Analyse
16:52 Uhr, 16.09.2022

US-Aktienmärkte: Der Spuk dürfte bald vorbei sein, aber das ist tückisch

Nun merken plötzlich alle, dass es dem Fed-FOMC immer Ernst war und nach wie vor ist mit der Inflationsbekämpfung. Es gibt immerhin eine leichte Panik. Insbesondere nach den "Bad News" von Fedex gestern Abend.

Erwähnte Instrumente

  • Nasdaq-100
    ISIN: US6311011026Kopiert
    Kursstand: 11.826,60 Pkt (Nasdaq) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Nasdaq-100 - WKN: A0AE1X - ISIN: US6311011026 - Kurs: 11.826,60 Pkt (Nasdaq)

Mit diesen News sollte nun auch der letzte Anleger bemerkt haben, dass:

a) man sich nicht mit der Fed anlegen sollte ("Don't Fight The Fed!"), weil diese

b) stets über unbegrenzte Feuerkraft verfügt und damit am Ende ihren Willen bekommt, was

c) genau jetzt passiert. Wobei das am Ende ja auch eine gute Nachricht ist. Denn wenn sie ihren Willen bekommen hat, ist sie fertig.

Dabei gilt es zu bedenken, dass der erste und damals noch kleine Zinsschritt um 0,25 % erst Mitte März kam. Normalerweise dauert es aber rund neun Monate bis solche Maßnahmen wirken. Trotzdem kam und kommt es in den USA schon zu gewaltigen Marktbewegungen, der US-Immobilienmarkt befindet sich in einer Art "Crash-Modus".

Der Offenmarktausschuss wird aber auch weiterhin nicht nachgeben. Das klar formulierte Ziel ist es, die Leitzinsen auf rund 4 % anzuheben und sie für längere Zeit dort zu belassen. Zugleich läuft nun QT mit 95,0 Milliarden US-Dollar pro Monat auf vollen Touren. Die Fed wird QT jedoch weiterhin nutzen, um einen "Crash" des Marktes zu verhindern. QT ist quasi ihr Ventil.

Womit wir beim Thema sind... denn um auf etwa 4 % in der Fed Funds Rate zu kommen, braucht es noch zwei Zinsschritte, um jeweils 0,75 %. Genau dies ist derzeit auch die Konsenserwartung gemäß CME FedWatch-Tool. Mit zwei weiteren 0,75 %-Zinsschritten würde die Fed Funds Rate bei 3,75 bis 4,0 % liegen. Mag sein, dass es danach noch einmal 0,25 % gibt, aber das ist weniger wichtig. Denn wie man dem CME FedWatch-Tool entnehmen kann, erwartet der Konsens inzwischen am Ende eine Fed Funds Rate von rund 4,5 % (2x 0,75 %, 1x 0,5 % und 1x 0,25 %), was ich derzeit nicht sehe.

Denn die Gewinnwarnungen zuletzt, insbesondere die von Fedex gestern Abend, zeigen ja, dass die hawkishe Geldpolitik ihre Wirkung nicht verfehlt, im Gegenteil. Die Fed wird also am Ende eher etwas weniger tun müssen, als nun erwartet wird. Genau wie Anleger vor kurzem noch viel zu optimistisch gestimmt waren, sind sie in Sachen Geldpolitik nun zu pessimistisch. Was tendenziell bullish zu werten ist.

Damit bin ich aber nun bei meinem Problem. Die US-Geldpolitik wird inzwischen hawkisher erwartet, als sie am Ende ausfallen dürfte. Damit dürfte das Ende der Korrektur am Aktienmarkt in greifbare Nähe rücken. Wenn, ja wenn da nicht die Anleger und Analysten wären. Denn diese mögen die US-Geldpolitik inzwischen restriktiver einschätzen als sie am Ende ausfallen wird, sie haben aber immer noch nicht begriffen, welche Auswirkungen die bisherige geldpolitischen Maßnahmen haben dürften. In der Folge waren und sind, Fedex Corp. ist das Paradebeispiel hierfür, die Gewinnerwartungen noch immer viel zu hoch. Diese aber werden nicht über Nacht und ohne Schmerzen sinken.

Vielmehr dürfte eine katastrophale Berichtssaison vor uns liegen, die mit drastischen Umsatz- und Gewinnwarnungen à la Fedex gespickt sein sollte. Es wird in der Folge noch viele Aktien so erwischen wie gestern Adobe oder heute eben Fedex. Was mich zu folgendem Fazit führt...

Fazit: Die US-Geldpolitik wird inzwischen hawkisher erwartet als sie am Ende ausfallen dürfte. Das ist tendenziell bullish und der erste Baustein zur Beendigung der Korrektur, des Bärenmarktes. Der zweite Baustein, die (zu hohen) Gewinnerwartungen, sind aber noch ein Problem. Diese sind aktuell viel zu hoch, sie sind es aber auch für die nähere (kurz- bis mittelfristige) Zukunft. Zumindest dann, wenn die Fed zwar bei rund 4 % mit ihren Leitzinserhöhungen aufhört, diese aber nicht im Traum so schnell wieder zu senken gedenkt.

Folglich erwarte ich unverändert noch einen brutalen Sell Off, zunächst auf die Juni-Tiefs und letztlich darunter. Der Nasdaq-100 Index muss auf oder leicht unter 10.000 Punkte fallen, eventuell fällt er auch auf 9.000 Punkte. Damit wäre der Spuk dann aber wohl vorerst auch vorbei. Allerdings warne ich davor, anschließend so schnell wieder einen Bullenmarkt zu erwarten.

Wir haben derzeit eine Welt, die an der Börse ähnlich aussieht wie seinerzeit nach dem Platzen der "Dotcom Bubble" anno 2000. Damals wurde auch 2001/2002 ein Boden gefunden, aber eine neue Megarally gab es zunächst nicht. Ebenfalls vergleichbar ist die Situation wohl mit den Kryptos in den Jahren 2017 bis 2019. 2017 gab es noch den "Krypto Hype", 2018 dann den "Krypto Winter". 2019 ging es volatil seitwärts/aufwärts, aber einen neue Hype gab es zunächst nicht. Der kam erst wieder als mit der Covid-19-Pandemie die Geldschleusen sperrangelweit geöffnet wurden.

Ich wäre daher sehr froh, wenn wir Ende 2022 oder Anfang/Mitte 2023 den Boden eingeloggt hätten. Anschließend wäre endlich wieder eine solide fundamentale Basis gegeben, um sich in Ruhe langfristig gute Aktien, das heißt Aktien hervorragender Unternehmen, ins Depot zu packen. Wir sind heute einem Ende des Bärenmarktes sicherlich näher als noch im März, April, Juni oder Juli. Aber ein wenig Wasser wird noch die Mosel herunterfließen müssen, ehe man dieses Ende ausrufen kann. Das Tückische dabei: So wie die explosivsten Kursgewinne kurz vor Ende eines Bullenmarktes gemacht werden, fährt man die drastischsten Verluste immer gegen Ende des Bärenmarktes ein.

Man kann das ja mal konkret beschreiben: Bisher ist der Nasdaq-100 Index von rund 16.700 auf 11.750 Punkte gefallen, was knapp -30 % sind. Fiele der Index jetzt wirklich noch auf 9.000 Punkte zurück, wären das nochmals knapp -25 %. Eigentlich gar nicht so schlimm. Aber trotzdem wird das sehr schmerzen, wahrscheinlich sogar mehr als die -30 % vom Top bis heute.

Wer mit mir an der Entwicklung dran bleiben will, sollte meinen Trading-Service "TAK" testen! Tech-Aktien und Kryptowährungen sind mein Spezialgebiet.

Sascha Huber

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3 Kommentare

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  • Dr. Bull
    Dr. Bull

    Sehe ich genauso... Ich hoffe sogar, dass es vom aktuellen Stand noch mal um ca. 50% nach unten geht. Seit 2009 haben wir keine zeitlich und preislich ausgedehnte Korrektur gesehen.

    17:49 Uhr, 18.09.2022
  • Mike.
    Mike.

    👍

    05:13 Uhr, 17.09.2022
  • goletitout
    goletitout

    Sehr schöner Beitrag! Ein sehr plausibles Szenario und ich hoffe, dass es so kommt. Quasi so gut bis Vor-Corona-Niveau oder etwas weiter runter (aber bitte nicht bis Corona-Tief, da war der Nasdaq100 bei 7.200 Punkten rum und der S&P 500 bei um die 2.200 Punkten). Dann hätte man eine fette Korrektur, aber mit höherem Tief als Corona damals. Danach ein gediegener, nicht zu schneller Aufwärtstrend und irgendwann 2025 sehen wir die Allzeithochs vielleicht wieder bei besagten Indizes. Ja, es wird schmerzen, denn wir wissen ja: erst kommen die Schmerzen, dann kommt das Geld. Die Geduldigen und Beharrlichen werden langfristig belohnt werden.

    20:13 Uhr, 16.09.2022

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Über den Experten

Sascha Huber
Sascha Huber
Experte für Kryptowährungen

Sascha Huber, Jahrgang 1978 und wohnhaft in Trier, gilt als profunder Kenner der Hightechbranche. Als solcher erkannte er als einer der Ersten das große Potenzial von Aktien wie Amazon.com, Apple sowie zuletzt Facebook oder Tesla Motors. Zwischen 2010 und 2014 arbeitete er als Chefredakteur eines Börsenbriefs, der im Oktober 2014 übernommen wurde. Huber gilt als profunder Kenner von Kryptowährungen wie dem Bitcoin, Ether und Ripple. Auf stock3 betreut er sehr erfolgreich den "Technologie-Aktien & Krypto Trading-Service".

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