Analyse
14:23 Uhr, 20.09.2017

S&P 500 (Big Picture) – Das Ende einer Ära

102 Monate nach dem Rallystart bei 666,79 Punkten und rund 275% von dieser Marke entfernt, hat der S&P Index ein langfristiges Fibonacci-Kursziel erreicht. Endet die Rally der letzten acht Jahre jetzt und folgt ein Einbruch um 700 Punkte?

Erwähnte Instrumente

  • S&P 500
    ISIN: US78378X1072Kopiert
    Kursstand: 2.506,65 Pkt (Chicago Mercantile Exchange) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • S&P 500 - WKN: A0AET0 - ISIN: US78378X1072 - Kurs: 2.506,65 Pkt (Chicago Mercantile Exchange)

Blickt man weit in die Historie des US-Leitindex S&P 500 zurück, so findet sich im Jahr 1932 ein Tief im Bereich von ca. 4,5 Punkten. Dieses Tief ist daher entscheidend, da sich der Index seither in einer langfristigen Aufwärtsbewegung befindet, die nie mehr als 61,8 % korrigiert wurde und damit langfristig uneingeschränkt intakt ist. Der Kursrückgang von den Hochs der 30er Jahre zur 4,5 Punkte-Marke war die letzte Korrektur, die im Verhältnis zum vorherigen Anstieg derart weit zurückreichte. Damit kann man davon ausgehen, dass dieses Tief den Anfang der ultralangfristigen Rally lieferte, die bis zum heutigen Tag andauert.

Den ersten Dämpfer erhielt der massive Anstieg 1987. Doch der Crash dieser Zeit führte nicht einmal an das langfristige 38,2 %-Retracement-Level der Aufwärtsbewegung im Bereich von rund 210 Punkten zurück. Letztlich ist der damalige Einbruch im langfristigen Chart kaum mehr zu erkennen. Erst im Jahr 2000 begann eine wirklich sicht- und spürbare Korrektur, die ausgehend vom damaligen Hoch bei 1.552 Punkten bis Oktober 2002 auf 768 Punkte zurückführte. Nach einer massiven Zwischenerholung setzte im Oktober 2007 der nächste exorbitante Einbruch ein, der den S&P damals bis 666 Punkte drückte. Über 50 % der gesamten Aufwärtsbewegung der vorherigen Jahrzehnte wurden „korrigiert“.

Doch im März 2009 endete die Crashphase so abrupt, wie sie begonnen hatte und der Index stieg in zwei Kaufwelle auf ein Hoch bei 1.370 Punkten. Nach einer scharfen Korrektur setzte sich der Anstieg ab Oktober 2010 fort und führte den S&P 500 bis 2.134 Punkte im Frühjahr 2015. Der anschließende volatile Seitwärtsmarkt endete mit einem finalen Rücksetzer bis 1.810 Punkte, ehe die, seit 2009 nunmehr dritte große Aufwärtsbewegung den Wert zum derzeitigen Allzeithoch bei 2.508 Punkten trieb.

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Langfristchart des S&P 500 Index

Der Kurszielbereich bei 2.510 Punkten und seine Ableitungen

Aus dem ultralangfristigen Chart Zielbereiche für den End- und Wendepunkt einer Rally abzuleiten ist möglicherweise zu ungenau, um in die Analyse einzufliessen. Also sei nur am Rande bemerkt, dass das Hoch aus dem Jahr 2015 mit der 138,2 %-Extension der Gesamtspanne von rund 4,5 Punkten aus dem Jahr 1932 und dem Hoch des Jahres 2000 zusammenfällt. Das 161,8 %-Extension-Level dieser Bewegung liegt im Bereich von 2.510 Punkten- aber das auch nur am Rande.

Wesentlich relevanter ist die jüngere Vergangenheit und damit die Analyse des Aufwärtstrends seit 2009. Der erste Anstieg führte von 666 bis 1.370 Punkten (violettes Fibonacci-Tool im Chart). Zur Ableitung entsprechender Kursziele dieser Spanne lassen sich ebenfalls die Extensionen der Bewegung heranziehen. Aktuell erreicht der S&P 500 die 261,80 %-Extension der initialen Aufwärtsbewegung. Dieses Level liegt bei 2.509 Punkten und kann damit als potenzieller Ziel- und Wendepunkt der Rally gesehen werden.

Die Aufwärtsbewegung seit 2009 lässt sich in drei Aufwärtsphasen und zwei zwischengeschaltete Korrekturen untergliedern. Die „Mitte“ dieser Bewegung ist der Pullback an das 2000er Hoch, der im Jahr 2013 für einen kurzen Rücksetzer sorgte, ehe die Rally fast nahtlos fortgesetzt wurde. Geht man jetzt nach der Elliott Wave Theorie bzw. nach ihrer Erweiterung durch Glenn Neely vor, könnte sich hinter dem Pullback eine zwischengeschalte x-Welle verbergen, die zwei große Aufwärtsbewegungen wie ein Gelenk miteinander verbindet. Um dies zu überprüfen, bietet es sich an, auf Symmetrien im Kursverlauf zu achten. Z.B. wäre für diese Art der Combination typisch, dass die erste und die letzte (dritte) Aufwärtsbewegung die gleiche preisliche Ausdehnung haben. Im Chart habe ich die erste Aufwärtsbewegung blau hinterlegt und an das Tief aus dem Jahr 2016 parallelprojiziert. Die 1:1- Projektion liefert ein Ziel von 2.515 Punkten.

Viel wichtiger ist jedoch eine andere Feststellung, die sich an diese Konstruktion anschließt:

Spannt man jetzt ein Fibonacci-Retracement (orange) über die gesamte Spanne von 666 Punkten bis zum aktuellen Hoch bzw. bis 2.515 Punkten, so liegt das 38,2 %-Retracement direkt am 2011er-Hoch bei 1.370 Punkten und das 61,8 %-Retracement am Tief 2016 bei 1.810 Punkten.

Mit anderen Worten: der Anstieg wäre mit einem Endpunkt im Bereich von 2.508 bis 2.515 Punkten absolut symmetrisch und damit in sich geschlossen.

Droht also ein Crash?

Die langfristigen Ergebnisse werden auch durch die Analyse der kurzfristigen Bewegungen unterstützt, die ebenfalls auf einen Zielbereich um 2.508 - 2.515 Punkten hinweisen. Daher ist aus meiner Sicht aktuell Vorsicht geboten. Die laufende Rally kann sehr schnell in eine deutliche Korrektur übergehen, die die nächsten Monate, ggf. sogar die nächsten Jahre andauert. Ein ungebremster Einbruch ist theoretisch möglich, wäre jedoch auch aus der Betrachtung der früheren Korrekturphasen heraus eher unwahrscheinlich. Falls der S&P 500 bei ca. 2.510 Punkten ein langfristiges Hoch ausbildet, dürfte es dennoch einige Zeit dauern, bis der vorherige Anstieg abgebremst würde und sich ein neuer Abwärtstrend etabliert.

Unter der Voraussetzung, dass die Rally auf dem aktuellen Niveau endet bzw. der Index nicht mehr über 2.575 Punkte ansteigt, liegt ein erstes mittelfristiges Ziel einer einsetzenden Korrektur bei rund 2.250 Punkten. Darunter wartet der Pullback an die Hochs aus dem Jahr 2015, also ein Rückfall bis 2.134 Punkte. Auf diesem Niveau verläuft auch die übergeordnete Aufwärtstrendlinie. Erst wenn diese durchbrochen wird, kann auch unter prozyklischen Gesichtspunkten davon ausgegangen werden, dass die Rally beendet ist und sich der Abwärtstrend bis 1.810 Punkte, dem Tief 2016 bzw. dem 61,8 %-Retracementlevel der gesamten Aufwärtsbewegung fortsetzen dürfte. Kurse unterhalb dieser Marke würden die nächsten Ziele für die kommenden Jahre bei 1.576 -1.589 und 1.372 Punkten aktivieren.

Aber von einem derart bärischen Szenario sind wir freilich noch weit entfernt, denn es sei an das Thema x-Welle erinnert: Eine solche könnte sich auch jetzt in Form einer mehrwöchigen, zwischengeschalteten und dennoch scharfen Korrektur etablieren. Dies würde bedeuten, dass der Index zwar korrigiert und ggf. auch an das 2015er Hoch einbricht, doch anschließend nochmals an das aktuelle Kursniveau ansteigt und sogar die Rally ein Stück weit fortsetzt, ehe es mit einiger zeitlicher Verzögerung dann zur großen Korrektur kommt. Denn aus dem abgeleiteten Zielbereich um 2.510 Punkte lässt sich nicht nur ablesen, dass wir aktuell in einer Phase einer drohenden starken Korrektur sind.

Ebenso lassen sich damit auch weitere Zielbereiche künftiger Rallyphasen nach dem Abschluß der Korrekturphase ableiten. Diese liegen auf der Basis der großen Aufwärtsbewegungen seit 2009 bei 2.775, 3.100 und 3.210 Punkten. Darüber kulminieren die Extensionen bei 3.648 Punkten.

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Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den folgenden besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse investiert: S&P 500 (short)

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4 Kommentare

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  • Rocco Gräfe
    Rocco Gräfe Technischer Analyst und Trader

    Auf jeden Fall ist die Berechnungsmethode zu unterstützen, bravo. Gut gesehen!

    Sagen wir mal, dass zumindest eine Reaktion von den 261% Zielen erfolgen kann, ähnlich wie die Reaktion vom 161% Ziel 2138

    16:15 Uhr, 23.09.2017
  • Rudi57
    Rudi57

    warum verwenden Sie keinen logarithmischen Chart ?

    16:43 Uhr, 20.09.2017
    1 Antwort anzeigen
  • pippilangstrumpf
    pippilangstrumpf

    Schöner Artikel - danke

    16:33 Uhr, 20.09.2017

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Über den Experten

Thomas May
Thomas May
Experte für Fibonacci-Analyse

Thomas May entdeckte Ende der 1990er Jahre die Leidenschaft für die Börse. Zu Beginn fundamental orientiert, war er bald von der Charttechnischen Analyse begeistert und befasste sich intensiv mit klassischer Charttechnik, Elliott Wellen, Fibonacci- und Zyklenanalyse. Seit 2010 im Team der stock3 AG war er von 2012 bis 2016 Chefredakteur von GodmodeTrader.de, ist Autor der DVDs „Charttechnik für Einsteiger“ und „Fibonacci-Trading“, Mitherausgeber des ersten Teils von „Das große GodmodeTrader-Handbuch“ sowie einer der Autoren im zweiten Teil der Buchserie. Auf stock3 liegt sein Schwerpunkt auf charttechnischen Edelmetall-, Aktien- und Indexanalysen. Auf dem stock3 Terminal betreut der leidenschaftliche Swing-Trader seinen eigenen Desktop für Chartanalysen und Trading-Setups.

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