Nachricht
19:20 Uhr, 13.03.2024

Volkswagen muss für bessere Bewertung endlich liefern

Erwähnte Instrumente

DJ ANALYSE/Volkswagen muss für bessere Bewertung endlich liefern

Von Stephen Wilmot

FRANKFURT (Dow Jones) - Volkswagen (VW) ist der Archetyp eines alten Autoherstellers: schlaff, träge und so bewertet, als würde das Unternehmen kurz vor dem Aus stehen. Die Jahresergebnisse zeigten keine Anzeichen dafür, dass das Untergangsszenario, das die Bewertung impliziert, eintreten wird. Gleichzeitig haben die Wolfsburger aber noch nicht überzeugend darlegen können, dass der Konzern seine ausschweifenden Ausgaben oder die neuen Technologien für den Bereich E-Mobilität in den Griff bekommen hat.

   Volkswagen ist günstig bewertet 

Der auffälligste Beweis für die niedrige Bewertung von Volkswagen ist, dass der eigene Marktwert in etwa dem Wert der rund 75-prozentigen Beteiligung an dem Sportwagenhersteller Porsche entspricht, der 2022 über einen Minderheitsbörsengang teilweise ausgegliedert wurde. Ganz außer Acht gelassen, dass der Konzern über Unmengen an Nettoliquidität und wertvolle Marken wie Audi, Lamborghini und Bentley verfügt. Es gibt aber noch weitere Anzeichen dafür, dass Volkswagen unterbewertet ist: So werden die VW-Aktien mit weniger als dem Vierfachen des voraussichtlichen Gewinns gehandelt. Toyota, das einzige vergleichbare Unternehmen in Bezug auf Größe und globale Reichweite, wird mit dem Zehnfachen bewertet. Der Chrysler-Eigentümer Stellantis, der lange Zeit sogar mit einem Abschlag gegenüber VW gehandelt wurde, notiert nach einem glänzenden Jahr 2023 nun mit dem Fünffachen.

Die Ergebnisse der Wolfsburger erinnern daran, warum viele Anleger das Unternehmen meiden. So hat Volkswagen 2023 zwar einen Nettogewinn von 17,9 Milliarden Euro erzielt, und das ist doppelt so viel wie General Motors - allerdings hätte es mehr sein können. Grob skizziert rechnet Toyota für sein Geschäftsjahr bis Ende März mit einem Wachstum beim Nettogewinn um 50 Prozent, obwohl die Japaner 2023 nur 20 Prozent mehr Fahrzeuge an die Kunden brachten als Volkswagen.

Volkswagen hatte auf einem Kapitalmarkttag im vergangenen Juni einen Turnaround-Plan vorgestellt, aber der steckt noch in der Anfangsphase. Die Erwartungen für dieses Jahr sehen bescheiden aus, so rechnen die Wolfsburger mit einem Umsatzwachstum bis zu 5 Prozent bei einer nur leichten Verbesserung der Margen. Konzernchef Oliver Blume verteidigte die Prognosen, die bereits zusammen mit einigen Eckdaten Anfang des Monats veröffentlicht wurde, am Mittwoch in einer Telefonkonferenz mit Analysten als "robuste Aussichten in einem schwierigen Umfeld".

Ein neues Detail in den am Mittwoch veröffentlichten ausführlichen Ergebnisse war der Ausblick von Volkswagen für den chinesischen Markt, wo der Konzern Marktanteile an BYD verliert, weil sich der Markt in Richtung Elektroautos verschiebt. Volkswagen geht davon aus, dass sein Anteil am Betriebsergebnis seiner lukrativen chinesischen Joint Ventures bis 2024 auf 1,5 bis 2 Milliarden Euro sinken wird, was etwa der Hälfte des Niveaus von 2022 entspricht. Und das ist nur ein Teil des Engagements der Wolfsburger in China, das sich auch in Form von Fahrzeug- und Komponentenexporten aus Deutschland zeigt. Das Unternehmen wirft hier mit Geld um sich - sowohl bei neuen EV-Partnern wie Xpeng als auch bei seinen eigenen chinesischen Betrieben. Dies ist seit langem ein reflexartige Verhalten von Volkswagen auf Herausforderungen, was das Vertrauen der Anleger in eine akzeptable Rendite des Unternehmens nicht erhöht.

   Sehr hohe Forschungs- und Entwicklugskosten 

Der Volkswagen-Konzern sieht in diesem Jahr einen hohen Bedarf für Investitionsausgaben. Der Autohersteller will 13,5 bis 14,5 Prozent des Umsatzes in Entwicklung, Produkte und Anlagen stecken - nach Aussage des Unternehmens ein Höchststand. Zum Vergleich: Wettbewerber Toyota rechnet in seinem laufenden Geschäftsjahr mit halb so hohen Ausgaben.

Eine Möglichkeit für Unternehmen, Kapitaldisziplin zu signalisieren, besteht darin, den Anlegern das Geld zu zeigen - und so hat Volkswagen in den vergangenen Jahren die Dividenden deutlich aufgestockt. Die Forward-Rendite liegt jetzt bei 7,6 Prozent, was den Aktionären eine anständige Rendite verspricht, selbst wenn sich der Aktienkurs nicht bewegt. Dennoch haben die Rivalen Mercedes-Benz, Stellantis und sogar General Motors mehr versprochen, einschließlich Aktienrückkäufe.

Die Anleger interessierten sich für "besondere Geschichten" im umkämpften Automobilsektor, wie Toyotas führende Rolle bei Hybridfahrzeugen oder die klassenbeste Kostendisziplin von Stellantis, wie Federated-Hermes-Portfoliomanager Dariusz Czoch sagt. So gesehen habe Volkswagen nicht viel zu bieten, abgesehen von einer langsamen und komplexen Turnaround-Story, die die Anleger auch schon von früheren Chefs gehört haben.

VW ist wohl kaum auf dem Weg in den Abgrund, wie es der Aktienkurs vermuten lassen könnte. Aber man kann es den Anlegern auch nicht verübeln, dass sie abwarten, bis die Wolfsburger liefern.

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/cbr/brb

Copyright (c) 2024 Dow Jones & Company, Inc.

Passende Produkte

WKN Long/Short KO Hebel Laufzeit Bid Ask
Keine Ergebnisse gefunden
Zur Produktsuche