Kommentar
00:00 Uhr, 09.10.2008

Volatilitätsindex $VIX – Noch ein weiter Weg bis zur Panik von 1987 ?

Bei der Betrachtung des Volatilitätsindex $VIX, welcher in Prozentpunkten angegeben wird, fällt auf, dass die extremen Turbulenzen an den Märkten diesen auf neue mehrjährige Hochs geführt haben. Die Verunsicherung und Volatilität ist an einem Extrem angelangt, welches auch nicht zum Zeitpunkt des Einbruchs 2002 zu erkennen war. Einzig der Stand des $VIX beim Crash 1987 fällt mit Werten von 150 völlig aus dem Rahmen. Dieses Bild suggeriert, dass der aktuelle Zustand sich noch um ein vielfaches verstärken kann.

Um diese beiden Extremwerte vergleichen zu können, muss aber betrachtet werden, was 1987 wirklich passiert ist und wie diese Entwicklung sich im Volatilitätsindex niederschlägt.

Interessant ist dabei zunächst, dass der Volatilitätsindex, welcher sich auf den S&P 500 bezieht, von der CBOE erst seit 1993 berechnet wird. Die Daten von vor 1993 beziehen sich somit auf eine fiktive Rückrechnung. Auch bezog sich die Berechnung des VIX in den ersten 10 Jahren bis zur Umstellung 2003 noch auf den S&P 100, welcher deutlich weniger wichtig ist als der große Bruder, der aktuell genutzte S&P 500. Auch werden erst seit 2003 zur Berechnung die echten Optionspreise genutzt, zuvor waren es fiktive Optionen.

Im VIX erfolgt die Berechnung aufgrund der Durchschnittsbildung vieler Indexoptionen auf den S&P 500 mit einer Restlaufzeit von 30 Tagen. Das Maß des VIX gibt die in den Optionen enthaltene implizite Volatilität wieder. Diese implizite Volatilität beschreibt die Erwartung der möglichen Schwankungsbreite des Index bezogen auf die nächsten 30 Tage. Ist die implizite Volatilität niedrig, wird keine größere Schwankung, also ein stabiler Markt erwartet. Ist die Volatilität hoch, dann liegt die Erwartung großer Kursschwankungen vor. Dies ist vor allem bei den grundsätzlich schneller verlaufenden Abwärtsbewegungen, und damit auch aktuell der Fall.

Basis der impliziten, der von den Marktteilnehmern erwarteten, Volatilität ist grundsätzlich die historische Volatilität. Das also, was an Schwankung zuletzt vorhanden war. Dies ist besonders bei der kurzfristigen Berechnung des VIX anhand von 30 Tage-Optionen wichtig, da für diese auch die jüngsten Kursbewegungen der vergangenen Tage besonders ausschlaggebend sind.

1987 nun kam es zu einem drastischen Einbruch. Bereits vor dem 19. Oktober ging es steil nach unten, der Preisverfall innerhalb weniger Stunden zum Wochenbeginn am 19. Oktober um mehr als 22 %, bezogen auf den Dow Jones, war dann die Spitze. Ähnlich drastisch erging es auch den S&P Indizes, auf denen der rückgerechnete VIX beruht.

Im Chart sehen Sie die Entwicklung des S&P 500 im Oktober 1987:

Ein derartiger Preisverfall und damit auch ein extremer Anstieg der historischen Volatilität, führt zwangsläufig zu einem drastischen Anstieg der impliziten Volatilität, also auch im VIX. Völlig unabhängig davon, wie groß die Panik unter den Marktteilnehmern zu diesem Zeitpunkt war. Interessant ist nun die Tatsache, dass der Einbruch 1987 Final vor allem durch automatische Verkaufsprogramme in dieses Ausmaß geführt wurde. Durch aufgestaute Verkaufsaufträge über das Wochenende im Terminmarkt, welche durch Indexarbitrage auf die Kassamärkte übertragen wurden, kam vor allem auch aufgrund des späten Handelsbeginns einzelner Titel am Kassamarkt zu einer Panik, welche zu einem Ausverkauf geführt hat. Diese Panik war aber vor allem durch Automatismen begründet, welche mit der aktuellen Panik an den Märkten nicht vergleichbar sind.

Somit stellt sich die Frage, ob ein zurückgerechneter Volatilitätsindex, welcher sich auf ein vor allem durch automatische Programme ausgelösten Crash bezieht und die daraus resultierende rein rechnerisch zwingende Panik von 1987 darstellt, mit der aktuellen Situation vergleichbar ist. Einem Vergleich der Situation 1998 und 2002 bei Höchstständen des VIX um 45 Punkte hält die aktuelle Situation aber in jedem Fall stand. Dieses Niveau wurde jüngst deutlich überschritten.

Die aktuellen Werte des VIX von über 50 stellen also nicht nur Extremwerte auf Sicht der aktuell laufenden Dekade, sondern auch auf Sicht der letzten Jahrzehnte dar. Das 1987er Peak ist systematisch nicht mit den Peaks ab 1990 vergleichbar.

Marko Strehk - Technischer Analyst und Trader bei GodmodeTrader.de

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Über den Experten

Marko Strehk
Marko Strehk
Technischer Analyst und Trader

Marko Strehk blickt auf intensive langjährige Erfahrungen mit verschiedenen Strategien des auf Charttechnik basierenden Tradings zurück. Als versierter Allrounder handelt Strehk Aktien und Indizes im kurz- und mittelfristigen Zeitfenster mit bestechender Präzision. Überragende Fähigkeiten in Trend- und Kursmusteranalysen, bei der Anwendung von Risiko- und Moneymanagementstrategien sowie ein umfassendes theoretisches Wissen zu unterschiedlichen Tradingmethoden und Tradinginstrumenten wie beispielsweise Hebelzertifikate, Optionsscheine, CFDs und Anlagezertifikate zeichnen ihn aus. Auf GodmodeTrader.de betreut Strehk als Headtrader die Produktpakete „Aktien Premium Trader“ und „CFD Trader Services“.

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