Kommentar
11:20 Uhr, 20.04.2016

Shorten Sie noch?

Private Trader haben heutzutage unendlich viele Möglichkeiten zu agieren. Dies ist Fluch und Segen zugleich.

Wer erfolgreich sein will, sollte seinen Markt kennen. Diejenigen von Ihnen, die sich im Aktiensegment tummeln, hilft dieser Beitrag hoffentlich, Ihr Trading weiter nach vorne zu pushen, denn wieder einmal möchte ich grundlegenden statistischen Gegebenheiten nachgehen – sofern sie denn existieren.

Ausgangspunkt der vorliegenden Analyse war eine simple Frage: steigen Aktien eher oder nicht? Wir alle werden bei dieser Frage sicherlich die gleiche Vermutung haben, aber wenn ich eines an der Börse gelernt habe, dann, dass man mit Börsenweisheiten und vielen ach so hochgelobten Strategien vorsichtig sein sollte. Deshalb stelle ich viele dieser Dinge in Frage und überzeuge mich gerne selbst. Im Falle meiner Ausgangsfrage ist eine Überprüfung mit ein wenig Programmierkenntnisse schnell erledigt. Ich beauftragte den Computer, mir die Wahrscheinlichkeit bei allen derzeit im DAX, MDAX und TecDAX gelisteten Aktien auszuspucken, dass diese nach 100 Handelstagen höher stehen, als heute – und das für jeden einzelnen Handelstag, soweit mich die Kurshistorie trieb.

Heraus kam, dass in den untersuchten Aktien eine Wahrscheinlichkeit von 59 % dafür besteht, dass die Kurse in 100 Handelstagen höher stehen, als heute. In die Analyse flossen kumuliert 374.629 Handelstage (=Trades) ein, von denen quasi 59 % bzw. 221.107 Trades mit Gewinn geschlossen werden konnten. Angesichts der großen Zahlen dürfte die Statistik signifikant sein und voila, endlich auch mal eine Bestätigung einer „Börsenweisheit“: Aktienkurse haben eine größere Wahrscheinlichkeit zu steigen, als zu fallen. Wer hätte das gedacht ;-).

Kalter Kaffee

Eine völlig neue Erkenntnis haben wir damit natürlich nicht gewonnen. Wie ich jedoch bereits schrieb, ist mein Vertrauen in im Internet, Büchern & Co. umhergeisternden Weisheiten ein wenig erschüttert, so dass ich mich gerne selbst überzeuge. Man könnte mich sozusagen als Skeptiker bezeichnen und solche Statistiken helfen letztlich auch, einen solchen zu überzeugen.

Soweit so gut, aber was können wir neben dem Vertrauensgewinn noch ableiten? Sollten wir auf Einstiegstiming etwa verzichten, wenn wir eine eine höhere Chance haben, in 100 Tagen im Plus zu stehen – egal an welchem Tag ich einsteige?

Schön wäre es, aber die Wahrscheinlichkeit selbst sagt noch nichts über die Profitabilität als solches aus. Schließlich könnte es bei den immerhin 41 % der Tage in Summe zu Verlusten kommen, die größer sind als die Gewinne. So einfach ist es dann wohl doch nicht. Trotzdem lassen sich aus der Statistik einige weitere interessante Dinge herleiten.

1. Lieber Long als Short

Mit Blick auf die Wahrscheinlichkeit haben Trader im Aktienbereich eine größere Chance auf der Käuferseite. Entsprechend höher gewichtet könnte diese Seite gehandelt werden

2. Komplexitätsreduktion

Greifen wir Punkt 1 auf und treiben diesen gedanklich so weit voran, dass wir von nun an ausschließlich auf der Longseite agieren, bringt dies weitere Vorteile mit sich. So nimmt vor allem die Komplexität der eigenen Entscheidungsmöglichkeiten ab. Wir haben quasi nur noch die Wahl zwischen kaufen, halten und verkaufen. Diesen Punkt sollte man nicht unterschätzen, da mit ihm weitere Vorteile einhergehen. So wird man bspw. gedanklich nicht mehr von den vielen Möglichkeiten, die jeder Tick im Chart birgt, hin und hergerissen. Da man sich auf nur eine Seite konzentriert, wird man zudem viel schneller zum Spezialisten. Man konzentriert sich auf weniger Muster, kann diese aber qualitativ umso besser einschätzen, was wiederum der Performance zugutekommen sollte.

3. Schauen Sie auf Ihr Trading

Sie dürfen an dieser Stelle gerne weiterdenken. Schauen Sie auf Ihr Trading. Was hätte Ihnen ein Handel ausschließlich auf der Longseite gebracht? Vielleicht stellen Sie dann fest, dass Sie dort schon in der Vergangenheit bessere Ergebnisse erzielen konnten. Vielleicht aber entdecken Sie für sich auch noch andere Vorteile, mit denen Sie Ihre Perfomance pushen würden. Und sei es nur die Tatsache, dass Sie Tradinggebühren gespart hätten. Es gibt noch einige Dinge, die sich hierbei ergeben könnten.

Wo Licht ist, ist auch Schatten

Wie Sie sehen, können wir uns durch die Selbstbeschränkung auf die Longseite einige Vorteile sichern. Aber wie immer, gibt es auch einige Kontraargumente. Selbst wenn Bärenmärkte seltener auftreten, es gibt sie und in diesen Phasen schaut der Longspezialist im Idealfall nur zu oder aber kassiert den einen oder anderen kleineren Verlusttrade. Geduld ist also gefragt und ohne Zweifel wird der Trader, der die Klaviatur der Long- und Shortseite perfekt spielen kann, eine bessere Performance erzielen. Die Frage ist nur, zählen Sie zu dieser absolut elitären Gruppe?

Fazit

Statistisch gesehen konnten wir feststellen, dass die Wahrscheinlichkeiten bei Aktien vermehrt auf der Longseite liegen, was eine Spezialisierung auf diese nahelegt. Damit erringt ein Trader einige Vorteile, die er gegen die durchaus bestehenden Nachteile aufwiegen muss. Aus meiner Erfahrung als Coach heraus, tendiere ich dazu, die Vorteile überzugewichten. Kann man die Gier einmal ausblenden (Wenn ich perfekt hoch und runtertrade, kann ich extrem gut abräumen. Warum soll ich mich da künstlich beschränken?) und konzentriert sich rein auf die Longseite, dürfte dies die Performance so mancher Tradingdepots nach oben schrauben. Und das nicht nur, weil die Wahrscheinlichkeit auf dieser Seite größer ist, sondern auch durch die darüber hinaus entstehenden Synnergien. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen

Viel Erfolg

Ihr Rene Berteit

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19 Kommentare

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  • Chamäleon
    Chamäleon

    Worauf wollen Sie hinaus?

    Ich handel nicht mit Optionen und kenn mich damit auch nicht aus. Zu was soll ich mich geoutet haben? Das ich kein Allroundexperte bin oder was?

    Das habe ich auch nicht von mir behauptet.

    Aber können Sie umgekehrt denn beweisen das ein Handel möglich war?

    17:42 Uhr, 20.04.2016
  • Marco Soda
    Marco Soda

    sorry Ihre Frage outet Sie, Option haben keine Kennnummer, sollte man wissen wenn man solche Behauptungen von 17:18 einfach in den raum stellt

    17:35 Uhr, 20.04.2016
  • Verzockt
    Verzockt

    Hallo Herr Berteit,

    denken Sie nicht auch, dass das Hauptproblem auf der Shortseite theoretisch unendliche( ich möchte an der Stelle nicht diskutieren was unendlich ist, ich hoffe man versteht was ich meine) Verluste sind?

    Angenommen ich verkaufe ein CFD 1:1 auf ein underlying (Aktie) im Wert von 1 Euro, und der Wert steigt auf 100 Euro und ich bekomme die Position aus was für Gründen auch immer nicht geschlossen, so ist das für mich ein Verlust von 10 000%.

    Kaufe ich allerdings ein CFD 1:1 auf ein underlying im Wert von 1 kann die Aktie nicht unter 0 sinken und mein Risiko ist "nur" 100%.

    Ok kaufe ich mir ein Knockout Produkt ist es vielleicht was anderes weil mein Risiko vom emittenten gedeckelt ist.Ich meine jetzt eher große Leerverkäufer wie Hedgefonds die direkt leerverkaufen.

    Siehe in der Vergangenheit zum Beispiel die Volkwagen Aktie als sie 1000 Euro das Stück war, ich möchte wissen welcher große Shorty sich da die Finger verbrannt hat.

    13:50 Uhr, 20.04.2016
    1 Antwort anzeigen
  • Chamäleon
    Chamäleon

    Ich glaube das bleibt eine Geschmacksache, ob mal long oder short oder long/short tradet.

    Entscheidend ist eine gut funktionierende Stratgie. Bei der die Shortseite oft weniger Möglichkeiten bietet aber es geht dann auch meist schneller.

    Nach dem Motto weniger ist mehr.:-)

    11:33 Uhr, 20.04.2016
  • Investor
    Investor

    Kann man auch etwas über die Wahrscheinlichkeitsverteilung und den Mittelwert der Steigerung sagen?

    Ohne Sondereinflüsse sollte die Steigerung im Mittel der Inflationsrate entsprechen. Produziert eine Firma nicht mehr, sollte Umsatz und Gewinn entsprechend der Inflationsrate steigen.

    11:29 Uhr, 20.04.2016

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Rene Berteit
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Über 25 Jahre professioneller Trader und Tradingmentor! Tausende von real durchgeführten Trades in Aktien, Indizes und Währungen! Fast 20 Jahre Mentorin und tausende von zufriedenen Ausbildungsteilnehmern! Diplom Betriebswirt mit Fokus Börse! Das ist unser Trader(mentor) René Berteit, der Ende der 90er die Börse für sich entdeckt hat. Börse, Trading und die Trader-Ausbildung sind für Ihn keine Berufe, sondern seine Berufung und Leidenschaft.

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