüber einem gleichzeitigen Direktinvestment akzeptiert werden. Da in der jüngsten Vergangenheit die Risikopuffer meist viel zu niedrig angesetzt waren, wie auch die Scope-Studie speziell bei Produkten auf DAX oder Euro STOXX 50 nachweist, sollte dem Erhalt der Bonus-Struktur durch eine konservativere Herangehensweise Rechnung getragen werden. Zudem sollten im Extremfall auch diverse Deep-Papiere, die nur eine kleine Bonus-Chance beinhalten, in größerem Stile in das eigene Depot aufgenommen werden. Dies gilt insbesondere in Zeiten noch immer deutlich über dem langjährigen Durchschnitt befindlicher Volatilitäten. Schließlich lässt sich mit einem ungecappten Papier im Falle eines leichten Kursanstieges beim Basiswert dennoch eine attraktive Rendite erzielen. Wer dagegen auf nur noch kurzer Strecke bis zum Laufzeitende agieren möchte, kommt jedoch um einen die Performance begrenzenden Cap kaum herum.

Eine weitere Maßnahme zeigt sich seit dem vergangenen Jahr in dem zumindest zaghaften Trend zu Produkten mit einer europäischen Ausübung. Da die Barriere hier nur an bestimmten Tagen bzw. in definierten Zeiträumen zum Laufzeitende hin „aktiv“ ist, können zwischenzeitliche Turbulenzen der Bonus-Struktur nichts anhaben, solange die Kursschwelle in den letzten Wochen oder Monaten ihren Zweck erfüllt. Warum die Notwendigkeit sogenannter „Bonus Pro-Papiere“ bislang nur von der Commerzbank so richtig erkannt und seit Jahren regelmäßig gepflegt wird, ist für Marktbeobachter nicht ganz nachvollziehbar, auch wenn gegen die verheerende Entwicklung an den Finanzmärkten auch mit diesen Produkten zu Hochzeiten der Krise wenig „Kraut“ gewachsen war.

Dies veranlasste wohl wiederum die Commerzbank zu einem weiteren Griff in die Trickkiste. Warum das von den Kapitalschutz-Produkten her bekannte „Asianing“ sprich die Durchschnittsbildung nicht auch auf die Bonus-Struktur anwenden, könnte die bei den auf steigende Kurse gerichteten Garantern doch eher lästige Glättung gerade dort auch die Gefahr eines ungewollten Schwellenbruchs deutlich reduzieren? Heraus kamen die sogenannten „Medio-Bonus“-Zertifikate auf vier DAX-Titel und den Euro STOXX 50, die genau dieses Ziel verfolgen. Denn im Gegensatz zu allen bisherigen Formen des Bonus-Investments ergibt sich hier der einzig für eine mögliche Barrierenverletzung maßgebliche Kurs nicht nur erst am Ende der Laufzeit, sondern auch aufgrund einer monatlichen Durchschnittsbildung. Auf diese Weise hätte ceteris paribus selbst das mit einem 40-prozentigen Puffer ausgestattete Papier auf die seitdem in sich zusammengefallene Aktie der Commerzbank überlebt, wäre es nur schon ein Jahr zuvor im März 2008 auf den Markt gekommen. Dabei hätte sich der Durchschnittsverlust in der Aktie nur auf knapp 30 Prozent belaufen, während der Titel gleichzeitig fast 90 Prozent an Wert einbüßte. Leider nur eine Rückrechnung, die aber zumindest zeigt, dass sich selbst die schlimmsten Finanzkrisen mit Zertifikaten umschiffen lassen. Aufgrund der momentanen Kursrallye an den Märkten, ist es für einen Einstieg in die erste Serie der Medio-Bonus-Papiere aber bedauerlicherweise schon zu spät, da am Ende nur ein fester Bonus-Betrag ausgezahlt wird.

Wer es bei weitem nicht ganz so defensiv angehen und am Bonus-Markt auf besonders schwankungssensitive Strukturen setzen möchte, die einen Vola-Rückgang speziell belohnen, der kommt an den im Juni 2006 erstmals von der Société Générale als Bonus- und auch Discount-Variante angebotenen Korridor-Papieren nicht vorbei. Der Schlüssel dieser „Seitwärts-Künstler“ liegt in den beiden Barrieren, die bei Emission deutlich unter- und oberhalb des Referenzkurses festgelegt werden und so einen breiten Kurskorridor beschreiben, innerhalb dessen sich der jeweilige Basiswert während der Laufzeit des Papiers maximal bewegen darf. Als Gegenleistung erhält der Investor bei Fälligkeit eine fixe Extra-Zahlung, die deutlich höher ausfällt, als bei herkömmlichen Bonus-Produkten. Sollte allerdings zu irgendeinem Zeitpunkt während der Laufzeit eine der beiden Schwellen berührt werden, wird die Bonus-Struktur deaktiviert und die Kursentwicklung des Zertifikats richtet sich in der Folgezeit danach, welche der beiden Barrieren zuerst verletzt wurde. Trifft das ungewollte Ereignis als erstes auf die untere Schwelle zu, so verwandelt sich das Korridor-Papier in ein einfaches Index-Zertifikat, das die Performance des Basiswertes ausgehend von dem Niveau bei Emission eins zu eins im Kurs nachvollzieht. Sollte das Underlying aber bei Fälligkeit wieder über seinem Ausgangslevel notieren, wird auch dann noch eine positive Rendite ausgezahlt. Im umgekehrten Fall, wenn der Basiswert zuerst an seine obere Barriere stoßen sollte, wird der Anleger am Ende so gestellt, als wenn er von vornherein ein sogenanntes Reverse-Zertifikat im Depot gehabt hätte, das von fallenden Notierungen profitiert. Das Underlying müsste hier also erst wieder sein Emissionsniveau unterschreiten, damit das Papier am Ende ins Plus läuft. Der Anleger kann bei diesem Produkttyp mittlerweile zwischen verschiedenen Emittenten und Basiswerten wählen, wobei die Ausrichtung eher kurzfristig sein sollte.

Bei Anlegern, die analog zu Otto Rehhagel’s altem Fußball-Spruch auf „kontrollierte Offensive“ setzen möchten, könnten die Top Bonus-Zertifikate der Credit Suisse ganz oben auf der Einkaufsliste stehen. Allerdings müssen sie dafür eine Geduldsphase von immerhin fünf Jahren einkalkulieren. Erst dann wird überprüft, ob der zugrundeliegende Euro STOXX 50 tatsächlich um mindestens acht Prozent seit seinem Auflageniveau zugelegt hat. Ist dies der Fall kann sich der Zertifikate-Inhaber über eine Verdopplung des Nennbetrages freuen. Ansonsten muss er bei Fälligkeit 2014 das Schicksal mit einem Investor teilen, der von Beginn an eins zu eins ohne Dividendenanrecht in den Index investiert hat.

Ob Bonus-Zertifikate allerdings immer die „bessere“ Aktie darstellen, hängt von mehreren Faktoren ab, muss hier doch zugunsten der zusätzlichen Seitwärts-Chance schon allein auf die Dividende verzichtet werden. Discounter hingegen sollten bereits ex definitione das „billigere“ Vehikel sein, da der Basiswert bei der klassischen Variante durch den zusätzlichen Verkauf einer Optionskomponente mit einem entsprechenden Abschlag erworben wird. Dies gilt insbesondere in Phasen hoher Schwankungen, nimmt der Zeitwert einer Option doch mit steigender Volatilität zu, was sich damit weiter negativ auf den Preis des Zertifikats auswirkt und das Papier für den Anleger noch attraktiver macht. Dies gilt übrigens auch für Discounts mit einer relativ kurzen Restlaufzeit. Da der Zeitwertverlust der verkauften Option gerade in den letzten Laufzeitmonaten überproportional zunimmt, gewinnt das Zertifikat selbst bei einem stagnierenden Aktienkurs entsprechend an Wert. Das noch immer erhöhte Volatilitätsniveau lässt auch extrem konservativ ausgestattete Produkte zu einer Art „Festgeldersatz“ werden, wenngleich nicht oft genug betont werden kann, dass es sich trotz exorbitant hohem Abschlag dabei immer noch um ein Aktieninvestment handelt. So wäre beispielsweise ein bis Dezember 2011 laufender Discounter von Goldman Sachs auf den DAX (GS1QCH) mit einem Cap bei 1.800 Index-Punkten für eine Maximalrendite von 3,9 Prozent p.a. gut. Der Discount würde dabei über 66 Prozent betragen.

Wie schon bei den Bonus-Papieren, sind dem Variantenreichtum auch bei den Abschlags-Produkten kaum Grenzen gesetzt. So heißen die Vertreter mit einer zusätzlichen Barriere und einem damit verbundenen noch interessanteren Chance-Risiko-Profil hier „Discount-Plus bzw. –Plus-Pro", je nachdem, ob die Kursschwelle die ganze Laufzeit über oder nur im letzten Monat „scharf“ ist. Gerade dieser kleine aber feine Unterschied wurde ja bereits erörtert. Zwar ist die Rendite hier nach oben gedeckelt, doch ermöglicht der Cap einen etwas günstigeren Einstieg als beim entsprechenden Bonus-Produkt. Noch preiswerter sind allerdings die klassischen Discounter. Der besondere Vorteil der Spezies mit einer eingezogenen Barriere, die erst am Ende aktiv ist, liegt vor allem darin, dass diese je nach individueller Ausrichtung und dem Zeithorizont des Anlegers sowohl eher defensiv als auch offensiv „interpretiert“ werden kann.

WKN Name Emittent Fälligkeit Briefkurs
BN3EE7 DAX 2600/6000 Bonus-Cap-Zert. BNP 21.12.2012 45,18 €
CM1RXX ES50 1850/2850 Bonus-Pro-Zert. COBA 25.03.2010 25,57 €
SG06ZF Hannover Rück Korridor-Bonus SG 25.09.2009 99,06 €
CS0DQR ES50 Top Bonus-Zertifikat 2 CS 22.05.2014 103 € (in Zeich.)
GS1QCH DAX 1.800 Discount-Zertifikat GS 07.12.2011 16,59 €
CM2ZVS ES50 1750/2500 Discount-Plus-Pro COBA 25.03.2010 22,79 €

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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