Trading als Abbild seiner Zeit - oder die Mär vom Hasen und der Schildkröte
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"Früher war alles besser!".....diese Phrase wird immer mal gerne von älteren Semestern (wie mir) in allen möglichen Zusammenhängen genutzt und warum sollte man das nicht auch auf das Trading und den allgemeinen Umgang mit dem Aktienmarkt beziehen?
Eigentlich sollte es besser heißen: "Früher war alles anders!" .... und zwar langsamer und dadurch aber auch irgendwie gründlicher und fundierter. Wer wie unsereiner bereits schon im alten Jahrtausend an den Finanzmärkten interessiert gewesen ist und dort auch aktiv unterwegs war, dem blieb kaum etwas anderes übrig, als sich intensiv mit der Materie zu befassen, um Einblicke in grundsätzliche Dinge zu bekommen, die für das "Überleben" im Markt und somit auch des eigenen Depots essenziell waren.
Die heutige Zeit ist schneller, hektischer und deshalb auch oftmals weniger nachhaltig, was ja nicht nur die Börse und den Börsenhandel betrifft sondern viele tägliche Dinge. Das ein Wort wie "Freizeit-Stress" überhaupt existieren kann, ist sinnbildlich für das, was ich meine. Immer schneller, immer größer, immer mehr, angeheizt durch maßlos übertreibende Werbung, die komplexe Dinge in einer Einfachheit suggeriert, die manchmal fast schon an Betrug grenzt.
Ich möchte mit dieser Einleitung aber nicht zu weit abschweifen vom eigentlichen Thema, dem Bezug zu Börse und Trading, muss aber doch noch einmal den Bogen von damals zur heutigen Zeit spannen....
Ende der 90er-Jahre steckte das Internet in den Kinderschuhen, der Video(Tele)text und dubiose Telefon-Hotlines waren damals Ende der 90er Jahre noch die Haupt-"Informationsquellen" aus denen man sich über das Tagesgeschäft informierte. Halbwegs brauchbare Börsen-Websites konnte man an den Fingern einer Hand abzählen und Orders wurden sogar noch recht häufig via FAX oder auch Telefon abgesetzt, das sind Umstände, die sich manch junger Heavy-Trader nicht mal in seinen wildesten Träumen vorstellen mag und kann, sind doch in Zeiten des CFD-Handels Orders binnen Sekunden eingepflegt und ausgeführt und arbeiten auf Algorithmen basierende automatische Handelssysteme gar im Nanosekunden-Bereich. Tage später trudelte dann der Postbote ab und an mit einem "persönlichen Postsack" ein, darin war für jeden Trade eine schriftliche Abrechnung, so kam man im Monat dann mal schnell auf einen oder mehrere Leitz-Ordner voll Wertpapier-Geschäfts-Post. Heute läuft alles in die virtuellen Briefkästen, mithin ein Fortschritt und freundlich gegenüber der Ressource Papier. Aber es hatte auch was, sich am Wochenende hinzusetzen und hunderte von Trades noch einmal beim Abheften Revue passieren zu lassen, freudige Aha-Erlebnisse wechselten sich dabei mit kleineren oder großen Flüchen oder gar Kopfschütteln ab. All das gibt es heute so gar nicht mehr.
Trader, die am Tag Dutzende oder mehr Orders aufgeben, um von schnellen Kursbewegungen zu partizipieren (oder meistens auch eher eben nicht!) sind heutzutage oftmals logischer Weise die Lieblinge der Online-Broker und CFD-Plattformen, früher waren das eher die Trader, die horrende Kosten beim Broker verursachten (alleine das Porto) heute sind es meistens diejenigen, die das Geschäftsmodell finanzieren, weil sie im Zweifel nicht dauerhaft profitabel agieren. Je schneller und aktiver sich ein Trader im Markt bewegt, desto höher ist zwingend seine Fehler-Quote und so niedriger ist auch im absoluten Großteil der Fälle seine Treffer-Quote. Hier könnte man nun einen weiteren Spruch bemühen: "Hin und her = Taschen leer" und auch dieser hat seinen wahren Kern, wie etliche Trader leider relativ schnell feststellen werden müssen bzw. bereits festgestellt haben.
Der Börsenhandel insgesamt und speziell das Trading sind aber keine Dinge, die man auf Anhieb oder nach kurzen Zeiträumen von wenigen Tagen, Wochen oder auch Monaten (und Jahren!) verstehen, begreifen und beherrschen kann. Jeder Tag, an dem man handelt, bringt einem das, was später ein Hauptfaktor für eine erfolgreiche Börsen-Karriere sein kann aber generell eigentlich immer ein guter Begleiter im Leben ist: die Erfahrung. Das können positive wie negative Erlebnisse sein aber nach und nach füllen sich dadurch Sprüche wie "Börse ist keine Einbahnstraße" oder "the trend is your friend" usw. mit echtem Leben und man zieht seine Lehren und Nutzen daraus.
Die schönsten und wahrsten Zitate stammen übrigens aus dem Mund bzw. der Feder von André Kostolany, werft einfach mal eine beliebige Suchmaschine an und gebt Börsenzitate und Kostolany ein! Die Sprüche sind prall aus dem Börsenleben eines Mannes, der sich Jahrzehnte in der Branche erfolgreich bewegt hat und der mit seinen kurzen prägnanten Sätzen die Erfolgsformeln für den Börsenhandel pointiert rüberbringen konnte.
Der erste Hochpunkt der "new economy" rund um den "Neuen Markt" und die Jahrtausendwende stellte (leider) auch eine Zeitenwende im Börsenhandel dar. Man wich spätestens ab dann davon ab, Aktien rein als das zu sehen, was sie eigentlich vom Kern her sind: zum einen eine Form der Kapitalbeschaffung für Unternehmen und zum anderen für jedermann die Möglichkeit und Chance mit etwas eigenem Kapital über den Kauf von Aktien ebenfalls (und möglich langfristig über Dividendenzahlungen und/oder Kurssteigerungen) am Erfolg dieser Firmen/Geschäftsmodelle partizipieren zu können. Aktien verkamen insbesondere in Deutschland zum "Zocker-Objekt", die anhaltenden großen Kursanstiege im zwei- bis dreistelligen Bereich, die damals manchmal binnen weniger Tage in einzelnen Wertpapieren stattfanden, ließen eine Stimmung auf dem Börsen-Parkett aufkommen, die wohl nur mit dem Goldrausch am Klondike ziemlich exakt einhundert Jahre zuvor vergleichbar ist. Eventuell neigt der Mensch ja auch einfach nur dazu, vor dem Sprung in ein neues Jahrhundert oder Jahrtausend jegliche Vernunft abzulegen und sich von Gier und anderen niederen Trieben leiten zu lassen?
Wer das damals nicht "live" erlebt hat, wird viele Dinge schlichtweg nicht glauben, die sich damals abgespielt haben. Die pure Erwähnung von Aktien in dubiosen und maßlos überteuerten (aber dennoch hoch-frequentierten) Telefon- oder Fax-Hotlines, in Börsenspielen oder auch Börsen-Zeitschriften zeigte unmittelbare Wirkung in Form starker Kurssprünge, ja das ganze nahm sogar so groteske Züge an, dass Aktien manchmal um 5-20 % aus dem Nichts stiegen, weil sie irgendwo erwähnt werden könnten und es später dann aber nicht einmal wurden. Auch wenn diese intensive Zeit sicher zumeist hoch lukrativ, witzig und manchmal unfassbar gewesen ist, war damals eben auch der Zeitpunkt, ab dem irgendwie alles schlechter wurde. Die Phase rund um Hightech-Bubble trug die ohnehin kaum vorhandene Börsen-Kultur in Deutschland schlichtweg zu Grabe und machte damit die Wenigen, die noch für sie eintraten, zu "Zombies".
Versierte Anleger mit zumeist eher mittel- bis langfristigem Anlage-Horizont und mit Sinn für Fundamental-Daten (ja ich weiß, ich nenne das häufig despektierlich "Fundi-Schrott" aber nur im direkten Vergleich zur Charttechnik, nicht in der Sache an sich), Unternehmensbewertungen und letztlich damit auch dem Sinn für die Realität wurden plötzlich mehr oder minder als veraltete Modelle ausgelacht und als "Spaß-Bremsen" betrachtet. Nahezu täglich lieferten die Börsen doch neue Höchststände, da wollte man nicht, dass einem mitten in der Party jemand in die Suppe spuckte oder gar mir der harten Realität konfrontierte. In den Jahren ab 1997/1998 lag das KGV vieler "Neuer-Markt-Werte" ja phasenweise im Bereich von 40-80 oder sogar noch höher, im dreistelligen Bereich. Utopische Bewertungen also in wilden Zeiten. Börse war zu der Zeit plötzlich keine Nische mehr und als Aktien-Händler war man kein Exot mehr sondern im Prinzip ein Hipster, auch wenn dieses Wort erst viel später in anderem Zusammenhang kreiert worden ist. In der Tat war Börse auf einmal das Gesprächs-Thema schlechthin, ja selbst im Radio gab es täglich zur besten Sendezeit immer wieder ausführliche Berichte rund um das Marktgeschehen und TV-Sendungen wie die "3Sat-Börse", die ja eher auf einem Exoten-Kanal liefen, hatten plötzlich Rekord-Einschaltquoten. Um es abzukürzen, irgendwann platzte die große Blase und hinterließ letztlich bei vielen Anlegern (insbesondere bei denen, die Recht spät auf den rasenden Börsen-Zug aufgesprungen waren) mehr als nur einen faden Beigeschmack nämlich veritable finanzielle Schäden und so schlimm das für viele Investierte war, die Folgeschäden waren ungleich schlimmer für die gesamte Branche - ob diese sich aber jemals einen echten Kopf darüber gemacht hat, wage ich eher zu bezweifeln.
Ab März 2000 kannten die Aktien-Kurse für ziemlich exakt drei Jahre auch nur noch eine Richtung und die war Süden. Im Prinzip wurde damit alles wieder auf Anfang gesetzt, allerdings nur was die Index-Kurse betraf. Börse selbst genießt seitdem in Deutschland einen katastrophalen Ruf. In Ländern wie Schweden oder der Schweiz aber insbesondere in Großbritannien und den USA ist die Aktienquote der Bevölkerung um ein Vielfaches höher als in Deutschland, in Norwegen betreut der Staatsfond ungefähr eine halbe bis ganze Billion! an Geldern. Der deutsche Michel hingegen geht mal wieder seinen trägen und nicht zwingend vorteilhaften Sonderweg.
Pseudo-Gurus und aggressive Werbung reduzieren den Börsenhandel seit Jahren auf aberwitzige Hebel und schnelles Geld. Es wird suggeriert, dass man mit wenig Kapitaleinsatz und noch weniger Erfahrung binnen Tagen oder Wochen zu einem stattlichen Vermögen kommen kann oder gar Millionär wird. Halbseidene sonnengebräunte Typen mit langen Haaren (was mir als Kurzhaar-Träger natürlich generell immer pauschal suspekt ist, hehehe) in offenen Sportwagen winken mit Geldbündeln und beschreiben, wie "einfach" doch alles sei: Konto eröffnen, Geld einzahlen und reich sein in 7-14 Tagen. Anderswo werden für Börsen-Seminare, die 1-2 Tage oder nur wenige Stunden dauern, hohe vierstellige Summen verlangt und bezahlt. Ausbildung zum "Profi-Trader" binnen Stunden, Tagen oder Wochen. Hauptsache schnell und Hauptsache teuer. Der Eindruck, der so entsteht, ist verheerend und prägt massiv die Außenwirkung einer ganzen Branche. So kommt es dann, dass Leute nachts den "Dax" handeln und nicht einmal wissen, dass dieser ein Index ist, dessen Kurs sich aus den Kursen von dreißig unterschiedlich gewichteten Werten zusammensetzt und der wochentags von 09:00 Uhr bis ca. 17:34 Uhr handelt oder alternativ als DAX-Future (von 08:00-22:00) aber nicht zu nachtschlafender Zeit.
Mag sein, dass manch einer denkt, so etwas muss man ja nicht zwingend wissen und wäre durchaus zu ignorieren. Für mich hingegen bedeutet das lediglich, dass Leute zu faul und träge sind, ihre Hausaufgaben zu erledigen. Viele "Dax-Trader" wissen ja auch nicht einmal, wann wichtige Termine anstehen (Konjunkturdaten, Zentralbank-Entscheidungen, Unternehmensdaten von Dax-Werten usw.) und berücksichtigen das dann auch nicht bei ihren Handelsaktivitäten.
Die "normale" Börsenkarriere ist ja schon lange im Prinzip diese oder ähnlich: eine Zeit lang Musterdepots handeln (möglichst high risk und hoher Hebel), dann irgendwann mal binnen kurzer Zeit xxx% machen und umgehend einen "kleinen" Betrag (ca. 0,5-10.000 €) auf Echtgeld umstellen (dabei wird im Geiste schon mal umgerechnet, in wie vielen Wochen man denn Millionär ist). Im Normalfall dauert es dann aber nur ein paar Wochen oder maximal 3-6 Monate bis in etwa die Hälfte des eingesetzten Geldes (oder mehr - bis hin zum Totalverlust) verheizt wurde, dabei hatte doch zuvor auf dem Demo alles so gut geklappt. Ein Umdenken findet oftmals auch dann nicht statt. Argumente wie: "das war ja nur mein Zocker-Konto" oder "jeder schrottet mindestens einmal sein Depot" werden dann gerne angeführt, um sich selbst zu beschwichtigen. Das man evtl. Fehler begangen hat und dabei insbesondere den Kardinalfehler, eine hoch komplexe eher irrationale Materie hoffnungslos zu unterschätzen, gesteht man sich nicht gerne ein eher noch wird das zuvor an die Wand gefahrene Konto mit frischem Geld wieder befüllt.
Dies alles führt dazu, dass sich eher früher als später viel mehr Leute von der Börsen-Materie abwenden als es eigentlich notwendig wäre und wie werden diese Leute dann wohl über Börse reden, wenn man sie darauf anspricht? Im besten Falle schweigen sie betreten und gehen dem Gespräch aus dem Weg, zumeist aber werden sie eher abwertend bis abfällig darüber reden und somit das Vorurteil zementieren, dass Börse eher etwas für Zocker und Spieler sei, als auf seriöse langfristige Vermögensvermehrung ausgelegt zu sein. Und genau dort liegt der Fehler vieler, die an der Börse eher nicht glücklich werden (das Wort "gescheitert" finde ich in diesem Zusammenhang eher unpassend) konnten. Sie wurden mit völlig überzogenen Erwartungen an Rendite und Zeithorizont in den Markt gelockt, agierten entsprechend uninformiert, überhastet und handelten somit komplett konträr zu dem was Börse eigentlich sein sollte: ein stetig fließender Fluss mit hier und da ein paar Untiefen und kleineren Wasserfällen aber letztlich in eine Richtung fließend und kein reißender Gebirgsbach nach der Gletscher-Schmelze, der irgendwann zu einem Rinnsal verkommt. Viele erlitten dadurch zumindest materiellen Schaden, bei manchen ging darüber hinaus aber auch viel mehr zu Bruch: die Beziehung, die Ehe, der Job, die Existenz oder auch die Gesundheit und gar das Leben.
Ich ziehe ein paar Absätze höher über "Pseudo-Gurus" und dubiose Anbieter von Trading-Kursen ein wenig vom Leder, sehr wohl wissend, selber irgendwo etwas im Glashaus zu sitzen (wobei ich weder lange Haare noch ein Cabriolet besitze und der CCB generell als langfristiges Projekt ausgelegt ist und nicht auf kurzfristige Wasserstands-Meldungen, wenn es mal super läuft und zudem den Kunden fordert und fördert und ihn nicht durch ausschließlich vorgekauten Brei eher unterfordert). Wie überall im Leben, darf man sicherlich auch hier generell kein Pauschalurteil über solche anderen Anbieter fällen, es gibt sicherlich hochqualitative Ausnahmen, die durchaus ihr Geld dafür wert sein können - es ist so dann auch allemal besser angelegt, als es selber via planlosem Handeln vorher an der Börse zu verbrennen und erst dann professionelle oder semi-professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Meinem generellen Verständnis von der Materie Börse und Charttechnik laufen aber kurzfristig ausgelegte Ansätze, um diese Materie ausreichend vermitteln zu können, generell zu wider. Da sollte man in Jahren denken, nicht in Tagen, Wochen und Monaten!
Mir geht es da aber mehr um den Ansatz an sich, es ist aus meiner Sicht der Dinge absolut unmöglich und auch verantwortungslos einem absoluten Frischling der Börsen-Materie etwas derart komplexes in wenigen Stunden, einem Wochenende oder auch ein paar Wochen/Monaten vermitteln zu wollen. Ich nenne das gerne "gefährliches Halbwissen", damit kommt man zwar sogar in einigen Marktphasen recht passabel über die Runden (in der Hausse ist halt jeder, der nach dem Motto "dauerlong" verfährt, ein König) doch in vielen Marktphasen eben halt nicht und der Großteil des Marktgeschehens besteht nun einmal rein zeitlich aus solchen eher schwierigeren Phasen. Um sich darüber im Klaren zu sein, muss man solche Marktphasen aber erst einmal persönlich mitgemacht haben und am besten gleich mehrfach. Da Marktphasen wie monatelanger Sägezahn-Markt, Crash oder Super-Rallye jedoch nicht auf Abruf zur Verfügung stehen und es zum Teil halt auch Jahre dauert, bis all das mal wieder durchlaufen wurde, dauert es aus meiner Sicht halt einfach ca. 5-10 oder mehr Jahre bis man von sich behaupten darf, so etwas wie ein "Profi" oder "Experte" zu sein besser noch man nennt sich dann einfach nur einen "erfahrenen alten Hasen".
Vielleicht bin ich da auch ein wenig anachronistisch veranlagt oder gar ein lebender Dinosaurier, doch mir sind halbwegs "sichere" dauerhaft erzielbare Renditen im Aktien-Bereich von 5-20 % pro Jahr ohne allzu große Schwankungen im Depot lieber als ein Depot, das herum springt wie eine Flipperkugel, und je nach Marktphase drastische Anstiege oder halt ebensolche Verluste erfährt oder am Ende gar TILT anzeigt. Ersteres ist ohne allzu großes Risiko ohne extreme Hebel und ohne permanenter 100 %iger (oder gar höher via Wertpapier-Kredit) Investitions-Quote machbar, wenn man sich denn die Zeit dafür nimmt, realistische Performance-Erwartungen an sich und den Markt stellt und ein striktes Konzept erarbeitet hat und durchzieht, bei dem Money- und Risk-Management einher gehen mit einer vernünftigen, dem Risiko angepassten Positionsgröße, Diversifikation und einer gewissen Besonnenheit und entsprechendem Respekt gegenüber der komplexen eher irrationalen Materie als solche.
Um nun letztlich noch einmal den Bogen hin zurück zur Überschrift zu spinnen: Ein altes chinesisches Sprichwort besagt, dass "...Schildkröten mehr über den Weg erzählen können als Hasen...". Auf die Börse könnte man das dergestalt ummünzen, dass man -so wie ich- eher für eine Entschleunigung der Materie insgesamt eintritt, nicht mehr den Faktor Zeit in den Vordergrund stellt, sondern eher den Faktor Entspannung und Nachhaltigkeit übergewichtet ohne den Profit aus den Augen zu verlieren. Ebenso sollte man sich -wie überall im Leben- von dem Druck befreien, möglichst schnell möglichst viel erreichen zu wollen, sondern sich eher realistische Ziele setzen, die den eigenen Voraussetzungen entsprechen (in diesem Fall der bereits vorhandenen Kapitaldecke, der Zeit, die man für das Thema aufwenden kann und will und dem Wissen, was man mit sich bringt oder noch aneignen muss). Klar, der "Hase" hat oftmals schnell seine Erfolgsmomente, hetzt aber häufig Haken schlagend in der Gegend herum ohne selbige richtig wahrzunehmen und ist irgendwie ständig auf der Flucht, er führt ein eher angespanntes Leben. Die "Schildkröte" besitzt einen dicken Panzer, der sie vor Unbill bewahren kann und sie auch turbulente Börsenphasen halbwegs unbeschadet überstehen lässt, zudem findet sie sich damit ab, nicht die schnellste zu sein, sie weiß aber, dass sie sehr sehr alt werden kann und dadurch früher oder später immer dort ankommen wird, wo sie denn hin möchte. Der Weg dorthin mag nicht immer direkt und zügig sein, doch großartig zurück zu schauen braucht sie auch nicht, sie hat die Muße alles auf ihrem Weg in Ruhe auf sich einwirken zu lassen und mit der Zeit bekommt sie so einen großen Erfahrungsschatz, der ihr später hilft, sich auch in unwegsamen Gelände zurecht zu finden, während der "Hase" in hektischen Börsenphasen letztlich der Tatsache unterliegen wird, dass "zu viele Jäger des Hasen Tod sein werden". Irgendwann besitzt der Hase keine Kraft (ausreichendes Kapital) mehr, um sich im Markt zu bewegen, er wird von ihm verzehrt und verschwindet vom Börsenparkett aber wie man ja weiß, vermehren sich Hasen gerne schnell und viel und der ewige Zyklus von Börsengewinnern und Börsenverlierern darf somit weiter seinen Lauf nehmen.
Möge sich nun jeder selber die Frage stellen, lieber zur Fraktion Hase oder Schildkröte gehören zu wollen?
Ich wünsche allen Lesern einen angenehmen Rest-Sonntag und (egal ob Hase oder Schildkröte) eine erfolgreiche neue Handelswoche, vielleicht sieht/liest man sich ja mal beim "Dinosaurier" im CCB?
Michael Borgmann
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Schönen Dank für Ihren Artikel. Angelehnt an Kostolanys Geschichte von dem alten Mann und dem Hund. Sehr gut.
Habe selber 1987 erlebt und 2000. Der "Fundischrott" sah bei der Dt. Telekom folgendermaßen aus: Kurs über 100 Euro, KGV bei ca. 40 = Bedeutet bei einem Kurs von 100 Euro, die Telekom braucht 40 Jahre um dem Anleger seine Investition einzuspielen. Leider ging der Kurs dann auf 10 Euro runter und jetzt sind es 400 Jahre, (ohne Dividenden)
Denke die Vor- und Nachteile wiegen unterschiedlich und zwar in Abhängigkeit des Anlagehorizonts. Wer beides verbindet ist Herr Rabauer.
Volltreffer von Ihnen und Glückwunsch. Ansonsten habe ich nichts hinzuzufügen.